
Katharina Klein
Mainz (Weltexpresso) - Thea Dorn lädt zu einem neuen "Literarischen Quartett" ein: Ihre prominenten Gäste anlässlich der zehnjährigen Wiederaufnahme des beliebten Formats im ZDF sind Claudia Roth, Monika Grütters und Julian Nida-Rümelin. Zusammen mit Thea Dorn debattieren sie über Werke von José Rizal, Aldous Huxley, Iris Wolff und Albert Ostermaier. Im ZDF-Streaming-Portal ist "Das Literarische Quartett" ab Freitag, 10. Oktober 2025, 10.00 Uhr zu sehen und im ZDF am Freitag, 10. Oktober 2025, 23.30 Uhr.
Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien von 2021 bis 2025, Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien von 2013 bis 2021, und Julian Nida-Rümelin, Staatsminister für Kultur und Medien von 2001 bis 2002, wurden gebeten, jeweils ein Buch mitzubringen, das für sie eine besondere Rolle spielt, das sie sehr beeindruckt hat – oder auch einen literarischen Text vorzustellen, der einen Bezug zu aktuellen Entwicklungen aufweist.
Im Rang-Foyer des Berliner Ensembles werden sie mit Thea Dorn über "Noli me tangere" von José Rizal, über "Schöne Neue Welt" von Aldous Huxley, "Lichtungen" von Iris Wolff und "Die Liebe geht weiter" von Albert Ostermaier debattieren.
"Das Literarische Quartett spezial – U21"
Das nächste "Literarische Quartett", die Sonderausgabe "Das Literarische Quartett spezial – U21" mit drei jungen Literaturfans, wird im Rahmen der Frankfurter Buchmesse aufgezeichnet und am Freitag, 17. Oktober 2025, um 0.30 Uhr im ZDF ausgestrahlt.
Die Liste der besprochenen Bücher
José Rizal "Noli me tangere" (Insel Verlag)
Aldous Huxley "Schöne neue Welt" (S. Fischer)
Iris Wolff "Lichtungen" (Klett-Cotta)
Albert Ostermaier "Die Liebe geht weiter. Roman mit Pasolini (Matthes & Seitz)
Fürs Lesen in den Ring gestiegen – Interview mit Thea Dorn
"Das Literarische Quartett" gehört zu den bekanntesten Kultursendungen der deutschen Fernsehgeschichte. Von 1988 bis 2001 prägten vor allem Marcel Reich-Ranicki, Hellmuth Karasek und Sigrid Löffler das besondere Profil dieses hitzig-unterhaltsamen Gesprächsformats. Nach mehrjähriger Unterbrechung wurde die Sendung 2015 mit neuen Besetzungen fortgeführt. Seit 2017 ist Thea Dorn mit dabei: zunächst als festes Mitglied im Quartett, seit 2020 als Moderatorin. Mit ihren Gästen diskutiert sie über interessante Neuerscheinungen: informativ, kontrovers und kurzweilig. Eine Zwischenbilanz
Seit zehn Jahren gibt es wieder das "Literarische Quartett". Sie sind seit März 2017 Teil des Quartetts, seit März 2020 leiten Sie die Runde. Wie blicken Sie auf diese Jahre zurück?
Heiter, dankbar und mit einem gewissen Stolz.
Worin besteht für Sie der Sinn, dass sich heute vier Menschen über vier Bücher öffentlich unterhalten?
Ich glaube, der Sinn eines solchen Formats hat sich nicht wesentlich verändert, seit die Menschheit die ersten Lesegesellschaften oder Literaturkreise gegründet hat. Lesen ist bekanntlich eine einsame Angelegenheit, das heißt, man ist allein mit Figuren, die ein Autor einzig mit Sprache erschaffen hat, und die im eigenen Kopf lebendig werden müssen. Wenn man nicht ein kompletter Einsiedler ist, verspürt man den Drang, sich mit anderen über seine Lektüreerlebnisse auszutauschen. Es ist doch interessant zu erfahren, ob sich das Wunder, dass aus Worten Welten entstehen, auch bei ihnen vollzogen hat, und wenn ja: ob in ihren Köpfen beim Lesen ähnliche oder ganz andere Welten entstanden sind. Wenn dieser Austausch auf einem gewissen Reflexionsniveau stattfindet, beziehungsweise wenn sich Persönlichkeiten austauschen, auf deren Meinung man gespannt ist, dann kann dies auch für ein Publikum interessant sein – ganz egal, ob man das Buch bereits gelesen hat oder nicht. Dass dies so ist, zeigen unsere Zuschauerzahlen: Sie bewegen sich stabil zwischen einer halben Million und 600.000. Auch im ZDF-Streaming-Portal zählt das "Literarische Quartett" im Kulturbereich zu den Sendungen mit hohen Abrufzahlen. Und als Podcast bei Deutschlandfunk Kultur ist das Format ebenfalls sehr erfolgreich.
Wo positionieren Sie sich mit dem "Literarischen Quartett" zwischen Literaturkritik und Literaturempfehlung?
Das ist eine komplizierte Frage. Die Literaturkritik der Bundesrepublik ist traditionell davon ausgegangen, dass die Leute ohnehin lesen und dass die Aufgabe des Kritikers einzig darin besteht, die Leselust auf die "richtigen" Bücher hin zu lenken. Allerdings scheint Marcel Reich-Ranicki bereits in den 80ern geahnt zu haben, dass diese Voraussetzung bröckelt. In seinen Memoiren spricht er im Zusammenhang mit dem "Literarischen Quartett" davon, den Leser "bei der Stange halten" beziehungsweise dafür sorgen zu müssen, dass das Publikum nicht "wegläuft", und zwar zu "anderen und nicht unbedingt ehrenrührigen Freizeitbeschäftigungen", wie er schreibt. Aus dieser Bemerkung könnte man eine gewisse Resignation herauslesen – das Gegenteil war der Fall: Reich-Ranicki hat die Tatsache, dass die allgemeine Literaturbegeisterung nun mal abnimmt, als Ansporn begriffen, nur umso lebhafter und leidenschaftlicher für die Literatur, fürs Lesen in den Ring zu steigen. Ich sehe das genauso.
Das heißt: mehr Empfehlung, weniger Kritik?
Das heißt es nicht. Wenn man sowohl die Literatur als auch das Publikum ernst nimmt, kann man sich gar nicht hinstellen oder hinsetzen und beliebig durch die Gegend rufen: Lauter tolle Bücher! Lest, Leute, lest! Allerdings, so die Spielregel, sollte jeder Gast von dem Buch, das er ins "Literarische Quartett" mitbringt, tatsächlich überzeugt sein. Manchmal teilen die anderen Mitspieler diese Begeisterung, manchmal steht man mit seiner Begeisterung ziemlich allein da, und das Buch, das einen selbst überzeugt hat, muss sich – teils harsche – Kritik gefallen lassen. Aber das ist auch richtig so. Würden wir als Spielregel ausgeben: Im "Quartett" wird ab sofort nur noch gejubelt, und zwar von allen, könnten wir die Sendung auch sein lassen.
Was war Ihr Highlight bisher im "Literarischen Quartett"?
Einer der Höhepunkte war sicher der Besuch von Salman Rushdie im Mai 2024. Es war nicht nur eine Ehre, ihn zu Gast zu haben, sondern eine mindestens so große Freude, mit ihm über Literatur zu diskutieren. Und ich freue mich immer besonders auf die Spezialausgabe "U21", die wir seit 2022 einmal im Jahr veranstalten. Auch in diesem Oktober wird es wieder ein Quartett mit drei jungen Menschen geben, und ich bin jetzt schon gespannt, wer diesmal dabei sein wird und über welche Romane wir sprechen werden.
Foto:
©zdf