Serie: Friedrich-Glauser-Preis 2012 für RÜTLISCHWUR von Michael Theurillat aus dem Ullstein Verlag, Teil 1

 

Elisabeth Römer

 

Hamburg (Weltexpresso) - Ende April hat er den Preis für die höchste Gattung des Glauser erhalten: Michael Theurillat, für seinen Kriminalroman aus der Schweiz mit älterer Schweizer Geschichte und den Banken von heute, was zusammenhängt und bevor wir den Autor und sein Werk – nachdem wir den Roman nun selbst gelesen haben – würdigen, müssen erst Worte zu dem kommen, in dessen Namen der Preis vergeben wird und der gewissermaßen den ersten deutschsprachigen Kommissar ins Leben rief: Friedrich Glauser und sein Kommissar Studer.

 

Eigentlich kann man den 1896 geborenen Friedrich Glauser auch als Großvater des deutschen Kriminalromans bezeichnen. Denn nicht nur Kommissar Studer fing an zu ermitteln, sondern in den fünf Krimis seiner drei letzten Lebensjahre hat Glauser sich insbesondere um die Abgeschobenen, um den angeblichen Bodensatz der Gesellschaft, um die, die mit der modernen Welt nicht zurechtkommen gekümmert und sein Kommissar ist einer, der mit menschlichen Mitteln seine Fälle knackt, durch Empathie und Geduld, durch Intuition und Sich Einlassen auf Menschen.

 

Friedrich Glauser, wurde in Wien geboren und starb in dem Moment, wo er erstmals glücklich war, am Vorabend seiner Hochzeit am 8. Dezember 1938 in Italien. Er wurde nur 42 Jahre alt. In seinen Romanen verarbeitet er auch seine Erfahrungen mit psychiatrischen Anstalten, mit dem Wegsperren aus der Gesellschaft generell, die denen droht, die nicht angepaßt genug sind. So, wie er schreibt, ist man immer auf der Seite der Entrechteten. Das hatte für ihn seinen Preis.

 

Nun also Michael Theurillat, 1961 in Basel geboren, studierter Wirtschaftswissenschaftler und Kunstgeschichtler, auch Historiker, hat - wie man liest – lange in Banken gearbeitet, wurde sogar in Finanzwissenschaften promoviert und war Managing Director der neu entstandenen UBS. Seit 2002 ist er hauptamtlich Literat und RÜTLISCHWUR ist sein vierter Band um Kommissar Eschenbach. Bei seinem neuen Roman, ein weißes Kreuz auf rotem Grund als Cover, aus dem Ullstein Verlag wundert man sich erst mal, daß das Buch einem, der sozusagen gewerbsmäßig viele Krimis lesen muß, unbekannt war. Denn allein schon die Plazierung auf der KrimiBestenListe aus Hamburg, die wir gut kennen und monatlich kommentieren, ist in der Regel ein Indiz für die Qualität des Krimis. Aber RÜTLISCHWUR wurde dort gar nicht gelistet??

 

Einerseits muß einen das wundern und man möchte gerne nachfragen, andererseits geht einem das Herz auf, wie vielfältig auch das Genre Kriminalroman ist und gewürdigt wird, denn tatsächlich ist RÜTLISCHWUR ausgewählt worden aus 299 eingereichten Titeln, die alle im Jahr 2011 erstmals als deutsche Originalausgaben erschienen. Darunter eben auch eine Vielzahl von deutschsprachigen Kriminalromanen, die auf der KrimiBestenListe wohl vorhanden waren. Zu den Glauser-Nominierten gehörten beispielsweise Mechthild Borrmann mit WER DAS SCHWEIGEN BRICHT aus dem Pendragon Verlag und Christian Mähr, DAS UNSAGBARE GUTE, erschienen bei Deuticke, beides hochinteressante und spannende Krimis, der eine hochpolitisch, der andere typisch österreichisch skurril, beide auf der KrimiBestenListe aufgeführt sowie MÖRDERISCHE FRACHT von Lukas Erler aus dem Verlag Kein & Aber und TINNEF von Andreas Pittler von Echo, die wir beide nicht kennen.

 

Wir haben uns Gedanken gemacht, warum die KrimiBestenListe RÜTLISCHWUR nicht berücksichtigt hatte und sagen einfach mal, weil die Jury aus Anke Cibach, Edwin Haberfellner, Silvija Hinzmann, Tatjana Kruse und Ilka Stitz überwiegend aus Frauen besteht. Denn Frauen unterliegen nicht so sehr wie krimirezensierende Männer dem Wahn, die Ermittler müßten amerikanischen Detectives, am besten abgebrüht mit dem berühmten inneren Kern, entsprechen und knallhart auftreten. Frauen bringen nicht nur selbst solche Phantasten und traumwandlerisch ermittelnde Kommissare wie den Adamsberg in Paris, ausgeführt durch Fred Vargas auf die Buchseiten, sondern sie hängen an denen, die wie Glausers Kommissar Studer auf besonderem Wege die Verbrechen aufklären. Aber das ist alles Spekulation und nun endlich zum Buch!

 

Michael Theurillat, Rütlischwur, Ullstein Verlag 2011