Bildschirmfoto 2022 02 06 um 23.34.04Anfang eines Artikels aus "Ossietzky" Nr. 3/2022

Rolf Gössner

Neuss (Weltexpresso) - In den Jahren 2018 und 2019 gerieten zwei kurdische Medienunternehmen in die Schlagzeilen. Aber nicht etwa wegen ihres kulturell und politisch interessanten und anspruchsvollen Verlagsprogramms, ihrer Bücher und Musiktitel, sondern wegen polizeilicher Durchsuchungen mit anschließender Beschlagnahme sämtlicher Produkte, Geschäftsunterlagen und Vermögens­werte. Anschließend wurden beide Unternehmen verboten und aufgelöst.

Es handelt sich um die Mezopotamien Verlags GmbH und die MIR Multimedia GmbH, beide mit Sitz in Neuss. Die Verbote verhängte der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Anfang 2019 und stützte sich dabei auf das Vereinsgesetz. Begründung: Die Unternehmen seien »Teilorganisa­tionen« der Arbeiterpartei Kurdistans PKK, die in der Bundesrepublik seit 1993 als »Terroror­ganisation« verboten ist.

Gegen diese wohl einmaligen Verlagsverbote haben beide Firmen Klage beim zuständigen Bundesverwal­tungs­gericht eingereicht, die am 26. Januar 2022 verhandelt wurde (BVerwG 6 A 7.19). Noch am selben Tag stand das Urteil fest: Das Gericht bestätigt das Verbot beider Firmen und folgt damit weitestgehend der Argumentation des Bundesinnenministeriums (BMI). Nach den »feststellbaren Indizien«, so das Gericht, seien sie »vor allem orga­nisatorisch und finanziell, aber auch personell eng mit der PKK verflochten, so dass sie (...) als deren Teil­organisationen anzusehen sind«.

Dem Mezopotamien Verlag komme die Aufgabe zu, »Propagandamaterial« zu vertreiben wie etwa »PKK-nahe Bücher und Zeitschriften sowie PKK-Devotionalien«. Er erhalte monatliche Zuschüsse der PKK-Europaführung und sei dieser rechenschaftspflichtig. Und die Multimedia-Firma MIR, die Künstler vermittelte und Tonträger verkaufte, habe kurdische Großveranstaltungen gesponsert, die die PKK zur »Verbreitung ihrer Ideologien« genutzt habe. Im Übrigen unterstütze sie die PKK mit ihren Geschäftseinnahmen. Nach Überzeugung des Gerichts sei der Geschäftsführer beider Klägerinnen PKK-Funktionär. Allerdings basieren die meisten dieser gerichtlichen Schlussfolgerungen und Verdikte auf bloßen Indizien . . .



Fortsetzung
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oder in "Ossietzky" Nr. 3/2022, S. 80 ff.

„Ossietzky“-Themen-Auswahl der aktuellen Ausgabe 3/2022 v. 5.02.2022:
Hans-Jürgen Nagel Kiewer Roulette
Bernhard Trautvetter Doppelmoral und Kriegsgefahr
Wolfgang Herzberg Schizophrene Außenpolitik
Helmut Ortner Demokratie braucht den Streit
Rolf Gössner Verbot kurdischer Verlage
Manfred Sohn Die Privatisierungswelle brechen
Norman Paech Documenta im Antisemitismus-Gestrüpp
Hermann Theisen Weltrechtsprinzip? Die Causa Ramstein
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Info:
Rolf Gössner: Datenkraken im öffentlichen Dienst
»Laudatio« auf den präventiven Sicherheits- und Überwachungsstaat
Mit Gastbeiträgen von Gerhart Baum, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Heribert Prantl
PapyRossa Verlag, Köln 2021 / Neue Kleine Bibliothek 297 / Paperback, 366 Seiten / 19.90 € /
Bezug über den Verlag: https://shop.papyrossa.de/Goessner-Rolf-Datenkraken-im-oeffentlichen-Dienst