Serie: Verleihung des Leo-Perutz-Preises der Stadt Wien für Kriminalliteratur 2013 am 11. September 2013, Teil 1
Claudia Schulmerich
Wien (Weltexpresso) – Sozusagen standesgemäß wurde die Preisverleihung im Bestattungsmuseum Wien in der Goldeggasse verliehen. Dazu atmosphärisch später noch mehr. Der Sachverhalt: Dort wurde am 11. September 2013 ein viertes Mal der Leo-Perutz-Preis der Stadt Wien für Kriminalliteratur vergeben. Gemeinderätin Anica Matzka-Dojder und der Präsident des Buchhändlerverbandes, Erwin Riedesser, überreichten die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung an Thomas Raab für Der Metzger kommt ins Paradies (Droemer Verlag).
Der Preis wird von der Kulturabteilung der Stadt Wien und der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB) gestiftet, die auch die außerordentlich kurzweilige und leicht schräge Preisverleihung durchführten. Dabei ging ein Feuerwerk durch die Lesungen der fünf Nominierten ab, die allesamt schon für ihre Performance den Preis verdient hätten, wobei auch hier Thomas Raab, der laut Alphabet als Letzter dran kam, den Vogel abschloß.
Folgende weitere Titel waren für den Preis nominiert, deren Autoren am Abend anwesend waren und das Publikum mit den Helden, der Geschichte und der Sprache bekanntmachten:
David, Christian: Mädchenauge. Deuticke Verlag
Haderer, Georg: Engel und Dämonen. Haymon Verlag
Naber, Sabine: Marathonduell. Gmeiner Verlag
Maxian, Beate: Tod hinter dem Stephansdom. Goldmann Verlag
Im ersten Durchgang wollen wir hier nur die Zitate wiedergeben, die für den Preisträger Thomas Raab fielen:
Jury-Sprecher Erwin Riedesser begründete die Wahl:
„Besonders im ersten Teil des Krimis zeigt sich die ausgezeichnete Qualität von Thomas Raab, er kombiniert gekonnt Gesellschaftskritik mit Humor. Da wird nicht moralisiert, sondern auf unverwechselbare und perfide Art unterhalten. Dafür nützt er touristische Klischees, um skurrile zwischenmenschliche Beziehungen zu schaffen. Bis zur ersten Leiche: Hier zeigt Thomas Raab, dass er ein Meister der Spannung ist und durchaus vom Sarkasmus des Lebens in den Sarkasmus des Todes umschalten kann. Die Sympathiefigur des Restaurators Willibald Adrian Metzger hat inzwischen eine große Fangemeinde und Kultstatus erreicht, auch deshalb ist es nach Meinung der Jury höchste Zeit, Willibald Adrian Metzger auszuzeichnen.“
Gemeinderätin Anica Matzka-Dojder
ging in ihrer Laudatio auf die politische Dimension von Kriminalliteratur ein:
„Der Leo-Perutz-Preis zeichnet nach seinem Namensgeber Kriminalromane aus, die in besonderer Weise die Lebenswirklichkeit Wiens widerspiegeln. Für Politiker ist eine solche Lektüre ein Segen, bietet sie doch tiefe Einblicke in das Leben der Menschen unserer Stadt – und genau das ist für mich als Kommunalpolitikerin von unschätzbarem Wert. Krimis halten uns einen Spiegel der Gesellschaft und ihrer Konflikte vor. Es ist eine wichtige kulturpolitische Aufgabe, diese Reflexion zu fördern.“
HVB-Präsident Gerald Schantin
hob anlässlich der Preisverleihung die wachsende Bedeutung von Kriminalliteratur für den Buchmarkt hervor:
„Galt Kriminalliteratur noch vor einigen Jahrzehnten nicht als ernste Literatur, hat sie sich nun ihren legitimen Platz in der Literaturszene erobert. Gerade die österreichischen KriminalautorInnen zeichnen sich durch hohe literarische Qualität aus, auf die wir stolz sind und die wir mit dem Leo-Perutz-Preis würdigen. Für den Buchhandel ist die Kriminalliteratur zu einem wichtigen Standbein und Umsatzträger geworden. Sie garantiert auch in wirtschaftlich labilen Zeiten stabile Umsätze.“
Information
zu Thomas Raab, Der Metzger kommt ins Paradies (Droemer Verlag)
Der Inhalt
Jesolo, Caorle, Bibione, egal, das Fegefeuer ist ein Meer aus Sonnenschirmen und Goldkettchen auf öliger Haut – zumindest für den Restaurator Willibald Adrian Metzger. Entführt und seinem eigenen Untergang nahe, bekommt er es am Ufer der Adria mit einer Ausgrabung zu tun. Einer dermaßen makabren, versteht sich, da scheinen die alles andere als harmonisch urlaubenden Teutonen und Alpenländer, allen voran ein vorlauter Berliner unbekannter Profession, das geringste Übel zu sein, möchte man meinen. Und weil es höchst ungesund ist, vom Liegestuhl aus Dinge zu beobachten, die einen nichts angehen, wird für den Metzger und seine Danjela aus dem Fegefeuer dann die reinste Hölle.
Der Autor
Thomas Raab, geboren 1970, lebt nach abgeschlossenem Mathematik- und Sportstudium als Schriftsteller, Komponist und Musiker mit seiner Familie in Wien. Zahlreiche literarische und musikalische Preise, zuletzt erhielt er den „Buchliebling“ 2011. Die Kriminalromane rund um den Restaurator Willibald Adrian Metzger zählen zu den erfolgreichsten in Österreich, an ihrer Verfilmung wird bereits gearbeitet. Weiteres zum Autor: www.thomasraab.com .
Bibliografie
Raab, Thomas: Der Metzger kommt ins Paradies, Droemer Verlag
288 Seiten, 21,8 x 14,8 cm, Hardcover, ISBN: 978-3-426-19955-8
Die Jury
Die Shortlist des Leo-Perutz-Preises der Stadt Wien für Kriminalliteratur wurde von einer Jury erstellt, die sich aus je einer Vertreterin/einem Vertreter der Kulturabteilung der Stadt Wien, des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels, des Sortimentsbuchhandels, der Medien sowie der Vereinigung österreichischer Kriminalschriftstellerinnen und -schriftsteller zusammensetzt.
2013 gehörten der Jury Sylvia Faßl-Vogler (Referatsleiterin Kulturabteilung der Stadt Wien), Michael Kratochvil (Buchhandlung Kuppitsch), Nora Miedler (Krimiautorin), Erwin Riedesser (HVB-Vizepräsident, Vorsitzender des Österreichischen Buchhändlerverbands) und Tobias Hierl (Chefredakteur des Magazins Buchkultur) an.
Der Preis
Mit dem Leo-Perutz-Preis, der jährlich vergeben wird, werden Krimis ausgezeichnet, deren Qualität und literarischer Anspruch an den namensgebenden österreichischen Literaten erinnern. Darüber hinaus sollen die ausgezeichneten Werke möglichst innovativen Charakter haben und einen Wien-Bezug aufweisen.
Bisherige Preisträger
2012 ging der Preis an Manfred Rebhandls Das Schwert des Ostens (Czernin Verlag), 2011 wurde Der Posamentenhändler (Leykam) von Lizl Stein und Georg Koytek ausgezeichnet, und 2010 erhielt Stefan Slupetzky für Lemmings Zorn (Rowohlt) den Leo-Perutz-Preis.
Fortsetzung folgt!
Foto: HVB.