Bildschirmfoto 2022 03 17 um 00.15.20Zu den Leipziger Buchpreisen 

Redaktion

Leipzig (Weltexpresso) - So lange Krieg herrscht, ist es schwierig, für Verständigung zu werben. Aber wann wäre es notwendiger, es zu tun?" Diese Botschaft sandte heute Abend Karl-Markus Gauß in seiner Dankesrede in der Nikolaikirche Leipzig. Kurz zuvor hatte er den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung erhalten. In ihrer Laudatio lobte Daniela Strigl den Preisträger als einen „trittsicheren Wanderer“, der sich bei seinem Gang durch Europa an den Rändern, an den Peripherien orientiere und sich auf dem Boden eines aufgeklärten Humanismus bewege.

Der Preisverleihung war eine vorangegangen. Neben Friedensbotschaften von Oberbürgermeister Burkhard Jung und Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V., wandte sich der ukrainische Autor Juri Andruchowytsch mit einer eindringlichen Mahnung an die deutsche Bevölkerung. "Fürchten Sie sich nicht, seien Sie tapfer gegen diese Gefahr. Das ist hier eine Gefahr für uns alle, das ist eine gemeinsame Gefahr. Es ist die höchste Zeit, nicht mal für die klare europäische Perspektive, sondern für die vollwertige Mitgliedschaft der Ukraine in der EU. Sie brauchen uns, um viel größer, mutiger und stärker zu sein."


Videobotschaft Juri Andruchowytschs im Rahmen der Friedensaktion, 16. März 2021 Preisträger Leipziger Buchpreis für europäische Verständigung 2006

Europa hat sich für die Ukraine heutzutage endlich geöffnet. Jedenfalls an den Grenzen für Flüchtlinge, zumindest das bisher, aber die massenhaften blau-gelben Dekorationen genügen uns nicht mehr. Die totalen Stürme von Begeisterung und Empathie, das betäubende Klatschen im Stehen und die Kundgebungen.

Das ist alles rührend und wunderbar, aber es genügt uns nicht. Bei uns sterben Leute, sterben Kinder, ihre Mütter, Väter, alte Leute und junge Leute. Die friedliche Bevölkerung unseres Landes befindet sich heute im Zentrum der Hölle. Das ist das größte Kriegsverbrechen aller Zeiten und wir sind im Zentrum von diesem Verbrechen. Unser Land stirbt. Seine Städte, Brücken, Gebäude, Flughäfen, Kulturdenkmäler.

Also jetzt ist viel mehr gefordert, als für uns zu beten und zu weinen. Nicht nur Güte und Gastfreundschaft, nicht nur Wärme und unterstützende Worte, sondern auch Ihre furchtlose Tat. ‚Furchtlosigkeit‘ ist das Stichwort. Keine Angst, bitte keine Angst. Fürchten Sie sich nicht, seien Sie tapfer gegen diese Gefahr. Das ist hier eine Gefahr für uns alle, das ist eine gemeinsame Gefahr.

Es ist die höchste Zeit, nicht mal für die klare europäische Perspektive, sondern für die vollwertige Mitgliedschaft der Ukraine in der EU. Sie brauchen uns, um viel größer, mutiger und stärker zu sein.



Die Laudatio zur Preisverleihung hält die österreichische Germanistin, Literaturkritikerin und Essayistin Daniela Strigl.

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