

Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Er schreibt sich ein, Constantin Schreiber, der den Lesern seit Ende 2021 als Sprecher der Tagesschau sozusagen persönlich bekannt ist. Er schreibt sich ein in ägyptische Geschichte als Ausgangspunkt für Kriminalfälle im Ägypten von heute. Deshalb gefällt mir der zweite Band um die Kommissarin Theodora Costanda aus Alexandria auch noch besser als sein Erstling, was in der Konsequenz bedeutet, daß ich sicher den dritten sofort lesen und besprechen werde!
Damit wäre es eigentlich genug der Besprechung, denn im Kern geht es ja bei Rezensionen eben auch darum, ob derjenige, diejenige, die darüber schreiben, die Empfehlung weitergeben: Es lohnt oder auch: Lassen Sie es lieber. Da es aber um Ägypten, um Geschichte und eine vergangene Kultur geht, die bis heute virulent ist, in Romanen und vor allem in Filmen ständig Thema ist, ist man als Leserin und Rezensentin schnell inhaltlich involviert und nimmt den Krimi eben auch als Anlaß, sein eigenes Wissen zu überprüfen und aufzufrischen. Und da, lieber Constantin Schreiber, darf es ruhig ein bißchen mehr sein. Darauf kommen wir zurück.
Erst einmal geht es um die sich Theo nennende Theodora Costanda, die es schwer hat sich als Kommissarin in dem Männerland Ägypten und dem Männerberuf als Polizistin, noch dazu Mordkommission, durchzusetzen. Im letzten Herbst hatte sie in KLEOPATRAS GRAB trotz heftiger Männerbünde und entsprechenden Verschwörungen durch konsequente Polizeiarbeit sogar den mächtigen Geheimbund zu Fall gebracht. Allerdings nicht alleine. Denn ihr wurde ein junger Spund zugeordnet, der von polizeilichem Tuten und Blasen wenig Ahnung hatte, dann sogar als Spion auf sie angesetzt wurde. Aber Fadi al-Sawi läßt das auf Dauer nicht mit sich machen, er bewundert die taffe Theo und nach und nach bilden sie die Einheit gegen die anderen, die Vorgesetzten, die andere Interessen haben als die reine Mordaufklärung. Und in ECHNATONS FLUCH merkt Theo zwischendrinnen, dass sie für Fadi Gefühle entwickelt. Da ahnen wir für den dritten Band….
In diesem zweiten Band gelingt es Schreiber ausgezeichnet, den historische besonders interessanten Echnaton mit einem Phänomen heutiger Zeit zu verbinden. Der sich Echnaton nennende Amenophis IV. hatte mit seinem neuen Namen die ägyptische Vielgötterei auf einen einzigen Gott, eben Aton, reduziert, eine kulturgeschichtliche Großtat, solch ein Monotheismus, der aber für die Ägypter zu früh kam. Aber für Heutige bleibt Echnaton der interessanteste Pharao. Kein Wunder, dass nicht nur der Tourismus sich darauf stürzt, sondern um Echnaton Kulte entstehen, die Menschen auf der Suche nach Halt und Gewißheit besonders ansprechen.
Nein, solche Gruppen suchte Theo nicht, aber sie traf zufällig auf eine gelbgewandete, ihr merkwürdig erscheinende Schar, als sie auf dem Markt in dem Dörfchen mitten in der Wüste sich umtat, um ihrem dortigen Yoga-Retreat zu entkommen, auf das sie sich leider eingelassen hatte, weil ihre letzte Mordaufklärung zwar erfolgreich war, sie aber gerade deshalb auf’s Abstellgleis geschoben wurde, weshalb sie sich kurzfristig zwecks Regeneration beurlauben ließ.
Als sie dann auch noch von einer jungen Frau um Hilfe angesprochen wird, die aber schnell von den anderen Gruppenmitgliedern eingefangen wird, ist ihr klar, dass es sich um eine dieser Sekten handelt, die ihre Mitglieder auf vielseitige Weise bindet. Sie hört sich um, erfährt, dass deren Anführer ein Amerikaner ist, der alle auf Echnaton einschwört, dessen Grab sich in der Nähe, in Tell el-Amarna befindet. Das will sie besuchen und als sie dort Blutspuren findet, weiß sie, hier läuft etwas, was sie aufklären muß. Und tatsächlich wird sie die Blutspuren auf diese Sekte zurückführen können.
Daß sie über die Hintergründe etwas herausfindet, verdankt sie Fadi, der im offiziellen Polizeicomputer recherchiert und ihr Ausdrucke schickt. Das hat allerdings zur Folge, dass sein Herumstochern in den Archiven von seinem Chef als Spionage gewertet und er kurzfristig suspendiert wird. Jetzt hat er Zeit und eilt in die Wüste, um Theo zu unterstützen. Daß er allerdings sich direkt in die Höhle des Löwen stürzt und sich dieser Sekte als Hilfe suchender junger Mann andient, um mehr über die Motiven und inneren Strukturen herauszufinden, findet Theo gefährlich.
Aber wie gefährlich es dann wirklich wird, geht über ihre Ängste hinaus. Mehr darf man über die Absichten der Führer, das ist einmal dieser Amerikaner, der sich DER ERLEUCHTETE nennt und ein Arzt namens Martin, der mit seinen Mittelchen sein eigenes Spiel treibt und tatsächlich Krebsforschung betreibt, nicht verraten. Auf jeden Fall gibt es jede Menge Tote und eine spannende Suche nach den Motiven und Tätern.
Die Grabstätte Echnatons mit den Blutspuren spielt noch einmal eine Rolle, aber der Pharao selbst nicht. Das ist schade, weil man so die ägyptische Geschichte doch ein bißchen als Alibi für einen Krimi, empfindet, der sicher seine Leser findet, aber gut noch mehr echte Geschichte vertragen kann, wo doch die personale Situation mit Theo und Fadi sich richtig gut eingespielt hat.
P.S. Man freut sich, wenn ein Autor, der seine Geschichten von heute mit historischem Wissen bereichert, sich auf sicherem Boden befindet. Nur dass Constantin Schreiber die griechische Aphrodite zu einer römischen Göttin erklärt, kann man nicht stehen lassen, zumal Venus dann mit Recht beleidigt wäre.

Umschlagabbildungen
Info;
Constantin Schreiber, Kleopatras Grab, Hoffmann und Campe Verlag, 2024
ISBN 978 3 455 01763 2
Constantin Schreiber, Echnatons Fluch, Hoffmann und Campe Verlag, 2005
ISBN 978 3 455 01784 7