Bildschirmfoto 2022 10 04 um 02.44.15Der vierte Fall für Jackson Lamb bei Diogenes

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Da laust mich doch der Affe! Wie kann das passieren? Kann man alles auf Corona schieben? Worum es geht? Daß ich am 12. Dezember 2020 eine richtig begeisterte Besprechung über den dritten Teil der Serie REAL TIGERS über die abgehalfterten Geheimdienstler von Slough House veröffentlicht hatte, nachdem ich am 8. Oktober 2018 die über den zweiten Teil DEAD LIONS auch schon mit freudigem Herzen...

Und dann verpasse ich das Erscheinen von SPOOK STREET, kümmere mich drum, lese, will jetzt meine Eindrücke zusammenfassen und muß zur Kenntnis nehmen, daß der nächste Band schon im August erschienen ist: LONDON RULES. Kommt also auch noch, aber jetzt der Reihe nach. Eine Serie, deren unheldischster Held der Geschichte Jackson Lamb heißt, Chef dieser Versagertruppe, die Sie sich im Überblick am besten auf Seite 129 vergegenwärtigen. Da nennt nämlich der Autor sie alle auf einen Fleck, die Abservierten aus dem M15, in dem er einfach schreibt: „Im Slow House waren noch immer alle in River Cartwrights Büro versammelt, das jetzt wohl das Büro von J.K. Coe war...“ Und dann ist die Rede von Moira, Shirley, Marcus, Ho..und das sind noch nicht alle, die im Detail zu beschreiben, die Zeit fehlt, denn sie haben alle einen Hau, meist auf die sympathische Art, während Chef Jackson Lamb derart grobkörnig, derart verkommen, ja geradezu widerlich geschildert ist, im Aussehen, erst recht im Verhalten, aber, ein großes Aber, er ist ein genialer Ermittler. Und das beweist er auch hier wieder.

Und er ist dann wirklich der, der 1+2 so zusammenzählen kann, daß 12 herauskommt, was richtig ist. Es beginnt ganz harmlos. Da gibt es den alten Cartwright, sehr alt, der einst die Nummer 2 des inländischen Geheimdienstes war, auch jetzt noch eine wichtige Figur aufgrund seines Wissens, das aber ist genau das Problem, denn er verliert gerade Stück für Stück sein Gedächtnis. Aber, verachtet mir die Alten nicht! Denn als es darauf ankommt und sein Enkel River, das ist der vom Slow House, bei ihm vor der Tür steht, ihn drängt ein Bad zu nehmen, erschießt er ihn vorsorglich erst einmal. Echt. Großer Aufruhr. Und als Jackson Lamb eintrifft, identifiziert er ihn als seinen Mitarbeiter. Der Leser, der in jedem Roman einen Schwund verarbeiten muß, Geheimdienstler, auch ausgemusterte, leben gefährlich und lassen ihr Leben, aber doch nicht so! Und richtig, man atmet auf, als sich das Komplott andeutet. Der echte River kam kurz nach dem Schuß, sieht einen Mann, der ihm ähnlich sieht, findet bei ihm eine Fahrkarte nach Frankreich, eine Quittung aus einem kleinen Ort und macht sich auf den Weg, während alle um ihn trauern.

Was er dort findet, ist ein Alptraum, den man hier nicht vollständig erzählen darf. Nur das eine, der alte Cartwright hatte einst dort mit Männern zu tun, die eine neue Welt aufbauen wollten und dazu kleine Kinder in der richtigen Weise erziehen wollten....

Diesmal hat Herron zu Beginn mit der Beschreibung von Jacksons Chaostruppe und vor allem mit dem Chef selber etwas übertrieben und für mich dauerte es etwas, bis mich das alte vertraute Lesegefühl überkam, das mit einem Schlag eintrat, als diese verwickelte Geschichte ihre ganze Dynamik entfaltete. Wirklich genial ausgedacht und dann mit aller Konsequenz und den versammelten Fähigkeiten der Abservierten gelöst. Doch, man darf sich auf den nächsten freuen. Demnächst in unserem Besprechungstheater.

Foto:

Info:

Mick Herron, Spook Street. Ein Fall für Jackson Lamb, Diogenes Verlag 2021

ISBN 978 3 257 24659 9

https://weltexpresso.de/index.php/buecher/14098-noch-tom-franklin-neu-mick-herron-dick-dabei-jo-nesbo_544_544_544

https://weltexpresso.de/index.php/buecher/20733-real-tigers-von-mick-herron-von-diogenes-auf-platz-4_544_544