Das Literaturhaus Frankfurt vor, während und nach der Buchmesse, Teil 2
Felicitas Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Da sind wir gespannt, wie die Veranstaltung mit Daniel Kehlmann im Schauspielhaus am ersten Tag der Buchmesse am 9. Oktober im Schauspielhaus verläuft. Denn sein neuer Roman F, um den es geht, hat nach einem fulminanten Beginn einen mäandernden Verlauf, der einen in Bann schlägt. Die Jury des Deutschen Buchpreises wollte davon nichts wissen und hat ihn nicht unter die letzten Sechs plaziert. Warum?
Warum dies besonders erwähnenswert ist, hat damit zu tun, daß im ersten Jahr des Deutschen Buchpreises, 2005, ein Buch von Kehlmann auf der Kurzen Liste der letzten sechs Bücher stand: DIE VERMESSUNG DER WELT. Dieses Stück genialer Literatur, was den Welterfolg erklärt, war der damaligen Jury – sie wechselt jährlich – nicht genug. Sie wählte als Buchpreisträger einen lahmen, historisch noch dazu euphemistischen, quasi Heimatroman von Arno Geiger aus, von dem nach der Preisverleihung keiner mehr sprach. So ungerecht geht es zu, was im Fall von Kehlmann zumindest durch Auflagenzahlen korrigiert ist. Dennoch bleibt etwas hängen. Nicht zu Lasten von Kehlmann allerdings.
Das weitere Programm im Oktober
Montag 21.10.13 / 19.30 h / Eintritt 12 / 8 Euro
Rüdiger Safranski: Goethe – Kunstwerk des Lebens
Moderation: Anne Bohnenkamp-Renken
Schopenhauer, E.T.A. Hoffmann, Nietzsche, Heidegger, Schiller, die Romantik. Der Philosoph und Biograf Rüdiger Safranski könnte man meinen, hat sich Goethe nicht gerade sparsam genähert. Johann Wolfgang von Goethe bleibt in der weltumspannenden Wahrnehmung vorerst das größte Ereignis deutscher Kultur. Die Interpretationen und Deutungen, die das Werk und Leben des Meisters ausgehalten haben, sind in Staub nicht zu messen. Dabei wollte Goethe das Leben selbst als Kunstwerk begreifen und so auch gestalten. Safranski schildert in „Goethe – Kunstwerk des Lebens“ (Hanser) wie Goethe zu Goethe wurde. Und wie er zum Leitbegriff einer ganzen Epoche wurde: Goethe-Zeit also im Literaturhaus mit dem Meister Safranski und der Direktorin des Frankfurter Goethe-Hauses / Freien Deutschen Hochstifts sowie Vizepräsidentin der Goethe-Gesellschaft in Weimar, Anne Bohnenkamp-Renken.
Dienstag 22.10.13 / 19.30 h / Eintritt 12 / 8 Euro
Ulrich Tukur: Die Spieluhr. Eine Novelle
Vor fünf Jahren kam „Séraphine“ in die Kinos. Ulrich Tukur verkörpert darin den deutschen Kunstsammler Wilhelm Uhde. Tukur haben die Dreharbeiten im Norden Frankreichs zu der Novelle „Die Spieluhr“ (Ullstein) inspiriert. Den Preußischen Kunstsammler Uhde und Séraphine, eine einfache Französin, die von den Bewohnern ihres Dorfes verspottet wird, trennen Welten. Doch das Schicksal führt sie zusammen: den sensiblen Kunstsammler und seine tiefgläubige Putzfrau, die Bilder malt. Mit religiöser Inbrunst und hochgiftigen Farben malte die vom Weihrauch umnebelte Magd ihre magisch aufgeladenen, üppigen Blumen und Bäume – bis sie den Verstand verlor und in eine Psychiatrie kam. Zauber, Magie und Wahnsinn ergreifen flugs auch die betriebsame Szenerie des Filmsets von „Séraphine“. Der Schauspieler, der im Film Uhde ist, macht dabei eine seltsame Entdeckung, die ihn unversehens in den phantastischen Kosmos der Séraphine de Senlis katapultiert. Nämlich in ein Leben hinter den Bildern und Gobelins eines vergessenen Schlosses der Picardie. Zugleich ist dies aber auch ein Buch über Dreharbeiten und Tukurs Gedanken zu seinen Filmrollen.
In Kooperation mit Frankfurter Bürgerstiftung
Montag 28.10.13 / 19.30 h / Eintritt 7 / 4 Euro
Nils Minkmar: Der Zirkus – Ein Stilist bei Steinbrück im Raubtierkäfig
Moderation: Melanie Amann (Der Spiegel)
Was wissen Sie jetzt eigentlich wirklich vom politischen Alltag und seiner Kultur an der Spitze dieser Republik? Der Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung begleitete ein Jahr und einen Wahlkampf lang den Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Minkmar erhielt Zugang zu entscheidenden Terminen und Besprechungen. Dass er seine „Röntgenaufnahme“ des politischen Betriebs „Der Zirkus: Ein Jahr im Innersten der Politik“ (S. Fischer) titelt, verspricht Circensisches: blitzumwitterte Manegen, Drahtseilakte, Schauer vorm Gefressenwerden, doppelte Böden und deutsche Barrieren, Kleinwuchs und Großmannssucht, Schwanzwedeln und -einziehen, Tusch und Täuschung. Als die Dramatikerin und Autorin Yasmina Reza ein Jahr lang den späteren französischen Präsidenten Sarkozy im Wahlkampf begleitete, antwortete sie auf die Frage, ob der Mann sie auch verärgert habe: „Nein, mein Blick auf ihn war von Anfang an die Optik eines Buches. Ich habe mich hoffentlich nicht in die Falle locken lassen, gemeinsam das Abenteuer eines Wahlkampfes zu erleben.“ Herr Minkmar, davon gehen wir aus.
Dienstag 29.10.13 / 19.30 h / Eintritt 7 / 4 Euro
Kopf & Hörer – Die Frankfurter Hörbuchkritik IV
Mit Helmut Böttiger, Mechthild Großmann, Dorothee Meyer-Kahrweg und Hauke Hückstädt
Kopf & Hörer ist das erste kritische Live-Podium zu all jenen Büchern, die wir mit geschlossenen Augen lesen können. Dorothee Meyer-Kahrweg, die die Redaktion der hr2-Hörbuchbestenliste leitet, und Literaturhausleiter Hauke Hückstädt laden zwei Mal im Jahr zwei Mitstreiter ein, die nicht gerade auf ihren Ohren sitzen. Es kommen die Schauspielerin Mechthild Großmann und der Schriftsteller Helmut Böttiger. Erstere lässt sich auch mit geschlossenen Augen erkennen. Die rauchige Stimme Großmanns ist aus Hörspielen bekannt. Und ein Millionenpublikum sieht sie als Staatsanwältin im Münsteraner Tatort. Außerdem arbeitete sie mit Pina Bausch und R. W. Fassbinder. Helmut Böttiger hingegen ist ein Stilist der Literaturkritik. Seine Publizistik baut sich auf drei heilige Säulen: den Dichter Paul Celan, die Gruppe 47 und den deutschen Fußball.
Unter den Laser kommen:
Peter Handke – Siegfried Unseld: Der Briefwechsel, mit Jens Harzer und Ulrich Noethen, Speak Low
Daniel Kehlmann: F, mit Burghart Klaußner, Hörbuch Hamburg
John le Carré: Der Spion, der aus der Kälte kam, mit Matthias Brandt, Hörbuch Hamburg
Paul Plamper: Der Kauf, mit Sandra Hüller u.a., Hoerspielpark
In Kooperation mit hr2-kultur
Unterstützt von Cronstett- und Hynspergische evangelische Stiftung
Donnerstag 31.10.13 / 16.00 h / Eintritt 4 Euro
Buntes Lettland
„Farbige Märchen“ von Imants Ziedonis
Mit Gundars Abolinš, Anete Melece und Jekabs Nimanis
Musik, Lesung und Live-Zeichnen für Kinder ab 8 Jahren
Das Grün des Waldes erobert die Stadt, das Rot spielt mit dem Feuer, aus dem Blau entsteht ein Traum vom fliegenden Pferd. Ohne Grau als Hintergrund könnte sich die bunte Pracht nicht entfalten. Und wenn es um Violett geht, kommen Nasen in dieser Farbe ins Spiel. Farben regen zu Erzählungen, Betrachtungen, phantastischen Reisen an. Das 1973 erstmals erschienene, in Lettland sehr populäre Kinderbuch „Farbige Märchen“ des Schriftstellers Imants Ziedonis (1933 – 2013) entwirft eine verzauberte Welt, die jeweils von einer bestimmten Farbe durchdrungen ist. In der Lesung mit Schauspieler Gundars Abolinš, zeichnerisch begleitet von Illustratorin Anete Melece und musikalisch unterstützt von Jekabs Nimanis, wird diese Märchenwelt lebendig. Bis die gelbe Kuh erscheint und alles auffrisst.
Im Rahmen der EUROPA-KULTURTAGE der EZB – Lettland 2013
Das Junge Literaturhaus wird unterstützt von Cronstett- und Hynspergische evangelische Stiftung.
Literaturhaus Frankfurt / Schöne Aussicht 2 / 60311 Frankfurt am Main
Tel.: 069 – 75 61 84 0 / Fax: 069 – 75 61 84 20 /
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