anna schneider 0662Die neue Krimi-Reihe "Grenzfall" 

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - In der letzten Veranstaltung zum „Leseland“ stellte Anna Schneider den ersten Band ihrer Krimireihe „Grenzfall“ vor. Die Lesung belegte nicht nur, dass ein Krimiformat durchaus literarischen Ansprüchen genügen kann. Ebenfalls gelang der Autorin ein unterhaltsamer Parforceritt durch den Roman, dessen Entstehung und die eigene Biografie.

Doch zunächst die Geschichte des Buches „Grenzfall - Der Tod in ihren Augen“: Aus Aschaffenburg reist die junge Oberkommissarin Alexa Jahn mit gemischten Gefühlen nach Oberbayern, um in einer polizeilichen Männerdomäne Karriere zu machen: „Immer wenn sie in den Alpen war, fühlte sie sich beklommen und auf eine eigenartige Weise eingeengt. Die Berge, die wilde Natur, aber auch die stillere Art der Menschen dort, die das Herz nicht auf der Zunge trugen und teilweise schroff reagierten, hatte Alexa nie für diese Gegend einnehmen können. Außerdem hasste sie Schnee schon seit ihrer Kindheit...“

Gleich am ersten Arbeitstag konfrontieren die neuen Kollegen sie mit einem Verbrechen in den verschneiten Bergen der Voralpen. Unter dramatischen Umständen holt die Bergwacht aus einer tiefen Felsspalte eine tote Frau, die -  wie sich später herausstellt - keine Beine mehr hat. Stattdessen ist ihre Hose mit Stroh ausgestopft. Im Gegensatz zur Kripo ahnen wir Zuhörer bzw. die Leser des Buches bereits, dass ein Mörder in der Region Karwendel die Leichenteile verstreute. Ein makabres Puzzle wird auf die Polizei zukommen. Denn im Prolog des Romans entdeckte ein junges Teeniepaar, das sich in einem abgelegenen Haus heimlich lieben wollte, einen blutigen Fuß im Kühlschrank.

Mit präziser aber sinnlicher Sprache erzählt die Autorin im Buch von den Ereignissen: wir Zuhörer und späteren Leser frieren mit, ekeln uns mit, leiden mit. In der Lesung erfahren wir nichts weiter über den Fortgang der spannend werdenden Erzählung. Noch kurz berichtet die Schriftstellerin, wie sie den gemütlichen, älteren österreichischen Chefinspekteur Bernhard Krammer erfand. Den brauchte sie, weil sie die Serie im Grenzland von Österreich und Deutschland ansiedelte.

Aus den beiden, Jahn und Krammer, soll im Laufe der Zeit ein Ermittlerteam werden. Ihm kam Schneider erst auf die Spur, als sie in Innsbruck ein passendes Café entdeckte. Darin konnte sie sich den alten Genießer gut vorstellen. Der ältere Polizist isst ebenso gerne Kaiserschmarren wie die Schriftstellerin. Wie Alexa mag sie keinen Schnee und „mit meinen Männern“, also ihrem Mann und den zwei Jungen, fährt sie nicht Ski. Immer wieder würzt sie die Erzählungen mit solchen Anekdoten und eigenen Erlebnissen: Nach dem Abi wollte sie zur Polizei, bestand hervorragend die Prüfungen zu Ermittlungen, aber man wies sie zurück, weil sie zur zart besaitet war.

Kurz stellt uns die Autorin noch den Mörder vor, der besessen ist von seinem Hass auf eine Frau und die Tat lange vorbereitet. Schneider interessiert sich für seine Motive und Absichten, in die sie sich schreibend versucht hineinzuversetzen. „Es ist ein toller Beruf den ich habe“, freut sie sich zum Schluss, „ich liebe das Recherchieren und Nachbohren.“ Das merkt man sowohl dem Roman als auch der Strukturierung ihrer Lesung an.

Neugierig geht man mit dem gekauften Buch nach Hause und fragt sich, welche Motive den Mörder wohl antreiben, wie die Polizei ihn überführen und Alexa sich im neuen Team durchsetzen wird.

Bei der Autorin weiß man, dass Alexa in guten Händen ist.

Info:
Anna Schneider: „Grenzfall. Der Tod in ihren Augen“, Fischer-Verlag, Taschenbuch, 432 Seiten, 10,99 Euro

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Hanswerner Kruse