Torsten Casimir
Leipzig (Weltexpresso) - Der Direktor der Leipziger Buchmesse (LBM), Oliver Zille, hält daran fest, das große Buchevent des Frühjahrs Mitte März wie geplant auf dem Messegelände stattfinden zu lassen. Für die weitere Organisation hat er einen klaren Fahrplan.
Am Freitag vergangener Woche tagte der Beirat der Leipziger Buchmesse. Das Gremium habe das Messe-Team darin „bestätigt und bestärkt, an der Durchführung 2022 festzuhalten“, sagt Zille im Gespräch mit Börsenblatt online. Eine Absage zum jetzigen Zeitpunkt sei von allen Beteiligten als schlechteste Option bewertet worden.
„Zum einen müssen wir langfristig lernen, mit der Situation der Corona-Pandemie und den mit ihr verbundenen Unsicherheiten umzugehen. Wer sagt uns denn, dass das Problem im kommenden Jahr verschwunden sein wird? Vor allem aber wissen wir aus vielen Gesprächen mit unseren Ausstellern: Die Branche will diese Messe in diesem Frühjahr“, betont Zille.
75 Prozent aller Aussteller, verglichen mit 2019 und mit dem Anmeldestand kurz vor der Absage 2020, sind angemeldet., behauptet
Oliver Zille
Bei der Einschätzung stützt er sich nicht allein auf Lippenbekenntnisse: „75 Prozent aller Aussteller, verglichen mit 2019 und mit dem Anmeldestand kurz vor der Absage 2020, sind angemeldet. Bis zuletzt kamen neue Anmeldungen rein und nur wenige, die sich wieder zurückgezogen haben“, berichtet der Direktor der Leipziger Buchmesse.
Für die Aussteller gibt es in diesem Jahr ein Risiko weniger: Die üblicherweise anfallenden Gebühren bei später Stornierung der Standfläche würden in diesem Jahr nicht anfallen. Die Messe könne dank der Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien die Stornogebühren für die Standfläche sowie die Systemstände erlassen. Das heißt für Aussteller, die weiterhin auf eine Durchführung der Frühjahrsmesse hoffen: Weitere Kosten wie Eigen-Standbau oder Reisekosten blieben jedoch bestehen.
Es gibt es unterschiedliche Modellrechnungen, wie die Corona-Situation sich bis Mitte März regional entwickeln könnte. Mehrheitlich gehen die Fachleute Zille zufolge davon aus, dass der Peak der Infektionen deutlich vor dem Zeitraum der Messewoche erreicht sein und im März bereits wieder sinken werde. Erstaunlich und gegen gelernte Erwartungen: Aktuell gehört der Freistaat Sachsen im bundesweiten Vergleich zu den Niedriginzidenzgebieten; allerdings befindet sich auch in Leipzig die Variante Omikron auf dem Vormarsch.
Die Landesregierung hat für den 7. Februar die nächste Corona-Schutzverordnung angekündigt. Nach der derzeit geltenden Verordnung dürfen auf dem Messegelände in Leipzig keine Messen stattfinden. Zille rechnet damit, dass das Verbot mit der neuen Schutzverordnung aufgehoben werden kann. Die Gesellschafter der Leipziger Messe, die Stadt Leipzig und das Land Sachsen, tragen laut Zille das finanzielle Risiko des Weiterplanens mit. „Wir arbeiten hier mit unserem kompletten Team“, sagt der langjährige Messe-Chef – und bezeichnet die interne Stimmung als „kämpferisch“.
Auch die Partner des Leipziger Lesefests Leipzig liest – insgesamt 160 Orte in der Stadt – seien zuversichtlich, im März ihre geplanten Veranstaltungen machen zu können. Eine Verschiebung sowohl des Lesefests als auch der eigentlichen Messe auf einen späteren Zeitpunkt im Jahr ist für Oliver Zille keine realistische Option. Das hat er früh schon so gesehen und so auch gesagt.
Nicht verschiebbar heißt für ihn im Übrigen auch: „Wir können eine Publikumsmesse wie diese nicht ins Internet verschieben.“ Eine digitale Ersatzmesse würde es im Fall einer Absage das dritte Jahr in Folge also nicht geben. Nur einzelne Elemente – insbesondere die beiden großen Preise, der Leipziger Buchpreis zur europäischen Verständigung und der Preis der Leipziger Buchmesse – würden in Kooperation mit Medienpartnern mit digitaler Verlängerung durchgeführt.
Am gestrigen Dienstag um 14 Uhr hat die Leipziger Buchmesse eine Blitzumfrage unter ihren bisher angemeldeten Ausstellern gestartet, einzige Frage: Bleibt Ihr unter den Bedingungen an Bord, auch wenn es erst am 7. Februar mehr Klarheit gibt? Für Zille steht fest: „Es müssen schon sehr viele bei der Stange bleiben, damit für uns das Weiterplanen mit Ausstellern in allen Hallen sinnvoll ist.“ Natürlich spiele auch der Faktor Größe und Gewicht der Aussteller eine Rolle. Von den Verlagsgruppen gebe es – Stand heute – die erfreuliche Bereitschaft, vorerst weiter die eigene Messebeteiligung vorzubereiten.
Und wenn die Landesregierung am 7.2. wieder keine Klarheit schafft? „Dann würde eine Leipziger Buchmesse 2022 aus meiner Sicht doch sehr unwahrscheinlich werden“, räumt Zille ein. Bis dahin aber planen er und sein Team weiter für eine Frühjahrsbuchmesse 2022 – auf der Basis des nicht sicher Vorhersehbaren. Stimmung: kämpferisch.
Fotos:
Oliver Zille
© Martin Jehnichen
Oliver Zille
© Martin Jehnichen
Flagge zeigen: das Team der Leipziger Buchmesse hält zuversichtlich an den Plänen fest
© Monique Wüstenhagen