Wiedergesehen, Wiedergelesen, Wiedergehört, 2025/26, Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es war eher Zufall, daß diese drei Krimis zusammenlagen, aber, wie man weiß, gibt es Zufälle ja gar nicht. Auf jeden Fall sind zwei Schlagworte richtig BLUT und EIS: und wenn man gleich hinzufügen will, typisch skandinavisch, so stimmt das nur zum Teil. Aber typisch Russisch stimmt eben auch nur teilweise. Klären wir es auf! G.D. Abson ist ein englischer Autor, der auch auf Englisch schreibt, aber über das Rußland, das er kennt. Sein erster Fall mit Natalja Iwanowa aus Sankt Petersburg hatte gfefallen. Hier der zweite. Bei den beiden anderen Krimis aus Finnland, machen einen die Vornamen stutzig: Einmal Eva Frantz, dann Eeva Louko. Aber auch Eva ist Finnin und Ihr Roman wurde sogar zum Besten Krimi des Jahres gewählt. Und auch der zweite finnische Krimi wurde zum Bestseller. 


Blutrot ist das Schweigen

von G.D. Abson

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Inhaltsangabe

In einer eisigen Januarnacht wird Natalja Iwanowa an eine Landstraße nahe St. Petersburg gerufen. Dort liegt die Leiche einer jungen Frau. Was nach einem Erfrierungstod aussieht, stellt sich als Mord heraus. Bevor die Kommissarin mit ihren Ermittlungen beginnen kann, wird ihr der Fall vom russischen Inlandsgeheimdienst entzogen. Denn die Ermordete war Mitglied einer politischen Protestgruppe. Weitere Aktivisten sollen kaltgestellt werden, befürchtet Natalja. Sie muss die Wahrheit herausfinden. Im Namen der Toten und der Gerechtigkeit. Auch wenn sie ihr eigenes Leben und das ihrer Familie aufs Spiel setzt.

Rezensionen und Bewertungen

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evaczykvor 3 Jahren

Unbeugsame Ermittlerin im eisigen russischen Winter

Schon der erste Aufschlag von C.D. Abson über die unkorrumpierbare, entschlossene Sankt Petersburger Kommissarin Natalja Iwanowna hatte mich voll überzeugt. Mit "Blutrot ist das Schweigen" ermittelt sie wieder, egal ob sie sich dabei mit Vorgesetzten, mit dem FSB und den Mächtigen und Einflussreichen anlegt. Nicht nur, weil die Handlung nun im eisigen russischen Winter spielt statt in den weißen Nächten, ist dieser spannende Kriminalroman mit Thrillerelementen Russia Noir. Zu tief ist der Sumpf, in dem die Kommissarin ermitteln muss, zu eng das Netzwerk derjenigen innerhalb und außerhalb des Polizeiapparates, die verhindern wollen, dass sie ihren Fall aufklärt.

Denn der Fund einer toten jungen Frau hat es in sich: Sie ist nicht erfroren, wie es zunächst den Anschein hatte, stand nicht unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, wie schnell nahegelegt wird, sondern wurde erstickt. Und, was es noch komplizierter macht: Die alleinerziehende junge Mutter gehörte einer Aktivistengruppe an, die sich die Dezembristen nennen. 

Die ursprünglichen Dekabristen hatten einst einen hohen Preis für ihren gescheiterten Aufstand im zaristischen Russland gezahlt. In Putins Russland ist Widerstand mindestens ebenso gefährlich. Abson erinnert in dem Roman immer wieder daran, Natalia Iwanowna hat die Namen Nemzow und Nawalny, Polikowskaya und andere stets im Hinterkopf, wenn sie überlegt, wie sie den Fall weiter verfolgen kann. Denn auch ein zweiter Dezembrist ist spurlos verschwunden. Indizien, auf die die hartnäckige Ermittlerin stößt, lassen vermuten, dass auch er tot ist.  Unter Verdacht gerät sein Bruder, doch diese Lösung erscheint Iwanowna zu simpel. 

Gegen den Widerstand ihrer Vorgesetzten und der Sicherheitsdienste macht sie weiter, unterstützt von dem Kriminaltechniker Primakow, der damit selbst ein Risiko eingeht. Als Iwanownas Ehemann Michail unter Korruptionsverdacht festgenommen wird, ist klar: Jemand will verhindern, dass die Kommissarin weitermacht. Denn bei ihren Aktionen scheinen die Dezembristen eher unwissentlich auf etwas gestoßen zu sein, für das Unbekannte buchstäblich zum Morden bereit sind. Worum es genau bei möglichen Grundstückgeschäften geht undwas das alles mit einem ganz anderen Fall zu tun hat, erschließt sich erst nach und nach und soll hier nicht verraten werden.

Nur so viel: Abgesehen von einem spannenden Kriminalfall geht es auch um die beruflichen und privaten Dilemmas, denen sich Iwanowna aussetzt, wenn sie das Richtige tun und nicht dem erheblichen Druck von oben nachgeben will. Nur um ihre Arbeit anständig zu erledigen. könnte sie einen hohen Preis zahlen - und nicht nur sie.. 

Sabine Swoboda als Sprecherin des Hörbuchs ist für mich eine perfekte Besetzung. Zurückgenommen, mitunter spröde, gelegentlich mit abgeklärter Ironie passt ihre Stimme perfekt zu Natalja Iwanowna, die schon viel gesehen hat und dennoch entschlossen ist, nicht klein beizugeben.

https://www.lesejury.de/eva-frantz/buecher/die-tote-im-eis/9783746639826


Drei Millennials auf Mördersuche

In einer kalten Oktobernacht findet das Ermittlerteam um Anton Koivu und Oona Laine von der Kripo Helsinki am schlammigen Ufer der Insel Lauttasaari den toten Körper des ehemaligen Geschichtslehrers Harri Vaara. Es deutet alles darauf hin, dass er erdrosselt wurde. Seine Tochter Ronja, die seit vielen Jahren in London lebt, macht sich sofort auf den Weg in ihre alte Heimat. Dort trifft sie auf ihre Jugendfreundinnen Milla und Anksu. Während die Ermittlungen der Polizei zunächst ergebnislos bleiben, macht sich das Trio selber auf die Suche nach dem Täter. Doch je tiefer sie in Harris Vergangenheit eintauchen, desto rätselhafter erscheint das Leben von Ronjas Vater. Warum erhielt er 37 Jahre lang immer dieselbe Postkarte und bewahrte diese auf? Wer ist die Unbekannte auf den alten Polaroidfotos, die sie zufällig finden? Und wer hat sich in den letzten Wochen regelmäßig mit dem zurückgezogen lebenden Harri getroffen? Während Ronja zunehmend das Gefühl beschleicht, beobachtet zu werden, muss sie erkennen, wie wenig sie eigentlich über ihren Vater weiß.

Nordic Crime aus Finnland

Die finnische Kriminalliteratur hat in den letzten Jahren vor allem dank Max Seeck und Arttu Tuominen auf sich aufmerksam gemacht. Nun erscheint im Heyne-Verlag der Auftakt einer neuen Krimireihe der finnischen Autorin Eeva Louko. Den unerwarteten Tod ihres Vaters 2015 nahm Louko, die eigentlich als Reporterin arbeitet, zum Anlass, sich ihren Kindheitstraum vom Schreiben zu erfüllen. Neben dem Job und ihren zwei Kindern blieb zunächst jedoch wenig Zeit. Erst als sie einen Vertrag mit einem finnischen Verlag abschließen konnte, stürzte sie sich richtig in ihr Projekt. 2022 erschien dann ihr erster Kriminalroman „Mord auf der Insel der Glückseligkeit“, wie ihr Debüt im Original heißt. Die Ronja-Vaara-Serie umfasst mittlerweile bereits drei Bände. In Finnland erfreuen sich die Romane um die drei Freundinnen Ronja, Milla und Anksu großer Beliebtheit.

Drei Millennials

Im Mittelpunkt der neuen Kriminalreihe steht diesmal kein älterer Ermittler, der von seinem Berufs- und Privatleben frustriert ist. Stattdessen geht es um eine Clique dreier Freundinnen, die sich nach einigen Jahren wieder näherkommen. Denn die jungen Frauen, die allesamt um die dreißig Jahre alt sind, verbindet nicht nur eine gemeinsame Schulzeit, sondern auch eine tiefe Freundschaft. Die drei Hobbydetektivinnen haben aber natürlich alle ihre ganz eigene Biografie. Ronja lebt seit 15 Jahren im Ausland und kehrt erst jetzt notgedrungen in ihre Heimat zurück, Milla ist verheiratet und bereits mehrfache Mutter, während sich Anksu die Zeit mit Tinder-Dates vertreibt. Hier lernt sie auch Kommissar Anton Koivu kennen, was zu mancher unangenehmen Situation führt.

Ronja traut dem Ermittlerduo Oona Laine und Anton Koivu nicht wirklich zu, dass sie der Aufgabe ihm Rahmen der Mordermittlung gewachsen sind, daher stellt sie selber mit ihren Freundinnen Nachforschungen an. Scheinbar fühlt sie sich als Reporterin dazu berufen. Mit ihren journalistischen Fähigkeiten ist es aber nicht weit her, besteht ihre Recherchearbeit doch vor allem aus Nutzung einer bekannten Suchmaschine im Internet. Da verwundert es kaum, dass Ronja aktuell arbeitslos ist. Ihre Freundinnen Milla und Anksu dienen bei der Suche nach dem Mörder lediglich dem Gedankenaustausch bei diversen Saunagängen oder beim Sport am Strand. Überhaupt dominieren diesmal die Frauen die Handlung. Wenn Männer im Roman eine Rolle spielen, sind diese entweder Verdächtige, langweilige Ehemänner oder bereits tot.

Wenig Überraschendes

Die Grundidee des Romans ist durchaus stimmig, die Umsetzung aber leider allzu oft vorhersehbar und in seiner Erzählweise einfach gestrickt. Bis zur Lösung ergehen sich alle Beteiligte mitunter in wilden Spekulationen und abstrusen Verdächtigungen, was leider nicht selten eher an spannende Jugendromane erinnert. Der Lieblingssatz der Figuren ist dann auch: „Das muss gar nichts bedeuten, aber...“. Das Ganze wird garniert mit einer Prise „Mystik“, wenn unter anderem die Empfangsdame in der Sauna (!) unheimliche Andeutungen macht. Dass Personen auf zufällig gefundenen, alten Polaroidfotos selbstredend mit dem Mord in Verbindung gebracht werden, ist ein typisches Beispiel dafür, dass vieles im Roman arg konstruiert ist und überzogen wirkt. Das Ende kann dann auch nicht gerade überraschen, gab es zuvor doch genügend Hinweise darauf.

Fazit:

Drei Millennials begeben sich als Hobbydetektive auf Mördersuche. Das wird nicht jedem zusagen. Die Sprache und Erzählweise der Autorin wirkt noch wenig ausgefeilt, richtige Spannung mag sich nicht wirklich einstellen. Trotz guter Grundidee ist „Kalte Flut“ insgesamt nur ein durchschnittlicher Kriminalroman, der eher eine jüngere Leserschaft ansprechen dürfte.

 

Eeva L