Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Daß dieser Schundroman erscheinen wird, kündigen die Autoren auf Seite 319 an: „Und ein Verlag will das wirklich veröffentlichen?“ - „Das Angebot ist von Doris Janhsen persönlich. Es wird ein Spitzentitel bei Droemer.“ Übrigens mit dem Vorschuß von 1, 2 Millionen Euro! Es handelt sich wirklich um die Verlegerin von Droemer Knaur und wir wissen über Sie nur, daß sie im vorigen Jahr 60 wurde. Und Schundroman schreiben wir, weil Bodo Kirchhoff unter diesem Titel den seinen schon 2002 veröffentlichte. Die Wirklichkeit und die Satire sitzen also in einem Boot.
Und wie es kommt und wie es verläuft, wenn Krimibestsellerautor Sebastian Fitzek und der Unterhalter Micky Beisenherz zusammen einen Thriller schreiben, erläutert der Psychothriller Fitzek im Vorwort, wo er betont, daß sich dieses Buch von seinen sonstigen Bestsellern unterscheidet. ...“Das Figurenensemble fällt doch etwas aus dem Rahmen, insbesondere ‚der Held‘ dieser Geschichte: David Dolla hat nicht nur einen komischen Namen, er ist – wie wir finden – auch ein witziger Zeitgenosse, der uns beim Schreiben sehr oft zum Lachen gebracht hat. Wobei wir hoffen, daß es Ihnen beim Lesen hin und wieder ähnlich ergehen wird.“
Stimmt. „Hin und wieder“ mußten wir lachen, manchmal gequält, manchmal von Herzen. Aber unheimlich wurde uns die 333 Seiten hindurch, daß wir beim Lesen von David Dolla immer das Gesicht von Sebastian Fitzek vor Augen hatten, so etwas verschmitzt, guter Laune auch, einfach ein netter Zurechtkommer, der seine soziale Ader hat und vor allem eines kann, woran die Welt krankt: seinen Lebensmenschen lieben. Sie heißt Isolde, ist seine beinahe beste Verlobte der Welt und macht es ihm tatsächlich nicht leicht. Davon nachher mehr.
Denn die eigentliche Geschichte in der Geschichte in der Geschichte geht so. David Dolla ist Literaturagent und wir lernen ihn bei der Psychobetreuung eines seiner Autoren kennen: „Engin war einer meiner Hotsohots. Vier Romane in drei Jahren. Alle auf Platz eins der SPIEGEL- Liste. Dreiunddreißig Auslandslizenzen. Bestseller in acht Ländern, drei goldene Schallplatten für die Hörbücher, ein Theaterstück und zwei Verfilmungen in Planung.“ Also eigentlich so ein Fitzek, aber nein, den sehe ich bleibend im Dolla, der bei allem, was ihm noch blüht, doch die Nerven behält und sein Leben auch.
Die Nachrichten bringen gerade das Neueste zum Entführungsfall der siebenjährigen Pia: Ein Patient der Schlachtensee-Klinink, der sich selbst eingeliefert hatte, hätte die Tat gestanden, Pia sei noch am Leben und es gäbe nur eine Person, mit der er darüber reden wollte: David Dolla. Und als dieser den Insassen besucht, will der mit ihm einen Deal machen: Er läßt Pia frei, wenn er für seinen Roman über die Entführung, den er schreiben will, eine Million Vorschuß von Dolla, bzw. einem Verlag, den Dolla motiviert, erhält.
Und jetzt geht es los, aber nein, nicht stringent, sondern mit vielen Nebengeschichten, die sich am Schluß – wie es sich gehört – alle in einer Geschichte zusammenfinden. Auf dem Weg dahin lernen wir die Dolla zuvor unbekannte Familie von Isolde kennen, die, das kommt später sogar Pias Kindermädchen war, die Familie also gut kennt und diese sie. Zwei Brüder hat Pia, da kommt man leicht durcheinander, mit dem Vater nicht. Der abscheulichste Patriarch, der sich denken läßt, was man schon daran erkennt, daß er eine Patientenverfügung aus der Tasche zieht, die seine Tochter Isolde, die aufgrund eines Überfalls und Schlag in den Bauch der gerade Schwangeren schwer verletzt in der Klinik liegt, ins Sterben schickt, also auf lebenserhaltende Maßnahmen ausdrücklich verzichtet, was aber der Verlobte mit einem vom Nobelanwalt gefälschten Generalvollmacht erwidert, der alles tun will, damit die ins künstliche Koma Versetzte, überlebt.
Das ist das private Drama von Dolla und wir werden die Handlung über Zeuge, wie nach und nach das Private politisch wird, wie also Isolde mit der Entführung von Pia zusammenhängt und noch sehr viel mehr. Das gerät ausgesprochen um viele Ecken herum, mit einem finalen Kurzschluß. Doch ist die Handlung nur das eine, die beiden Autoren wollen ja einen witzigen Roman schreiben und man kann nicht sagen, daß das völlig schief geht. Sowohl die Kommentare zum Geschehen und den Personen wie auch die vielen Anspielungen auf Bekannte und dann wieder auch Unbekannte halten die Leser ja bei der Stange. Wobei ich etliche benannte oder angedeuteten Leute nicht kannte und dann bei mir bekannten Namen, doch eher von früher, mich fragte, ob eine junge Generation die überhaupt kennt.
Aber das kann ich nicht entscheiden, muß es auch nicht. Es bleibt wie es ist: der Renner ist dieses Buch nicht, aber sicher für ganz viele ein lustiger Zeitvertreib.
Foto:
Cover
Info:
Sebastian Fitzek, Micky Beisenherz, Schreib oder stirb, Droemer Verlag 2022
ISBN 3426282739
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Info:
Sebastian Fitzek, Micky Beisenherz, Schreib oder stirb, Droemer Verlag 2022
ISBN 3426282739