VERLETZLICH von Liza Marklund aus dem Verlag Ullstein, Teil 1
Elisabeth Römer
Hamburg (Weltexpresso) – Peinlich. Da hält man sich für eine profunde Annika-Bengtzon-Kennerin, schließlich kann man noch heute die Geschichten von STUDIO 6, PRIME TIME, DER ROTE WOLF und LEBENSLÄNGLICH wiedererzählen – und dann das. In VERLETZLICH, im März erschienen, haben wir es mit einer völlig anderen Person zu tun, die mutige und durchsetzungsfähige investigative Journalistin ist eine von Panikattacken Getriebene und eine Mörderin dazu
.
Außerdem wird von Verlagsseite dieser elfte Annika-Bengtzon Krimi als ihr letzter angekündigt. Das liest man vorher und hat entsprechend Angst, daß es ihr an den Kragen geht, denn wieso sollte eine Frau in den besten Jahren, die sogar erneut schwanger ist, aufhören, die starke Frau zu sein, als die wir sie kennengelernt haben und wie sie in den Fernsehadaptionen, die im ZDF zu sehen waren, von Malin Crépin derart verkörpert wird, wie wir sie uns beim Lesen immer vorgestellt hatten. Wir hatten die Fernsehreihe auch journalistisch begleitet und wenn wir ehrlich sind zu uns selbst, war uns schon damals aufgefallen, daß wir Fehlstellen im Handlungsgefüge hatten. Aber das hatten wir zurückgeführt auf die unendlich viele Krimileserei.
Nun aber stellt sich heraus, wir kennen einige Romane wirklich nicht. Deshalb haben wir uns die Abfolge der elf Krimis genau angeschaut (wenn unten 13 erscheinen, hat das mit DER HOLZDIEB, und SILVESTER zu tun, wo es im Kurzgeschichten geht) – und stellen als erstes fest: nach stabilem Beginn bei Hoffmann und Campe in schönen dicken Ausgaben bis 2007, erscheint der nächste Krimi bei Rowohlt, aber schon ein Jahre drauf bei Ullstein und zwar bleibend. Da darf man sich nicht verwirren lassen, daß die Kurzgeschichten beim Verlag List erschienen, die zudem zum Ullsteinkonzern gehören. Leider sind die letzten Ausgaben alle in Broschur.
Wird Zeit, zu VERLETZLICH zu kommen. Aber die Vorbemerkungen waren nötig, weil sie uns zwingen, den letzten Roman JAGD genauso noch nachzulesen wie den älteren NOBELS TESTAMENT, um herauszubekommen, ob das nur für uns so neu ist, das Familienarrangement und die Familiengeschichte der Annika Bengtzon, die gegen Schluß dann Annika Halenius heißt, weil sie Jimmy schon aus ihrer Heimat Hälleforsnä kennt und bei der Heirat mit ihm seinen Namen angenommen hat, was ihr erster Ehemann Thomas und Vater ihrer beiden bisherigen Kinder bei einem Interview mit ihr im Fernsehen kommentiert mit: „Seinen Namen hatte sie damals nicht angenommen, als sie geheiratet hatten. Naja.“ (338)
Aber was ist bloß aus diesem Thomas geworden. Unzuverlässig und ein potentieller Schürzenjäger war er immer schon, aber doch ein Mann, den Annika liebte und den sie sehr schwer dieser reichen Sophia überlassen hatte. Hier aber erleben wir einen rachsüchtigen Bösewicht mit dem Haken am linken Arm, in dem die künstliche Hand verankert wird. Das muß alles im letzten Krimi JAGD passiert sein, den wir dringend nachlesen müssen. Hier nun sondert er im Internet als Gregorius die schlimmsten ordinären anonymen Haßtiraden ab, gegen den Chef von Annika und gegen den Feminismus grundsätzlich, den Feministinnen wünscht er eh den Tod.
Und erst die Geschichte von Sven, Annikas Schulfreund aus Kindestagen, ihrer ersten und großen Liebe, der durch ihre Hand starb. Vom Totschlag und daß sie freigesprochen wurde, wußten wir nichts und sie wußte bis zu VERLETZLICH nicht, daß seine Eltern auf ihrer Seite standen, was ihr Svens Vater anvertraut, den sie nach all den Jahren besucht und um Verzeihung bitten will, die er nicht annimmt, weil es nichts zu verzeihen gab, weil sie verstanden wurde von den Eltern des jungen Mannes, den sie erschlug. „Er hat meine Katze umgebracht.“, sagt sie schlicht, aber zuvor schildert er, auf wie bestialische Art er das tat, nachdem er sie selbst, Annika, jahrelang mißhandelt hat. Wir verstehen sie.
Info:
Die Chronologie in der Abfolge der Handlungen der Annika-Bengtzon-Krimis
Studio 6, Originaltitel Studio Sex (1999), 16. Februar 2001 bei Hoffmann und Campe
Der Holzdieb (2002), 2010 bei List
Paradies, Originaltitel Paradiset (2000), 2002 bei Hoffmann und Campe
Prime Time (2002), 2003 bei Hoffmann und Campe
Olympisches Feuer, Originaltitel Sprängaren (1998), 2000 bei Hoffmann und Campe
Der Rote Wolf, Originaltitel Den röda vargen (2003), 2004 bei Hoffmann und Campe
Nobels Testament, Originaltitel Nobels testamente (2006), 2007 bei Hoffmann und Campe
Lebenslänglich, Originaltitel Livstid (2007), 2008 bei Rowohlt
Silvesternacht, Originaltitel Näst sista dagen på året (2010), Kurzgeschichte aus Mörderische Weihnachten, 2010 bei List
Kalter Süden, Originaltitel En plats i solen (2008), 2009 bei Ullstein
Weißer Tod, Originaltitel Du gamla, du fria (2011), 2012 bei Ullstein
Jagd, Originaltitel Lyckliga gatan (2013), 2015 bei Ullstein
Verletzlich, Originaltitel Järnblod (2015), 2016 bei Ullstein