Çetin Gültekin Mutlu Koçak Yağmur Ekim Çay Copyright Stadt Frankfurt am Main Foto Michael BraunschaedelÇetin Gültekin stellt im Literaturhaus das Buch über seinen in Hanau ermordeten Bruder vor

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Çetin Gültekin hat ein Buch über seinen in Hanau ermordeten Bruder Gökhan Gültekin geschrieben: „Geboren, aufgewachsen und ermordet in Deutschland: Das zu kurze Leben meines Bruders“. Gökhan Gültekin wurde nur 37 Jahre alt. Am 19. Februar 2020 hatte ein Rassist in Hanau ihn sowie acht weitere Menschen ermordet. Am Dienstag, 1. April, hat Çetin Gültekin gemeinsam mit seinem Co-Autor Mutlu Koçak im Literaturhaus aus dem Buch vorgelesen.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Auch wenn der Mensch tot ist“, sagte Gültekin vor 70 Besucherinnen und Besuchern. Jedoch habe es nach dem Anschlag von Hanau weder politische noch juristische, nicht einmal personelle Konsequenzen gegeben. „Aber wir wollen zumindest gesellschaftliche Konsequenzen.“ Mit Hinweis auf die Wahlerfolge für die AfD und wachsendem Rechtsextremismus fragte Gültekin: „Was machen wir falsch? Was können wir noch machen?“ Koçak wies darauf hin, dass Gökhan Gültekin am Tag vor der Lesung 43 Jahre alt geworden wäre.

In der anschließenden Diskussionsrunde dankte Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg Çetin Gültekin für sein Engagement. „Sie geben den Opfern ein Gesicht. Und geben uns als Gesellschaft den Auftrag, nicht zu vergessen und nicht zu vergeben. Ich danke Ihnen, dass Sie uns ermahnen, trotz all des Widerstandes.“ Sie konzentriere sich in ihrer politischen Arbeit auf die 80 Prozent der Menschen, die keine rassistischen Parteien wählen. „Mein Problem ist das Schweigen der Mehrheit. Ich möchte gerne, dass wir in den nächsten Jahren aktiver, kreativer unsere Demokratie verteidigen.“

Die Lesung und Diskussion fand während der Wochen gegen Rassismus statt. Organisiert hatte sie die Stabsstelle Antidiskriminierung im Diversitätsdezernat von Bürgermeisterin Eskandari-Grünberg.
Mit insgesamt 20 Veranstaltungen beteiligen sich Initiativen und Vereine aus Frankfurt an den Internationalen Wochen gegen Rassismus. Unter anderem gibt es Workshops, Lesungen, Filmvorführungen, eine Comedy-Show und mehrere interreligöse Fastenbrechen. Die Projekte werden vom Diversitätsdezernat mit bis zu 4000 Euro gefördert. Mehr Informationen gibt es unter frankfurt.de.

Das Buch „Geboren, aufgewachsen und ermordet in Deutschland: Das zu kurze Leben meines Bruders“ von Çetin Gültekin und Mutlu Koçak ist 2024 im Heyne-Verlag erschienen.

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(v.l.) Çetin Gültekin und Mutlu Koçak stellten das Buch „Geboren, aufgewachsen und ermordet in Deutschland: Das zu kurze Leben meines Bruders“ im Literaturhaus vor. Die Lesung moderierte Yağmur Ekim Çay, Copyright: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Michael Braunschädel