M. W. Craven mischt die Krimiszene ganz schön auf. Droemer Verlages
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nein, DER BOTANIKER vom britischen Krimischriftsteller Craven war an uns 2023 vorbeigegangen, dabei ist er der erste Krimi, in dem das wirklich ungewöhnliche Ermittlerpaar DS Washington Poe und die brillante Analytikerin und sozial zu direkte, darum trampelige Tilly Bradshaw, der die Herzen zufliegen, auftreten. Aber bei DER ZÖGLING waren wir schon vorbei und das hat uns so gefesselt, daß wir uns sehr gerne auf DER GOURMET einließen.
Der Schauplatz ist immer derselbe, die uns unbekannte englische Grafschaft Cumbria, wo der Detective Sergeant Washington Poe zu Hause ist, weswegen er auch sofort dorthin beordert wird, als rätselhafte Morde an älteren Männern geschehen, die immer im Umkreis von Steinkreisen aufgefunden werden, die originalen Steinkreise stammen aus der Bronzezeit, aber gerade in Cumbria wurden im 18. Jahrhundert solche Steinkreise auch nachgebaut. Wir waren nicht ganz genau, denn zwar wird Poe hinbeordert, aber nicht nur, weil er dort zu Hause ist, sondern weil beim dritten Fall sein Name auf der Brust des Toten prangt. Das ist wirklich intelligent konstruiert, was als Hintergrund nach und nach sichtbar wird und steht zudem in einer Tradition des englischen Krimis, der seit jeher soziale Mißstände entlarvt, hier ist es ein Kinderheim, in dem die Waisen und abgeschobenen Knaben gequält wurden, mit Folgen für ihr ganzes Leben. Das geht wirklich unter die Haut und ist sehr spannend geschrieben, auch wenn wir die Lösung: den Täter durch eine einzige Bemerkung in der Mitte des Buches nicht nur ahnten, sondern wußten.
Mit guten Gefühlen kam also DER GOURMET dran und auch hier muß man sagen: alle Achtung! Denn neben dem interessanten Sujet und der spannend erzählten Geschichte, ist uns hier noch etwas aufgefallen, was auch für den vorangegangenen Krimi galt. Man lernt sehr viel. Waren es bei den Steinkreisen sowohl die historischen Bezüge wie die schlimmsten Verhältnisse in Waisenhäusern und Kinderheimen, so sind es diesmal Feinheiten der Gourmetküche und alles, was mit Blutanalyse zu tun hat.
Poe hatte vor über sechs Jahren den Spitzenkoch, ja charismatischen Sterne-Koch Jared Keaton in Cumbria überführen können, dessen eigene Tochter Elizabeth umgebracht zu haben, weshalb er im Gefängnis sitzt. Problem, die Leiche der Tochter wurde nie aufgefunden, was jetzt wichtig wird, weil eine junge Frau auftaucht, die behauptet, diese Elizabeth zu sein und ihr tatsächlich ähnlich sieht. Daß sie es wirklich ist, wird durch eine anschließende Blutanalyse nachgewiesen. Aber weitere Untersuchungen, z.B. Fingerabdrücke können nicht durchgeführt werden, weil die dünne, sehr lädierte junge Frau nach einem Tag verschwunden ist.
Eine Herausforderung für Washington Poe, zudem im Weiteren durch Intrigen auch innerhalb der Polizeihierarchie auf einmal Poe des Mordes an der jungen verschollenen Frau verdächtig wird. Daran hat vor allem der Widersacher, der Sternekoch Keaton Interesse, denn der wird nun, da die angeblich Ermordete ja aufgetaucht war und durch eine Blutanalyse als seine Tochter identifiziert wurde, aus dem Gefängnis entlassen und will Poe ans Messer liefern.
Poe glaubt nicht an das Wiederauftauchen der Tochter und der einzige Anhaltspunkt ist das Blut, das identisch sein soll. Da ist nun auch Tilly Bradshaw in ihrem Element, die in den Datenbanken alles zu möglichen Blutfälschungen herausfindet, sogar einen Fall in den USA, der dann auch für Poe Anhaltspunkte liefert, wie das gelaufen ist, mit dem Blut. Klar ist, daß dies nicht ohne Mithilfe von Personen aus dem Polizeiapparat geschehen konnte.
Wichtig ist auch, daß im Gefängnis vor einiger Zeit Zweierlei passiert war. Keaton war im Gefängnis durch einen Messerstich verletzt und auf die Krankenstation gebracht worden, ohne daß dies in seiner Akte stand. Er war mit einem anderen Gefangenen zusammengelegt worden, über dessen Umfeld Poe an die Lösung dieses ungewöhnlichen Falles kommt, wie gesagt ungewöhnlich, aber überhaupt nicht unwahrscheinlich. Denn dies zeichnet die Krimis von M.W. Craven aus: sehr einfallsreich, sehr sophisticated, spannend geschrieben, auch witzig und das, was Engländer seit jeher auszeichnet: eine Menge von Originalen in ihrer Mitte zu haben, die
nicht als Sonderlinge abgestempelt werden, sondern das Leben bunter machen.
Foto:
Umschlagabbildung
Info:
M.W. Craven, Der Zögling, vollständig überarbeitete Neuausgabe November 2024, schon 2018 unter dem titel Flammen der Vergeltung erschienen, Droemer Verlag
ISNB 978 3 426 65997 7
M.W. Craven, Der Gourmet, Deutsche Erstausgabe Februar 2025, Droemer Verlag
ISNB 978 3 426 28454 4