Bildschirmfoto 2025 05 27 um 23.49.23Gespräch mit Christian Ebert von der Frankfurter Buchmesse über Fankultur und Festivalisierung 

Redaktion 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - #BookTok bricht Verkaufsrekorde, New Adult begeistert Millionen und Autor*innen werden gefeiert wie Popstars: Fankultur und Festivalisierung verändern Teile der Buchbranche rasant. Wie geht die Frankfurter Buchmesse  als kulturelles Großevent damit um? Drei Fragen an Christian Ebert, Leiter Marketing & Vertrieb. I

Das New Adult Genre mischt die Belletristik auf. Die FBM reagiert darauf, indem sie ihm 2024 erstmals eine eigene Halle widmete. Was unterscheidet diese Zielgruppen von traditionellen Leser*innen und Messe-Besucher*innen?

Christian Ebert: Die New Adult Leserschaft ist tatsächlich einzigartig. Zwar unterscheidet sie sich in ihrer Lesebegeisterung nicht zwingend von anderen Zielgruppen, allerdings zeichnet sie sich durch stärkeres Zugehörigkeitsgefühl aus. Viele Leser*innen identifizieren sich mit den Figuren und Themen – Liebe, Selbstfindung, Coming-of-Age – und machen ihre Begeisterung sichtbar: durch Fan Fiction, Cosplay, Tattoos oder kreative Beiträge auf Social Media.

Auch zu den Autor*innen besteht eine enge Bindung – oft direkt über TikTok, Instagram und Co., ohne dass ein Verlag dazwischensteht. Gleichzeitig sind viele Leser*innen untereinander stark vernetzt und bilden ihre eigene Community.

Für uns hat sich deswegen in den letzten Jahren gezeigt: New Adult ist mehr als ein Genre – es ist eine Bewegung.

Die Frankfurter Buchmesse trägt diesem Wandel Rechnung. 2024 haben wir New Adult erstmals eine eigene Hallenebene gewidmet – ein Raum, der mehr war als eine Präsentationsfläche: ein Community Hub. Die eigens eingerichteten Meet-the-Author-Flächen und Signier-Areale wurden von tausenden begeisterten Fans genutzt. Für Verlage und Autor*innen entstehen hier neue Chancen, mit einer engagierten, kaufkräftigen Zielgruppe in Kontakt zu treten.


Welche neuen Formate werden von Autor*innen, Verlagen und Veranstaltern genutzt, um Fans stärker einzubinden und ihre Bücher zu vermarkten?

Christian Ebert: Die New Adult Bewegung zeichnet sich dadurch aus, dass die Fans nicht mehr nur Konsumenten der Marke sind, sondern dass sie diese aktiv mitgestalten.

Dafür setzt die Buchbranche auf Formate, die über klassische Lesungen hinausgehen. Signierstunden mit Selfies gehören längst zum Standard – aber es geht weiter: Einige Buchhandlungen bieten Übernachtungsparties an und streamen ihre nächtlichen Lesungen live auf Social Media. Verlage bedienen das Fandom mit limitierten Sondereditionen, Pre-Order-Geschenken oder exklusiven Meet-ups.

Auch die Zahl der Fan-Events wächst – etwa bei Romance Conventions. In sogenannten Behind-the-Scenes-Formaten erhalten Leser*innen zudem Einblicke in den Alltag von Verlagen und Buchhandlungen. Diese neuen Formate finden sich dann ähnlich auch auf der Frankfurter Buchmesse wieder.


In den letzten Jahren gab es in Frankfurt volle Publikumshallen und Sie mussten am Wochenende sogar erstmals den Ticketverkauf eingrenzen. Ist die Festivalisierung der Frankfurter Buchmesse für Sie ein Trend oder Teil einer langfristigen Entwicklung?

Christian Ebert: Nach dem pandemiebedingten Einbruch haben sich viele Messen erholt – allerdings in unterschiedlicher Geschwindigkeit: Während sich reine Fachmessen langsamer stabilisieren, verzeichnen Publikumsmessen oftmals zweistellige Wachstumsraten. Das Bedürfnis nach persönlichen Begegnungen treibt diese Entwicklung – und wird bleiben.

Als weltweit führende Buchmesse beobachten wir diese Veränderung genau und öffnen neue Räume: Leser*innen erwarten heute mehr als Regalwände und Blätterkataloge. Sie suchen Austausch, Identifikation, Inspiration. Mit unserer neuen Community Area und erweiterten Öffnungszeiten für das Privatpublikum gehen wir deshalb neue Wege.

Unabhängig von diesen Entwicklungen investieren wir weiterhin in die Bedeutung der Frankfurter Buchmesse für die Publishing-Branche. So weiten wir den internationalen Rechte- und Lizenzhandel als wichtige Säule sukzessive auf die Bereiche Film und Gaming aus. Zudem richten wir unser Bühnenprogramm in diesem Jahr noch gezielter auf das Fachpublikum aus.

Strategisch stärken wir den professionellen Handel UND die emotionalen Erlebnisse, um unserer Rolle als weltweit wichtigstes Branchen-Event jedes Jahr aufs Neue gerecht zu werden.

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Info:
Veröffentlicht wurde das Interview im Rahmen der Kampagne "Neue Kapitel – 200 Jahre Börsenverein".
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