Serie: DIE KRIMIBESTENLISTE im März 2022, Teil 4
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es stockt einem der Atem. Das ist ein Krimi, der spannend ist und Spannung hält, obwohl er kaum Blut und auch nur einenToten braucht, Stattdessen nimmt er es ernst mit den Menschen, die nicht 08-15 Figuren sind, sondern auf Täter- und Ermittlerseite plastisch individuell werden. Hinzu kommt, daß er mit dem zuvor recht unbekannten Wattwandern- sogar mehr, als einem lieb ist - bekannt macht. Er hat nur einen einzigen Fehler!
Über diesen Fehler habe ich mich totgeärgert, er ist aber nicht so sehr dem Autor, sondern eher dem Lektorat und dem Verlag anzulasten: man braucht zum richtigen Lesen einfach die Karte der Gegend, da, wo die Ems, Außenems in einer breiten Bucht in die Nordsee mündet ,mit den vielen Sandbänken und kleinen Dörfern, von denen aus tatsächlich innerhalb von 14 Stunden eine Wattwanderung bis zur Insel Borkum möglich ist. „Nipptide, Wind Ost vier, vielleicht fünf, 1040 hPa. Niedrigwasser 18 Uhr wir gehen“ ,ruft Peter durchs Telefon Aron zu, denn zusammen mit Klaus sind die drei die berühmten Wattwanderer, verehrt und Stars bei ihren Buchvorstellung,en über die sie ihr Wissen weitergegeben. Auf jeden Fall ist dese Wattwanderung, ihr „Everest“, ist nur alle Jubeljahre möglich und genau dieser Jubeltag ist eingetreten.
Der Dritte im Bunde, Klaus, ist im Brotberuf Bademeister in Lübeck, hat also auch berufliche mit Wasser zu tun, hat aber als Asthmatiker damit seine Probleme, nimmt dies also als zu überwindende Herausforderung. Er ist aber die Leiche, die auf der Sandbank gefunden wird an der linken Seite der Bucht, wo sich zudem die Niederlande und Deutschland streiten, wo genau die Grenze verläuft. Es waren der Lehrer Peter und Klaus zusammen losgestiefelt, mit Rucksack, Peilstock (der Holzstock bohrt sich in den Wattsand) und Stangen, sowie einem Netz, in dem sie liegen können, wenn dann doch der Wasserspiegel zu hoch wird und das Netz an den in den Sand gerammten Stangen Schutz bietet. Sie merken, ich habe genau gelesen und könnte jetzt eine Anleitung zur Wattwanderung verfassen. Aber natürlich geht es im Krimi eigentlich um die menschlichen Wanderungen, die die Gefühle der Protagonisten, die sich doch einst hold waren, gegeneinander aufbrachten.
Höchste Zeit, von den Frauen zu sprechen, die von Klaus lernen wir durch seinen Tod am besten kennen, eine handfeste, klare Person, während Peter seine Helen auf dem Wasser verloren hatte, als sie allein mit der Yacht rausfuhr und nie mehr gefunden wurde. Daß sie die Schwester, ja sogar Zwillingsschwester von Maria, der Frau von Aron ist, erfährt man erst später und das gibt dem Gespann eine durchaus emotional zusätzliche Note.
Eigentlich war ja Peter mit dem Toten allein unterwegs und da die holländische Pathologie eindeutig klärt, daß er nicht ertrunken ist, wäre Peter mordverdächtig. Doch sein psychotischer Zustand, in dem er sogar beim Toten sehr unscharf, aber für ihn eindeutige seine verschollene Frau gesichtet hat, ist er vom Holländer schnell als unverdächtig, aber gefährdet eingeschätzt worden. Tatsächlich bewahrt er ih mehrfach vom Tod. Das Besondere am herben und wortkargen Holländer ist, daß er zwar holländisch sprechen kann, aber Deutscher ist und nur auf Grund seiner Sprachkenntnisse kurz von seiner Dienststelle ausgeliehen wird. Er hat sich aber längst in diesen eindeutigen Mord so verbissen, daß er auf eigene Kappe einfach weitermacht und tatsächlich den Mord klären kann.
Ach, daß ich‘s nicht vergesse, auch der Autor ist Holländer. Lange keinen holländischen Krimi gelesen. Das sollte man nutzen.
P.S. Der Ärger über fehlende Karten hat sich verstärkt, als am Schluß sechs leere Seiten auftauchten!?