Serie: Verleihung des Leo-Perutz-Preises der Stadt Wien für Kriminalliteratur 2013 am 11. September 2013, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Wien (Weltexpresso) – Warum es nicht langt, nur den Preisträger vorzustellen, der am Abend des 11. September 2013 - ja, 12 Jahre nach den Türmen von New York – im Bestattungsmuseum Wiens seine Ehrenurkunde und den Scheck überreicht erhielt: Thomas Raab für DER METZGER KOMMT INS PARADIES aus dem Droemer Verlag, warum es nicht langt, hat damit zu tun, wie pittoresk und gemütlich diese Preisverleihung einerseits war, und wie qualitativ auch die Texte der anderen für diesen Preis Nominierten andererseits waren.

 

Und es kommt der Ort der Preisverleihung, das Bestattungsmuseum in der Goldeggasse 19 hinzu. Und da überfällt einen sofort Wehmut, wenn man hört, daß Ende September dieses Museum umzieht zu den 'richtigen' Leichen, an den Zentralfriedhof, rechte Halle A, wo man ein Jahr darauf wiedereröffnen will und sich alle Anwesenden wünschen, daß auch die weiteren Preisverleihungen von Leo Perutz dort stattfinden sollten. Und während die Anwesenden zu diesem Vorschlag lauthals klatschen, läuft in unserem Hirn sofort ein Krimianfang ab, wie nämlich auf dem Zentralfriedhof anläßlich einer Preisverleihung eine Leiche gefunden wird, von der man ahnt, daß sie aus dem Kreis der Nominierten des Leo-Perutz-Kreises stammt....

 

Nein, das wünscht man ja keinem der hier Anwesenden. Das Museum zieht also um und jeder weiß, so schön, so dramatisch, so plüschig wird es nie wieder. Denn was die Anwesenden nach der Preisvergabe dann im Bestattungsmuseum sehen können, das ist kulturhistorisch eine Wucht und auch wer sich für das Leben und damit auch das Sterben der Menschen früher nicht interessiert, der lacht sich einen über die Ideen, auf die manche kamen. Davon noch mehr.

 

Nachdem wir im Saal uns die an den Wänden und in Vitrinen ausgehängten Trauerrituale aus anderen Ländern angeschaut hatten – der des Würdenträgers unter Kaiser Huan Tsin in China ist allergenauestens dokumentiert und für Mexiko wären wir selbst die besten Experten - , wundert man sich noch über das schöne Schild an der Nebentür KÜNSTLERGARDEROBE, erfährt aber dann, daß so manche, auch lustige und lebenslustige Veranstaltung hier im Bestattungsmuseum stattfindet. Der Tod mitten im Leben wurde insbesondere in der Barockzeit eine ewige Mahnung. Ob es nun Luther oder Calvin war, der dann „Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen!“ aussprach und aufschrieb, es waren und sind Gedanken, die jeder fühlt. Und wer heute glaubt, es sei unsere Jetztzeit eine besonders mutige, den muß man daran erinnern, daß noch zu keiner Zeit der Tod so abgetrennt vom Leben und den lebenden Menschen war wie heute, wo allein die Vorschriften und technischen Hilfsmittel den toten Menschen schnell zur Leich befördern, die an anderen Ort gehört.

 

In der anschließenden Führung erzählt uns der tausend Geschichten vorrätig habende Kurator und Bestattungstausendsassa von dem Schweizer Gast, der zum Tod noch eine schweizerische Besonderheit vorzubringen hatte. Eine steuerliche nämlich. So müßten bei Autotransporten von Kranken, sollten diese auf der Fahrt versterben, die Autos sofort anhalten. Nicht, weil ein Arzt den Tod bestätigen muß. Das auch. Aber vor allem deshalb, weil die Fahrkilometer ab dem Feststellen des Todes mit einem Mehrwertsteuersatz belegt werden, denn aus dem lebendigen Menschen ist eine Leiche geworden. Eine Sache sozusagen. Unglaublich. Aber das Museum kommt ja erst später dran.

 

Wir hören interessiert zu, wie der Moderator Günter Kaindlstorfer die Gemeinderätin Anica Matzka-Dojder nach ihrer Urlaubslektüre fragt und diese sehr ausführlich und mit allen Details antwortet und sind deshalb so erstaunt, weil man sich für die Bundesrepublik so ein Gespräch einfach nicht vorstellen kann. Dafür wäre hierzulande nicht nur keine Zeit, sondern es fehlte auch das Interesse der Leute an der Lektüre der politisch Verantwortlichen, es sei denn, sie seien durch irgendeinen Zusammenhang mit Literatur aufgefallen. Die Gemeinderätin ist aber „nur“ diejenige, die seit Jahren mit der Preisvergabe beschäftigt ist. Wir finden diese kulturellen Unterschiede interessant und auch liebenswert, denn sie sagen viel aus, sowohl, was Deutschland angeht, wie auch Wien.

 

Endlich kommen aber nach langen Vorreden die Hauptpersonen dran. Alphabetisch, wie schon erwähnt. Diese weiteren neben Thomas Raab Nominierten waren:

 

David, Christian:  Mädchenauge. Deuticke
 Verlag

Haderer, Georg: Engel und Dämonen. Haymon Verlag

Naber, Sabine: Marathonduell. Gmeiner Verlag

Maxian, Beate: Tod hinter dem Stephansdom. Goldmann Verlag



Von ihren Lesungen gleich mehr. Fortsetzung folgt.



INFO:



 Die Jury

 

Die Shortlist des Leo-Perutz-Preises der Stadt Wien für Kriminalliteratur wurde von einer Jury erstellt, die sich aus je einer Vertreterin/einem Vertreter der Kulturabteilung der Stadt Wien, des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels, des Sortimentsbuchhandels, der Medien sowie der Vereinigung österreichischer Kriminalschriftstellerinnen und -schriftsteller zusammensetzt.

 

2013 gehörten der Jury Sylvia Faßl-Vogler (Referatsleiterin Kulturabteilung der Stadt Wien), Michael Kratochvil (Buchhandlung Kuppitsch), Nora Miedler (Krimiautorin), Erwin Riedesser (HVB-Vizepräsident, Vorsitzender des Österreichischen Buchhändlerverbands) und Tobias Hierl (Chefredakteur des Magazins Buchkultur) an.

 

 

Der Preis

Mit dem Leo-Perutz-Preis, der jährlich vergeben wird, werden Krimis ausgezeichnet, deren Qualität und literarischer Anspruch an den namensgebenden österreichischen Literaten erinnern. Darüber hinaus sollen die ausgezeichneten Werke möglichst innovativen Charakter haben und einen Wien-Bezug aufweisen.

 

 

Bisherige Preisträger

2012 ging der Preis an Manfred Rebhandls Das Schwert des Ostens (Czernin Verlag), 2011 wurde Der Posamentenhändler (Leykam) von Lizl Stein und Georg Koytek ausgezeichnet, und 2010 erhielt Stefan Slupetzky für Lemmings Zorn (Rowohlt) den Leo-Perutz-Preis.