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Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das zieht sich durch die Geschichte der Völker, welche Strafen der jeweiligen Sprache auferlegt werden, wenn ihre Sprecher kriegerische Auseinandersetzungen verlieren. Aber die Situation in der Ukraine ist eine ganz besondere, die beiden dort gesprochenen Sprachen, Russisch und Ukrainisch, unterteilen sich durch den russischen Überfall, durch den der Ukraine aufgezwungenen Krieg, in gut und böse und die Frage, welche Sprache die richtige ist!
Richtig? Eine Sprache? Gibt es eine falsche? Eigentlich gilt ja als eines der wichtigsten Freiheitsrechte, daß Menschen in demokratisch verfaßten Staaten ihre angestammte Muttersprache sprechen dürfen, in ihr lesen dürfen, durch sie in Schulen unterrichtet werden, völlig unabhängig davon, was die Amtssprache des Landes ist. Nein, nicht jeder, der aus dem Ausland kommt, kann dies für sich individuell einfordern, aber die Inländer, die seit jeher hier gelebt und gesprochen haben, haben verbriefte Rechte auf ihre Sprache, die also auch immer die richtige ist. So nimmt es nicht wunder, daß die nachfaschistische neue Ministerpräsidentin Italiens, Meloni, noch vor ihrer Amtseinführung das Recht der Südtiroler auf Deutsch als Schul- und Amtssprache in Frage stellte, was dort sofort vermerkt wurde und mit dem Hinweis auf den Schutz durch die Verfassung vorerst abgeschmettert wurde.
Aber die Situation in der Ukraine ist eine völlig andere. Da haben bisher das Russische und das Ukrainische, die zwar verwandt, aber nicht gegenseitig zu verstehen sind, in Koexistenz gelebt. Der gegenwärtige Präsident ist russischsprachig, war es, muß man sagen, weil er spätestens seit dem 24. Februar, dem Angriff Rußlands auf die Ukraine, sich nur noch auf Ukrainisch äußert. Das kann man als politisches Statement verstehen. Aber heißt das im Umkehrschluß, daß mit dem verbrecherischen russischen Überfall auch die russische Sprache verdorben ist, verschmäht, ausradiert werden soll?
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Natürlich ging es erst einmal um die Überlebenssituation in der Ukraine und Hilfen aus dem Westen, wo Gaponenko betonte, daß jede Geste zähle. Über jede Kleinigkeit freue man sich, jeder und jedes ist willkommen und natürlich Spendengelder. Es entwickelte sich eine seltsame Diskussion, denn auf dem Hintergrund, daß sonst die eigene Muttersprache verteidigt werden muß, was politisch ja die Normalsituation ist, wenn Sprachen verboten und geschmäht werden, machte sich Marjana Gaponenko stark dafür, das Russische zu eliminieren, als Sprache des Feindes ist auch die Sprache also eine feindliche Sprache geworden. Sie auf jeden Fall hat das Ukrainische gelernt, es ist die Sprache “meines Herzens”. Das ist ihr völlig unbenommen, aber nicht mehr Russisch zu sprechen, kann, besser: sollte nicht zum Gebot erhoben werden. Die Sprache ist nie Schuld an etwas, es sind die in ihr Sprechenden. Nina George hatte es schwer, in dieser Frage eine gemeinsame Basis zu schaffen, die in anderen Dingen zwischen allen dreien leicht herzustellen war.
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