Serie: DIE KRIMIBESTENLISTE im März 2022, Teil 5
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Vom sechsten auf den dritten Rang ist EINGEÄSCHERT vorgerückt und das kann man auch gut verstehen. Der Krimi liest sich runter wie nichts, ist aber nicht oberflächlich, hat Tiefgang und wäre ein guter Einsteiger für alle diejenigen, die bisher vor Kriminalromanen zurückschrecken, weil sie Mord und Totschlag scheuen und dies im Verbrechermilieu vermuten. Nein, hier geht es um ganz normale Familien in Edinburgh, die allerdings einen sehr speziellen beruflichen Hintergrund haben.
Ich konnte nicht anders, als beim Lesen auch die Mittel des erfolgreichen Schotten, der seinen elften Krimi vorlegt, zur Kenntnis zu nehmen. Ausgangspunkt ist die heimlich und illegale Verbrennung eines Mannes, der ein Beerdigungsinstitut mit einer Detektei verbunden hat, durch seine Angehörigen, weil dies von einem, der alle Beerdigungsriten kannte, der spezieller Wunsch war. Diese Angehörigen sind seine Ehefrau Dorothy, die aus Kalifornien stammt, seine nach gescheiterter Ehe alleinlebende Tochter Jenny und die mutige, aufrechte Hannah, die halt jung und ungestüm auch mal daneben greift, immer aber von ihrer warmherzigen Lebensgefährtin Indy, die im Beerdigungsinstitut arbeitet, aufgefangen wird.
Wie gekonnt Johnstone die Figuren hin und herschiebt, echt wie auf einem Schachbrett, wo zwischendurch dann Schachmatt gerufen wird, es aber auf anderen Wegen weitergeht, ist eine souveräne Leistung. Denn beim Lesen wirkt alles so, als ob es gar nicht anders laufen könnte. Außerdem greift er ein gängiges, weil sinnvolles Mittel auf, in mindestens zwei Strängen die Handlung voranzutreiben. Das eine ist, daß der couragierten siebzigjährigen Schlagzeug- und Yogalehrerin Dorothy bei der Übernahme der Geschäfte ihres Mannes auffällt, daß seit über 10 Jahren monatlich eine ziemlich hohe Überweisung an eine Frau erfolgte, von der weder sie noch jemand anders wußte. Der Name, an den das Geld geht, sagt ihr viel. Es ist der Name eines Mitarbeiters, der vor zehn Jahren verschwand, nie wieder auftauchte und eine schwangere Frau zurückließ, an die also dies Geld geht. Dorothy denkt an eine Affäre und ist eine, die der Sache auf den Grund geht. Und mit durchaus ungewöhnlichen Mitteln wie illegalen Grabungen auf dem Friedhof, um erst einen, dann einen zweiten Sarg zu öffnen und das Geheimnis zu lüften.
Der Hauptstrang, in den dann auch die Polizei eingeschaltet wird, wo mit Thomas ein guter Freund von Dorothy eine hilfreiche Rolle spielt, ist das Verschwinden von Melanie, einer Freundin vom Paar Hannah und Indy, die alle zusammenwohnten und die ebenfalls studiert. Hannah übernimmt den Fall und so war das gemeint, wie gut der Autor alles durch das Setting vorbereitet hatte, das gehört einfach zur Arbeit einer Detektei– Hannah spricht lieber von Ermittlerin – auch wenn Hannah ja Studentin ist, der familiäre Hintergrund gibt ihr Erfahrung und Chupze dazu. Sie mischt kräftig auf. Und als tatsächlich Melanie ermordet aufgefunden wird, gibt es kein Halten. Sie ist schneller und effektiver als die Polizei. Erstes Opfer ist der akademische Lehrer der beiden, der mit Melanie ein Verhältnis hatte, die übrigens schwanger war.
Doch am meisten haben wir mit Jenny zu tun, die noch immer nicht ihre Scheidung von Craig verkraftet hat, die er wegen der neuen Frau und dem gemeinsamen Kind verlangte. Außerdem lebte Jenny mit Absicht woanders, aber ihr wurde gekündigt und da ihre Mutter nun den gesamten Betrieb übernehmen muß, kommt sie nach Hause zurück macht sie mit. Sie ist diejenige, die unaufhörlich neue Tatbestände ermittelt und der wir bei der neu übernommenen Detektivarbeit zuschauen. Sehr interessant!
Unmöglich, die ganzen Verwicklungen aufzuzeigen. Beide Stränge laufen, natürlich, so gehört es sich auch, am Ende zusammen, beide werden bewältigt und führen zu Ergebnissen. Und man kann es nicht anders sagen, der überführte Mörder kommt für den Leser durchaus überraschend, aber ist nach kurzem Überlegen stimmig!