Auf die Schnelle: Gute Unterhaltungsliteratur, gebraucht, Teil 54
Romana Reich
Berlin (Weltexpresso) – Manchmal kommt auch zusammen, was nicht zusammengehört, wie in diesem Fall, wo die drei Autoren zwar alle mit Film zu tun haben, aber nicht nur auf unterschiedlichen Seiten, wie es Regisseure und Schauspieler nun mal sind, sondern die Sujets der Bücher sind einfach total verschieden. Roehler ist der Chronist der jungen Bundesrepublik, die beiden Schauspieler sprechen über sich und über Freundschaft.
DER MANGEL von Oskar Roehler
Im Ernst bin ich ein Fan der Filme von Oskar Roehler und halte seine Erfahrungen und Interpretationen der Bundesrepublik der 50er, der 60er und auch der 70er Jahre für das Wahrhaftigste, was über diese Zeit und dieses Land zu sagen ist. Starke Worte, die korrespondieren mit den starken Geschichten, hinter denen und in denen das Existentielle immer zu spüren ist.
Man wirft Roehler leicht vor, daß er aus seiner Enttäuschung über die eigenen Eltern – die durch einen Roman berühmt gewordene Mutter Gisela Elsner, die sich selbst stilisierte, ihre Kind jedoch im Stich ließ und sich 1992 umbrachte sowie Klaus Roehler, Lektor und unzuverlässiger Vater, die in HERKUNFT knallhart geschildert sind, ein tief erhellendes Buch und ein hochzulobender Film! - nicht nur kein Hehl macht, sondern daß sie zu seinem Lebensthema geworden sind. Das ist natürlich in Verbindung mit seinem Zitat: "Die ausweglose Lage zwang mich, zu begreifen, dass ich nur noch eine Chance hatte, um den Weg zurück in die Welt zu schaffen, und das war das weiße Blatt Papier. Das weiße Blatt Papier war das Nadelöhr aus der Hölle zurück in die Welt. Wenn es mir nicht gelingen sollte, das weiße Blatt mit Sinn zu erfüllen, sprich, zu schreiben, dann würde ich tatsächlich lebendigen Leibes verfaulen.“
Er ist also gezwungen, immer wieder zu schreiben und da liegt es Nahe, immer wieder auch auf das Herkommen zu verweisen. Um es klar zu sagen, für mich wiederholt sich da nichts und ich lese diese Jugend in den 60er Jahren mit einer Anteilnahme, in die sich Wut und Hilflosigkeit mischt. Eigentlich, das meine ich ernst, müßten der erste Teil des Buches Schullektüre werden, zumal auch der doppelgesichtige Lehrer eine entscheidende Rolle spielt. Aber mir geht es stärker um die abwesenden Väter, um die Gemeinschaft der Häuslebauer im Schlamm, um den Mangel wie den Überfluß, den das Wirtschaftswunderland gleichzeitig als diktatorisches Ziel verheißt und erzwingt.
ZUSAMMEN SIND WIR KÖNIGE. Was Männern zu Freunden macht von Frederick Lau & Kida Ramadan
Klar, eigentlich unfair, einem so existentiellen Buch eines gegenüberzustellen, in dem es darum geht, sich das Leben gemeinsam leichter zu machen. Was Freunde ja auszeichnet. Aber in einem tieferen Sinn haben wir mit dem zweiten Buch geradezu die Kompensation des ersten gewählt. Denn Freundschaft ist etwas, das viele Wunden, viele Gefühle von Nichtdazugehören, viele Empfinden von ständigen Niederlagen einfach aushebeln kann. Nicht nur, daß man zu zweit stärker ist als alleine, sondern grundsätzlich.
Zudem sind auch die beiden Autoren nicht auf Rosen gebettet geboren! Die Geschichte der Freundschaft, wie sie entstand, worin sie sich ausdrückt, was der jeweils andere dem einen bedeutet, wird in einzelnen Kapiteln abgehandelt. Dabei nervt ein bißchen, wenn in den Kapiteln immer der eine auf den anderen folgt. Das hat etwas Mechanisches, was dem Buch nicht gut tut und auch nicht nötig gewesen wäre. Aber wer die beiden Haudegen mag, den stört das nicht weiter, denn sie sind nette Kumpels.
Fotos:
Cover
Info:
Oskar Roehler, Der Mangel, Ullstein Verlag 2020
ISBN 978 3 550 20038 0
Frederick Lau & Kida Ramadan, Zusammen sind wir KÖNIGE. Was Männern zu Freunden macht, Ullstein Extra 2018
ISBN 978 3 86493 066 9