Eric Fischling
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Jede und jeder von uns hat in der Redaktion oder zu Hause noch Bücher liegen, die angelesen, halb gelesen, ganz durchgelesen, immer noch darauf warten, erneut ans Tageslicht von WELTEXPRESSO zu kommen. Denn nicht nur zur Weihnachtszeit haben Bücher Hochkonjunktur, sondern auch in Coronazeiten, von denen wir ja gerade hören, daß sie bis Ende Januar im halbharten Modus laufen. Da tuen Bücher gut.
Und es muß auch nicht immer die anspruchsvollste Literatur sein, auch spannende Unterhaltung ist angesagt, womit eben nicht ausgedrückt werden soll, daß die hier versammelten Romane nicht anspruchsvoll sind, sondern umgekehrt: daß sie unterhaltsam sind!!
Die Schokoladen Villa von Maria Nikolai
Wir haben die Romane der ersten drei Teile-Artikel gemischt. Einen deutschen, diesen hier, der 2019 einen Leserpreis gewann, einen englischen, der in Amerika spielt, einen amerikanischen und einen spanischen, was ja ähnlich wie im Englischen nicht bedeutet, daß er aus Spanien ist, dazu noch mehr.
Maria Nilolais Erstling, der so gut in die Weihnachtszeit paßt, kam – siehe Leserpreis – so gut an, daß sie mit Windeseile weiterschrieb und inzwischen der dritte Band am 12. Oktober in den Handel kam, der 'Zeit des Schicksals 'heißt, nachdem der zweite in den Zwanziger Jahren spielte, denn diese Trilogie beginnt Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Schokoladentochter, nein, nein, als Judith Rothmann, die Tochter eines Schokoladenfabrikanten sehr bequem in der Familienvilla im Umkreis von Stuttgart lebt, wo sie aber täglich die Schokoladenfabrik aufsucht, denn es ist ihr nicht nur in die Wiege gelegt, sondern sie liebt die Schokolade leidenschaftlich und gibt sich ihrer Zubereitung hin.
Doch das sehen die Eltern nicht gerne, die wollen, daß sie sich dem ausgewählten Heiratskandidaten hingibt, was sie nicht kann, niemals. Wie gut, daß der für sie Richtige dann auch noch rechtzeitig auftaucht...
Wer Schokolade liebt, zumindest gerne ißt, wobei Lutschen immer besser ist, der hat ein über das Lesen hinausgehendes Vergnügen, denn es gibt Rezepte, bzw. immer wieder Situationen, wo der Schokolade auf ihre Zutaten geschaut wird und die Gemengelage Schokolade als Geheimwissenschaft einen Zipfel lüftet.
Ray Celestin, Höllenjazz in New Orleans
Auch dieses Buch ist der Anfang, diesmal eines Quartettes, aber für den Autor ist es auch in Debüt. Inzwischen macht er die vier Romane voll, erschienen sind bisher neben New Orleans 'Todesblues in Chicago' und 'Gangsterswing in New York'. Es ist schon doll, auf welche Ideen die Leute kommen, um neue Zusammenhänge herzustellen, die dann aber locker, leicht und einsichtig auf der Hand liegen. Nur wer ist dieser Ray Celestin, von dem wir oben schrieben, daß er Engländer ist, über die amerikanischen Kultstätte auch auf Englisch schreibt, soll sagen, nicht auf Amerikanisch, was im Detail ein gewaltiger Unterschied ist. Wir bekommen nicht richtig heraus, wer er ist, denn auch auf seiner Webseite sind nur seine Bücher und Novellen aufgeführt, kein Lebenslauf, er selbst im Bild steht mit der Bemerkung, er habe asiatische Kunstgeschichte und Sprachen in Großbritannien studiert, auf dem hinteren Umschlag, und man glaubt, auch eine asiatische Herkunft zu sehen, nur traut man sich das heute kaum mehr zu sagen. Warum eigentlich? Ist ja ehrenwert. Der Piper Verlag wirbt übrigens mit einem deutschen Hochkaräter für Celestin: „Ähnliche Lektüre“ heißt es und es folgt: Volker Kutscher mit Marlow. Ja, das sagt sofort viel, denn die Kombination Geschichte und Krimi ist diesselbe, wobei der historische Touch eben auch mit der Schokoladenvilla verbindet.
Beim Krimigewerbe mag man inzwischen schon glauben, daß die Historie das Feld übernommen hat. Auch im literarisch anspruchsvollen Krimi. Aber zum Buch, was wir ja nur anreizen wollen, damit Sie weiterlesen und auch die weiteren des Quartetts sich einverleiben. „Spielt Jazz – sonst komme ich, um Euch zu holen“, ist das Motto des Serienmörders, der sein Wesen treibt, was sogar drei Ermittler in Gang setzt, die er foppt, wobei es Detective Michael Talbot ist, der zuvörderst zuständig ist und an den Rand seiner Möglichkeiten gerät, oder auch schon darüber hinaus, wenn er einen Mörder identifizieren soll, der als Mordwaffe eine Axt benutzt – einen Gegenstand, von dem heutige Kinder und Jugendliche in Deutschland gar nicht mehr wissen, was es ist, der den Älteren vom Holzhacken zumindest in Erinnerung ist – und zudem – ganz schön übersinnlich eine Tarotkarte am Tatort zurückläßt. Das allerdings ist in einem Krimi nicht ungewöhnlich, die Tarotkarte, aber die Auflösung immer wieder eine andere.
Übriges, Celestins historische Kriminalromane sind vor allem für Männer, heißt die offizielle Werbung! Beste Voraussetzung dafür, daß Frauen sie kaufen.
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Info:
Maria Nikolai, Die Schokoladen Villa, Penguin Verlag 2018
ISBN 978 3 328 10322-6
Ray Celestin, Höllenjazz in New Orleans, Piper Verlag 2018
ISBN 978 3 492 06086 8