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Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nein, diesen Kriminalroman einer Finnin, die in Island wohnt, wo auch die Handlung spielt, der aber auf Finnisch geschrieben ist, konnte Leonie Kramer in WOLLWUT noch nicht nutzen, er kam erst jetzt heraus und belegt ihre These mit der Wolle und Island in einem Ausmaß, daß man glauben könnte, die beiden hätten sich abgesprochen.
Hier ist es nämlich der finnische Praktikant Jakob, der nach den Blessuren mit seiner norwegischen Exfrau nicht verwinden kann, wie sie ihm mit Hilfe der Behörden das gemeinsame Kind entzieht. Und er fällt jedesmal darauf hinein, wenn sie am Telefon die kleinen Spitzen losläßt, die ihn zum Wahnsinn treiben und Sachen äußern läßt, die ihr gelegen kommen, denn sie hat heimlich alles aufgezeichnet, ihn ausgetrickst. Übel. Da hilft nicht nur Abwesenheit, sondern vor allem das Stricken mit isländischer Wolle, die tollsten Muster gelingen ihm und die isländischen Kollegen staunen, wenn er in der Konferenz die Nadeln klappern läßt. Aber noch hat es ihm keiner verboten. Doch das sind Nebengeschichten.
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Die Suchmannschaften, d.h. deren Hunde fanden die Spuren bis zum Tunneleingang, dann waren sie weg. Diesen Stachel im Fleisch der Kriminalbeamtin Hildur, die derzeit in der Abteilung für vermißte Kinder in den Westfjorden arbeitet, spürt man selber. Doch ist es ein Cold Case. Im Gegensatz zum jüngsten, besorgniserregenden Vorfall.
Es gab einen furchtbaren Lawinenabgang, der ganze Häuser unter sich begrub, weshalb die Suchmannschaft nach Überlebenden forscht, wieder Hunde einsetzt, etc. Doch dann wird ein Toter gefunden, der nicht Opfer des Schnees ist, sondern dem die Kehle durchgeschnitten wurde. Und das hier, wo wenig Menschen leben, die pfleglich miteinander umgehen. Hier heißt in Ísafjörður (im Fotol links), Ögurvik, Hnífsdalur, (im Foto rechts), u.a., die Ecke im Nordosten Islands, kaum bevölkert, wo jeder jeden kennt. Darum kennt Hildur auch den Toten, von dem sich keiner vorstellen kann, wer ihn hätte ermorden wollen.
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Während man zu Beginn noch etwas leidenschaftslos der Geschichte folgt, gelingt es der Autorin, einen solchen Schwung in die Aktivitäten ihrer Kommissarin zu gießen, daß man verblüfft registriert, daß einen das Geschehen, das erst fern und dazu eisig kalt war, keine Ruhe läßt und zur eigenen Sache wird. Jetzt will man auch wissen, wie das damals war, ganz genau.
Doch, das ist ein richtig guter Krimi aus Island, von einer finnische Autorin, die als Strickseligen den finnische Jakob mithineinverwurschtelt, der aber in der Tat für Hildur eine große Hilfe ist.
Nachdem Leonie Kramer in WOLLWUT so viele nordische Krimiautoren mit ihren Büchern genannt hat, was mir gut gefallen hat, ist es doch sehr ungewöhnlich, konnte sie HILDUR noch nicht kennen. Aber der Islandwolle verstrickende Jakob ist einfach eine Steilvorlage. Schauen wir mal im dritten Band der Wollfrauen aus Bayern, ob sie den Ball aufnimmt.
P.S. Dies ist der erste Band der angekündigten Trilogie. Man darf gespannt sein.
Und ein Sonderlob für die Karte in der Umschlagseite. Das ist etwas, das in die meisten Krimis gehört, nämlich einen Überblick überr die erwähnten Orte, die Landschaft etc.
Foto:
Umschlagabbildungen
Info:
Satu Rämö, Hildur. Die Spur im Fjord, Wilhelm Heyne Verlag, Oktober 2023
ISBN 978 3 453 42817 1