Am 1. Dezember jährte sich zum zehnten Mal der Todestag der Schriftstellerin Christa Wolf, Teil 2
Juliane Schätze
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Schon während des Studiums schreibt Christa Wolf Literaturkritiken. Mit dem Studienabschluss bewirbt sie sich 1954 erfolgreich um eine Arbeitsstelle beim Schriftstellerverband.
Eine besonders ehrfürchtige Haltung zeigt sie nach Ende des Krieges gegenüber den Schriftstellern, die aus dem Exil zurückkehren. Sie bekommt Kontakt mit den Exilanten der älteren Schriftstellergeneration wie Anna Seghers, Eduard Claudius, Kurt und Jean Stern, Louis Fürnberg, Franz Carl Weiskopf, Alex Wedding, Willi Bredel und Kurt Barthel. Neben der Arbeit im Schriftstellerverband arbeitet sie als Lektorin, Gutachterin und Kritikerin für die Literaturzeitschrift „Neue deutsche Literatur“, daran knüpft die Bekanntschaft mit Heinrich Böll, Helmut Heißenbüttel und Hans Erich Nossack.
Politisch vertritt sie den Aufbau des Sozialismus in der DDR als erstrebenswertes Ziel und akzeptiert die führende Rolle der Partei. Die Theorie des sozialistischen Realismus erfüllt für sie die Voraussetzungen, mit Hilfe der Literatur, den Menschen zu bessern und den Einfluss kleinbürgerlicher, seichter, kitschiger Massenliteratur zu stoppen. Sie wechselt zum „Verlag Neues Leben“ und wird dort Cheflektorin. Gleichzeitig beginnt sie kleine belletristische Texte zu schreiben und verspürt verstärkt den Wunsch, Schriftstellerin zu werden.
In dieser Zeit startet der „Mitteldeutsche Verlag“ in Halle/Saale die Initiative der 1. Bitterfelder Konferenz. Diese Konferenz beschließt, dass Schriftsteller, um den Aufbau des Sozialismus in der DDR realistisch beschreiben und darstellen zu können, die Arbeiter, Angestellten und Bauern, in den Betrieben aufsuchen und durch die Beobachtung der Arbeitsabläufe Erfahrungen sammeln. Auf dieser Basis sollen sowohl die Leistungen der arbeitenden Menschen gewürdigt als auch ein Anreiz zur weiteren Leistungssteigerung geschaffen werden. Es versteht sich von selbst, das Positive darzustellen und für Schwächen und Mängel einen positiven Ausblick zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise widerspricht aber häufig der Realität in den Betrieben. Dabei soll gerade der sozialistische Realismus die Realität widerspiegeln. Mit dem literarischen Anspruch: „Widersprüche produktiv machen“ will Christa Wolf den Dogmatismus aufbrechen und Weltoffenheit für die sozialistische Literatur erreichen. Während der sozialistische Realismus das Typische zeigen will, ist die Wirklichkeit vielschichtiger, weicht davon ab und scheint nicht ausreichend erfasst. Mit ihrer ersten belletristischen Arbeit; die „Moskauer Novelle“, 1961 erschienen, gibt sie ein Beispiel für diese künstlerische Methode. Stofflich beruht die Novelle auf den Erlebnissen zweier Moskau-Reisen, inhaltlich beschäftigt sie sich mit der Frage, wie die, in der Nazizeit aufgewachsene Generation mit ihrer Vergangenheit umgeht.
Fortsetzung folgt