james comyDer Ex-FBI-Direktor über die Unterwanderung des amerikanischen Justizsystems“, James Comey bei Droemer, Teil 1/3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das nach GRÖßER ALS DAS AMT zweite Buch über amerikanische Justiz und staatliche Einflußnahme, verfaßt vom durch Trump 2017 gefeuerten Direktor des inneramerikanischen Geheimdienstes, gleichzeitig Strafverfolgungsbehörde bei Bundesdelikten, James B. Comey, erscheint gleichzeitig mit der amerikanischen Originalausgabe zur Amtseinführung des US-Präsidenten im Januar 2021 auf Deutsch, was durch neun Übersetzer möglich wurde.

Wer allerdings glaubt, hier würde eine Generalabrechnung mit Trump erfolgen oder eine Einkehr, was Comey selbst hätte anders machen sollen, irrt. Bei ihm geht es wirklich als Allheilmittel für die auch von ihm als verrottet und korrumpiert gekennzeichnete Politik Trumps, die Justiz und Gesellschaft ruiniert hat, um : „Die Wahrheit und nicht als die Wahrheit“! Ganz zum Schluß gibt er den Ratschlag, den Weg zu gehen, den der Jura-Professor Edward Levi vor 45 Jahren vorgemacht hatte, als er nach den Erschütterungen der Watergate Affäre und dem Rücktritt Nixons die Leitung des Justizministeriums übernahm „in einer Zeit des Wandels und eines zersetzenden Skeptizismus und Zynismus gegenüber dem Rechtsstaat“, weshalb das Vertrauen der Öffentlichkeit in die amerikanische Justiz wiederzuerlangen ihm vorrangig war. Nicht aus Marketinggründen, sondern mithilfe echter Verfahrensänderungen innerhalb der Behörde, die das Recht wieder in den Mittelpunkt stellte. Zuallererst wurden damals fast alle Überwachungsmaßnahmen, die sich aus politischen Gründen gegen einzelne Bundesbürger oder Gruppen richtete – Linke und Schwarze -, aufgehoben, der Politik entzogen und auf gesetzliche Grundlage gestellt. Diese Auswüchse wäre bei uns gar nicht möglich, wo Überwachungen richterlich angeordnet werden müssen.

Für Comey ist der Rechtsstaat für die Handlungen aller Behörden unabdingbare Voraussetzungen, um aus der gegenwärtigen Gesellschaftskrise, die er als durch den kriminellen Trump und Vasallen erzeugt erkennt, herauszufinden und neues Vertrauen in öffentlichen Handeln möglich zu machen, so daß die USA binnen kurzem dasselbe sagen können, was Levi nach zwei Jahren zufrieden äußerte: „Ich verlasse mein Amt voller Zuversicht, daß im Justizapparat eine hohe Moral herrscht und hohe Ziele gelten. Wir haben bewiesen, daß der Rechtsstaat fair, wirksam und unparteiisch sein kann.“

Gleichzeitig konstatiert Comey aber auch, wie schwierig das ist, „nachdem die Rechten die vielen Lügen über diese Institutionen verinnerlicht haben, und die Linken beobachten konnten, wie die Trump-Clique die Justiz auf höchster Ebene gekapert hatte“. Er fährt auf Seite 271 fort: „Um dies zu schaffen, muß der Justizminister sein Ministerium aus dem Parteienrummel heraushalten.“ Das ganze Buch hindurch zieht sich der rote Faden, daß die Wahrheit zu suchen und ihr gemäß zu handeln, eine Gesellschaft heilt.

Das scheint so blauäugig, wie man es angesichts der das ganze Buch hindurch aufgelisteten Vergehen gegen den Staat und für die eigene Tasche durch bestimmte Republikaner, nicht für möglich hält. Ausdrücklich schreibt er: „Dies ist nicht der Moment, das Verfahren gegen Michael Flynn auszuweiten – trotz des Skandals, daß der Präsident und sein Justizminister ihren Mitstreitern geholfen haben. Es ist auch nicht der Moment für die Justizbehörden, ein Strafverfahren gegen Donald Trump anzustrengen, unabhängig davon, wie zwingend die Spuren sind, die Sonderermittler Mueller aufgedeckt hat...“ Er will dies nicht, weil das Wichtigste muß „die Stärkung des Vertrauens des amerikanischen Volkes sein, daß die Justiz nicht das Instrument politischer Rache ist.“

Das beißt sich doch in den Schwanz. Wenn erneut Vertrauen der Öffentlichkeit in die demokratischen Institutionen entstehen soll, weil offen gelegt wird, wer an welcher Position in der Gesellschaft auch immer sich kriminell verhalten hat, gleichzeitig die vorgenommene Analyse, also das Festhalten, wer das mit welchen Taten war, nicht weiterverfolgt werden darf, damit nicht der Eindruck von politischer Rache entsteht, kommt doch genau die im Titel eingeforderte Wahrheit an ihre Grenze. Was nutzt eine Wahrheit, die anschließend keine Konsequenzen einer Bestrafung nach sich zieht. Die interessiert doch keinen oder schlimmer: Wahrheit wird abstrakt und nicht zum lebendigen Leben.

Für uns ist darum die vorgeschlagene Konsequenz für die neue politische Führung, die Verbrechen der Vergangenheit hinter sich zu lassen, und nur einfach wieder zu Recht und Demokratie zurückzukehren, etwas billig. Der neue amerikanische Präsident Joe Biden wird uns vormachen, was er versucht und was ihm gelingt.

Fortsetzung folgt.

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Info:
James Comey, Die Wahrheit und nicht als die Wahrheit. Der FBI-Direktor über die Unterwanderung des amerikanischen Justizsystems, Droemer, gebunden mit Schutzumschlag. Aus dem amerikanischen Englisch von Pieke Biermann, Elisabeth Liebl, Karl Heinz Siber, Karsten Singelmann, Dr. Hella Reese, Christiane Bernhardt, Gisela Fichtl, Stephan Kleiner, Monika Köpfer
ISBN: 978-3-426-27855-0