Gerd Kehrer hat eine Auswahl aus seinen Frankfurt-Gedichten veröffentlicht
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – „Meiner Heimatstadt Frankfurt am Main wünsche ich viel Kraft und Zuversicht,
dass sie die vielen politischen Fehler und Fehlplanungen, die ihr nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg zugemutet wurden, in diesem Jahrhundert zum Wohl aller Bürger korrigieren kann. Größenwahn, Hochmut und Geldgier jedenfalls sind der falsche Weg für die Zukunft ihrer Kinder.“
So die einleitenden Worte des Bildenden Künstlers und Lyrikers, der seine Gedichte als wohlwollende Zurechtweisungen, gerichtet an seine Heimatstadt Frankfurt am Main, versteht.
Der 1939 in Frankfurt-Sachsenhausen geborene Gerd Kehrer, Absolvent der Städelschule (1960) und der Kunstschule Westend (1962), ist vor allem als Maler Frankfurter Motive bekannt. Zur 1200 - Jahrfeier der Stadt erschien 1994 sein Bilderzyklus „Alte Oper“; 1997 die Zyklen „Paulskirche“ und „Am blauen Band der Börse“, 2008 die „Citykirchen“. Mit seinen Werken hat er sich erfolgreich an in- und ausländischen Ausstellungen beteiligt. So in Frankfurt, Darmstadt, München, Athen, Warschau, Kairo, Hiroshima oder Jerusalem.
Außer mit Werken der Bildenden Kunst meldet er sich seit über 50 Jahren auch mit Gedichten und Aphorismen zu Wort. Mit zumeist spitzer Feder äußert er sich zu Vorgängen in seiner Heimatstadt und kritisiert deren aus seiner Sicht falsche Prioritäten. Frankfurt habe einen Pakt mit dem Mammon geschlossen, habe weder die Warnungen seiner bedeutendsten Dichter und Denker ernst genommen, noch aus den Ereignissen der jüngeren Geschichte gelernt. Kehrer zeichnet kurz und prägnant eine Metropole des Eigensinns, in welcher der Mensch zur Ware geworden sei.
In der neuen Reihe LYRIK HEFTE, die von der Frankfurter Literaturzeitschrift „BRÜCKE unter dem MAIN“ herausgegeben wird, erscheint nunmehr eine Auswahl seiner Gedichte. Jedes Heft ist einem Thema gewidmet. Den Auftakt macht die No. 1 mit Texten über Frankfurt am Main, die im Verlauf mehrerer Jahre entstanden sind.
Hier einige Beispiele:
Dir zum Lob
Moenus mein
Geliebter Main
bei Mondlicht oder
Sonnenschein
Im Wind
Im Schnee
Im Regen
Mein Main gehört
Zu meinem Leben
Er ist mein Roter
Faden eben.
Der Eiserne Steg
Schwungvoll elegant
Bewehrt mit massiven Trägern
Und stählerner Ornamentik
Verehrt und verkettet
Von geheimnisvoll blinkenden
Schlössern unendlicher Liebe
Markiert diese kleine Brücke
International einen Hotspot in
Frankfurt über dem Main.
Links vom Main
Links vom Main
schlägt das Herz der Kultur
Rechts vom Main
erschlagen sie die Banken.
Erwachen
Rauschend erwacht die Großstadt
Mit Zischen Motorlärm und Gestank
Straßen und Autobahnen liefern ihre
Alltäglichen Schadstoffe der Umwelt
Giftige Pegel steigen nach oben
Wie die aufgehende Sonne oder
Vernebeln sie mit tödlichem Smog.
Unentwegt arbeitet der unheimliche
Zweibeiner an seiner eigenen Hölle
Die er unermüdlich Fortschritt nennt.
Fremdsein
Sie ist sehr fremd geworden
Und wird es immer mehr
Meine Heimatstadt baut ständig
Weitere Ghettos
Gesichtslos verengt versiegelt
Wird natürlicher Lebensraum
Die düstere Zukunft der Kinder
Ist stur in Beton gegossen
Mit tyrannischer Architektur
Zweifelhafter K.o.alitionen.
Gegen den Strom
Die Starken schwimmen
Gegen den Strom
Gegen öden Mainstream
Gegen Dummheit
Und blödes Spießertum.
Die 40-seitige Broschüre enthält auch mehrere Schwarz-weiß-Zeichnungen des Künstlers.
Gerd Kehrer verschenkt 50 digitale Exemplare (PDF-Format) des Hefts an Interessierte, die per E-Mail bei Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! angefordert werden können. Für August 2021 ist eine gedruckte Ausgabe geplant. Noch im Herbst soll ein weiteres Heft mit Gedichten erscheinen, dann zum Thema „Natur“.
Foto:
Umschlag der Broschüre „Gerd Kehrer: Anstöße und Anstößiges“
© Gerd Kehrer