Nell Zink, „60 Kilo Sonnenschein“ und die Krimis am Mittwoch

OPEN BOOKS: Das städtische Lesefest zur Frankfurter Buchmesse 13. - 17. Oktober, Teil 4

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Zwar können inzwischen viele Veranstaltungen zur Frankfurter Buchmesse per Internet verfolgt werden, aber es ist immer noch nicht gelungen, daß sich Journalisten verdoppeln, verdreifachen, vervielfachen können, um an den so vielen und dazu ausgezeichneten Lesungen der Buchmesse teilnehmen und darüber berichten zu können. Deshalb reduzieren wir uns gleich doppelt. Erstens besuchen wir dieses Jahr nur OPEN BOOKS und zweitens kündigen wir am selben Tag genau die Veranstaltungen an, an denen wir selber teilnehmen und darüber berichten werden. Schwerpunktsetzung ist nötig, wenn man die dort gelesenen Bücher auch besprechen will.

OPEN BOOKS AM MITTWOCH

Da haben wir die Schwerpunktsetzung nicht nur auf OPEN BOOKS gerichtet, sondern gleich auf den Ratskeller im Römer, weil uns die drei Veranstaltungen dort besonders 'anmachten', obwohl mit jeder Festlegung Bedauern eintritt, daß man nicht den Blumenberg oder den Elefanten (beides: Matthes & Seitz) besuchen kann.

Mi · 14. Oktober 16:00
Ratskeller im Römer
Paulsplatz 7
60311 Frankfurt am Main


Nell Zink „Das Hohe Lied“
Rowohlt Verlag

Moderation: Jan Wiele (F.A.Z.)

Pam, Daniel und Joe sind die wahrscheinlich schlechteste Punk-Band auf der Lower East Side. Doch dann widerfahren ihnen zwei Wunder – eine Tochter für Pam und Daniel, eine überraschende Hit-Single für Joe. Zusammen kämpfen sich die drei durch die ausgehenden Neunziger, teilen sich ihre wachsenden Erfolge, arbeiten zusammen, um Joe zum Superstar zu machen und der kleinen Flora eine glückliche Kindheit zu bescheren. Doch am 11. September 2001 fällt der terroristische Angriff auf die Stadt mit einem vernichtenden persönlichen Verlust für das Trio zusammen. Danach wächst Flora in einer stark veränderten, zunehmend gespannten politischen Großwetterlage heran. Sie beginnt sich für Umweltthemen zu engagieren und die sich weitende Kluft zwischen der politischen Klasse und dem einfachen Bürger zu überbrücken. Dann erfährt das junge Jahrhundert mit der Kandidatur von Donald Trump eine weitere neue Bedrohung. Ein epischer, drei Generationen umspannender Familienroman und ein schonungsloses Gesellschaftsporträt der USA heute – das Buch der Stunde, von einer der scharfsinnigsten US-Autorinnen der Gegenwart.


Amerika, das US-Amerika, zu erklären tut wirklich not. Warum die amerikanische Autorin in Brandenburg lebt, wissen wir nicht, werden das aber sicher in Erfahrung bringen, wenn Nell Zink am heutigen Mittwoch ihren Roman vorstellt, der in der Art, wie es Weltliteratur tut, mit einem Familienroman versucht, die ganze Welt und unsere Zeit einzufangen. Wenn gesagt wird: "Die Biografie der im US-Bundesstaat Virginia aufgewachsenen Schriftstellerin Nell Zink ist so abenteuerlich wie die Literatur, die sie schreibt."" oder "Die Distanz lässt sie ihr Heimatland umso schärfer in den Blick nehmen.", so bedeutet das für uns, dass wir ausgerechnet durch Trump alle noch stärker zu Amerikanern geworden sind, als wir es eh schon waren, weil nun auch noch das politische System, besser: seine Personalisierung anhaltendes Thema in Europa geworden ist, wo die amerikanische Kulturindustrie schon lange alles massiv besetzt hat: die Blockbusterfilme, aber auch die anderen, die Künstler, die Pop-Musik. ..



Mi · 14. Oktober 18:00
Ratskeller im Römer
Paulsplatz 7
60311 Frankfurt am Main


Hallgrímur Helgason
Tropen Verlag

Moderation: Thomas Böhm

60 Kilo Sonnenschein ist die Geschichte von Gestur, einem unehelichen Bauernsohn aus dem fiktiven isländischen Dorf Segulfjörður. Während er bei immer neuen Ziehvätern heranwächst, schließlich selbst Vater wird, erwacht auch das moderne Island. Große Fischfänger steuern eines Tages den Hafen an, bringen Exotisches und Fremdes aus dem Umland und der weiten Welt. Mit den Waren kommen auch neue Werte, neue Moden und Gefühle ins kalte und tief verschneite Segulfjörður. Humorvoll, turbulent und mit unvergesslichen Figuren erzählt Helgason vom Weg Islands in die Moderne.

Aufgrund eines Todesfalls in der Familie kann Hallgrímur Helgason leider nicht in Frankfurt sein. Literaturvermittler und Moderator Thomas Böhm (RadioEins) präsentiert den neuen Roman des Autors, der Schauspieler und Sprecher Jochen Nix liest die deutschen Textpassagen.

So sagt es der Text von OPEN BOOKS. Schade, daß der Autor nicht aus dem hohen Norden hergekommen ist, und irgendwie schrecklich, daß es ein Todesfall ist, der ihn abhält, wo doch der Beginn des Romans einen erst mal in Abgründe führt, nämlich in diejenigen, die unter den Schneemassen ganz oben im kalten Island liegen: das Haus von Eilífur, dem Bauern auf Stundarkot, ist optisch nicht mehr auffindbar, als der Bauer, der drei Kilo Weizen gekauft hat und dazu zehn Tage gebraucht hat, nach Hause zurückkehrt. Nach Hause? Da ist nur noch Schneemasse. Doch dann hört er ein 'MUH', eindeutig von seiner Kuh. Doch, ob er das nur im Kopf hört? Unheimlich beginnt die Geschichte und setzt sich erst einmal genauso fort. Denn Eilífur fängt an zu buddeln und tatsächlich findet er sein Haus und die Kuh und seinen kleinen Jungen. Er findet auch seine Frau und kleine Tochter Lara, doch beide tot. Da schluckt man als Leserin erst einmal. Gleich zu Beginn die Toten. Und jetzt ein Trauerfall in der Familie des Autors. Wie es mit Eilífur weitergeht....kommt in der Besprechung der Veranstaltung.