hildurWenn Stricken mit isländischer Wolle die Morde besser aufklären hilft, Teil 2/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nein, diesen Kriminalroman einer Finnin, die in Island wohnt, wo auch die Handlung spielt, der aber auf Finnisch geschrieben ist, konnte Leonie Kramer in WOLLWUT noch nicht nutzen, er kam erst jetzt heraus und belegt ihre These mit der Wolle und Island in einem Ausmaß, daß man glauben könnte, die beiden hätten sich abgesprochen.

Hier ist es nämlich der finnische Praktikant Jakob, der nach den Blessuren mit seiner norwegischen Exfrau nicht verwinden kann, wie sie ihm mit Hilfe der Behörden das gemeinsame Kind entzieht. Und er fällt jedesmal darauf hinein, wenn sie am Telefon die kleinen Spitzen losläßt, die ihn zum Wahnsinn treiben und Sachen äußern läßt, die ihr gelegen kommen, denn sie hat heimlich alles aufgezeichnet, ihn ausgetrickst. Übel. Da hilft nicht nur Abwesenheit, sondern vor allem das Stricken mit isländischer Wolle, die tollsten Muster gelingen ihm und die isländischen Kollegen staunen, wenn er in der Konferenz die Nadeln klappern läßt. Aber noch hat es ihm keiner verboten. Doch das sind Nebengeschichten.

Bildschirmfoto 2023 12 11 um 20.11.04Die Hauptgeschichte geht um die Titelheldin HILDUR und -nicht sofort, dann aber gewaltig – entsteht ein Lesesog, der es in sich hat. Das ist ein richtig guter Krimi, der in einem viele Themen verarbeitet und sich langsam, aber stetig an das Verschüttete wagt: Vor 25 Jahren verschwanden die beiden kleinen Schwestern von Hildur spurlos. Es gab Schnee, die beiden hatten den Schulbus verpaßt und dachten, bei dem naßen Wetter sei es doch eine gute Idee, durch den schon fertiggestellten, aber noch nicht eröffneten Tunnel nach Hause zu laufen, wo sie nie ankamen.
Die Suchmannschaften, d.h. deren Hunde fanden die Spuren bis zum Tunneleingang, dann waren sie weg. Diesen Stachel im Fleisch der Kriminalbeamtin Hildur, die derzeit in der Abteilung für vermißte Kinder in den Westfjorden arbeitet, spürt man selber. Doch ist es ein Cold Case. Im Gegensatz zum jüngsten, besorgniserregenden Vorfall.

Es gab einen furchtbaren Lawinenabgang, der ganze Häuser unter sich begrub, weshalb die Suchmannschaft nach Überlebenden forscht, wieder Hunde einsetzt, etc. Doch dann wird ein Toter gefunden, der nicht Opfer des Schnees ist, sondern dem die Kehle durchgeschnitten wurde. Und das hier, wo wenig Menschen leben, die pfleglich miteinander umgehen. Hier heißt in Ísafjörður (im Fotol links), Ögurvik, Hnífsdalur, (im Foto rechts),  u.a., die Ecke im Nordosten Islands, kaum bevölkert, wo jeder jeden kennt. Darum kennt Hildur auch den Toten, von dem sich keiner vorstellen kann, wer ihn hätte ermorden wollen.


Bildschirmfoto 2023 12 11 um 20.11.58Doch bleibt er nicht der einzige. Ja, hilf Himmel, gibt es hier einen Serientäter. Während die anderen das abstreiten, kommen sich Hildur und Jakob dienstlich näher und er unterstützt sie in einem Kampf, der von einem bestimmten Moment an, auch die beiden Schwestern miteinschließt.

Während man zu Beginn noch etwas leidenschaftslos der Geschichte folgt, gelingt es der Autorin, einen solchen Schwung in die Aktivitäten ihrer Kommissarin zu gießen, daß man verblüfft registriert, daß einen das Geschehen, das erst fern und dazu eisig kalt war, keine Ruhe läßt und zur eigenen Sache wird. Jetzt will man auch wissen, wie das damals war, ganz genau.

Doch, das ist ein richtig guter Krimi aus Island, von einer finnische Autorin, die als Strickseligen den finnische Jakob mithineinverwurschtelt, der aber in der Tat für Hildur eine große Hilfe ist.

Nachdem Leonie Kramer in WOLLWUT so viele nordische Krimiautoren mit ihren Büchern genannt hat, was mir gut gefallen hat, ist es doch sehr ungewöhnlich, konnte sie HILDUR noch nicht kennen. Aber der Islandwolle verstrickende Jakob ist einfach eine Steilvorlage. Schauen wir mal im dritten Band der Wollfrauen aus Bayern, ob sie den Ball aufnimmt.

P.S. Dies ist der erste Band der angekündigten Trilogie. Man darf gespannt sein.
Und ein Sonderlob für die Karte in der Umschlagseite. Das ist etwas, das in die meisten Krimis gehört, nämlich einen Überblick überr die erwähnten Orte, die Landschaft etc. 

Foto:
Umschlagabbildungen

Info:
Satu Rämö, Hildur. Die Spur im Fjord, Wilhelm Heyne Verlag, Oktober 2023
ISBN 978 3 453 42817 1