Verleihung des Leo-Perutz-Preises der Stadt Wien für Kriminalliteratur 2012 am 12. September in Wien

 

Anna von Stillmark

 

Wien (Weltexpresso) – Eigentlich wollten wir die Verleihung des Preises im Namen Leo Perutz' mit einem eigenen Artikel über ihn einleiten und auch mehr dazu schreiben, wie es kam, daß er nun zum dritten Mal verliehen wird. Aber – die Ereignisse überschlagen sich derzeit, die Preise, die Bücher, in Deutschland, der Schweiz und auch in Österreich. Aber über unseren Leo werden wir noch ausführlich berichten, jetzt gilt es zeitnah den Preisträger 2012 zu würdigen.

 

Denn am 12. September wurde in den Prunkräumen des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels (HVB) zum dritten Mal der Leo-Perutz-Preis der Stadt Wien für Kriminalliteratur vergeben. Dies ist wirklich ein in der Gemeinde selbst verankerter Preis, weshalb Gemeinderätin Anica Matzka-Dojder und HVB-Präsident Gerald Schantin den mit 5.000 Euro dotierten Preis dieses Jahr an Manfred Rebhandl für DAS SCHWERT DES OSTENS aus dem Czernin Verlag überreichten.

 

Er hatte sich durchgesetzt gegenüber den Mitkandidaten: Das waren Anne Goldmann für TRIANAGEL; herausgegeben bei Ariadne, Georg Haderer für DER BESSERE MENSCH, verlegt vom Haymon Verlag, aus dem auch die dritte Kandidatin kommt: Edith Kneifl, DER TOD FÄHRT RIESENRAD: EIN HISTORISCHEN WIEN-KRIMI und ein unglaublich starker Titel! sowie aus dem Verlag Piper von Thomas Raab DER METZGER BRICHT DAS EIS. Wir haben sie alle gelesen, diese Fünferliste und können nur sagen: schwierig, schwierig. Schließlich waren wir sogar richtig froh, keine Auswahl leisten zu müssen, obwohl wir sagen müssen, daß die beiden Damen doch einen anderen Ton ins Krimi-Geschehen bringen. Das ist im Fall von TRIANGEL dieses unterschwellig Normale, was so nebenbei mitläuft und es einen ganz schön unheimlich werden läßt. Und der riesenradfahrende Tod sollte auch viele viele Leser finden.

 

Wir haben uns dann überlegt, was die Auszeichnung mit dem Leo-Perutz-Preis über eine Wertung als 'bester' Krimi hinausgeht. Denn das ist sonst das Auswahlkriterium, das sowieso kaum zu halten ist, denn beim Krimi müßte man das Beste definieren: die Spannung, die Geschichte, die Sprache. Erneut also schwierig, deshalb hören wir uns die Worte des Jury-Sprechers Erwin Riedesser an, der die Wahl der Jury begründete: „Manfred Rebhandl bringt einen ganz originären Ton in die Wiener Krimiliteratur. Seine eigenwillige Sprache und der spezielle Duktus manifestieren sich auch in den Figurendarstellungen. Dadurch entsteht ein sehr plastisches und vielschichtiges Wienkolorit.“

 

Riedesser fuhr fort: „Neben der Krimihandlung hat die Beschreibung des sozialen Umfelds eine mindestens gleichwertige Bedeutung in Rebhandls Roman: Seine Bilder sind überdreht und schrill, doch sind es nur auf den ersten Blick überzeichnet kecke Karikaturen der Personen, denn so manches ist authentisch. Rebhandl spielt souverän mit Vorurteilen und Klischees, mag dabei so manche mit derben Details verschrecken, dennoch: sympathisch provokant. Abwechslungsreiche Handlung, überraschende Wendungen, eine Fülle an ungewöhnlichen Einfällen und das Ganze mit einem furiosen Tempo serviert hat die Jury überzeugt. Und so passt das Buch auf gewisse Weise zum Namensgeber des Preises, Leo Perutz, der mit Sicherheit ein höchst spannender, aber kein typischer Krimiautor war.“

 

Auf einen anderen Aspekt ging in ihrer Laudatio Gemeinderätin Anica Matzka-Dojder ein, indem sie die Bedeutung von Kriminalliteratur für die Politik hervorhob:Für mich als Kommunalpolitikerin ist das die Art von Literatur, aus der ich am meisten über das wirkliche Leben in einem konkreten sozialen Umfeld erfahre. Mich interessiert weniger, wer der Mörder ist, sondern wie die Menschen miteinander umgehen, wo die gesellschaftlichen Konfliktlinien verlaufen, wie der zuständige Staat damit umgeht. In diesem Sinn hoffe ich auf viele weitere Wien-Krimis.“

 

Das fänden wir nun einmal eine gute Idee, daß durch Lesen politische Größen ihre Klientel besser kennenlernen. Das Zusammentreffen wichtiger Leute aus der Buchbranche zur Preisverleihung nahm HVB-Präsident Gerald Schantin sinnvollerweise auch zum Anlaß, zur Situation der Kriminalliteratur im Buchhandel Stellung zu beziehen:  Die österreichische Kriminalliteratur ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einem wichtigen und umsatzstarken Segment im Buchhandel geworden und erfreut sich großer Beliebtheit, auch am deutschen Markt. Selbst in der derzeit nicht ganz einfachen Marktsituation verzeichnet sie eine relativ stabile Umsatzentwicklung. Wir unterstützen diese Entwicklung mit dem Leo-Perutz-Preis und wollen den Stellenwert unserer heimischen Autorinnen und Autoren betonen.

 

Wir aber nehmen als Verpflichtung mit, nicht nur über Leo-Perutz und seinen Preis, sondern auch auf die fünf Bücher der Endauswahl noch einmal gesondert einzugehen.

 

Info:

 

Information zu Manfred Rebhandl, Das Schwert des Ostens (Czernin Verlag)

Der Inhalt: Superschnüffler Rock Rockenschaub arbeitet nebenberuflich in „Dirty Willis Swedish Pornhouse“ am sündigen Wiener Gürtel. Zusammen mit seinem Kumpel und Vermieter Lemmy, der am Brunnenmarkt seinen Drogengroßvertrieb „Quattro Stazzione“ betreibt, freut er sich auf die Wiederaufnahme des Welterfolges „Jack schleckt auf!“, einem Pornofilm aus den 80er Jahren. Doch als sie beim Pornhouse ankommen, liegt der Inhaber Willi zusammengeschlagen in seinem Büro.

Der Autor: Manfred Rebhandl wurde 1966 in Oberösterreich geboren. Seit 1995 ist er als freier Autor von Romanen und Drehbüchern für Film und Fernsehen tätig. Diesen Herbst erscheint der zweite Fall von Rock Rockenschaub unter dem Titel Dürre Beweise ebenfalls bei Czernin. Manfred Rebhandl lebt in Wien.



Bibliografie:


Manfred Rebhandl: Das Schwert des Ostens, Czernin Verlag, 248 Seiten, Euro 19,80, Hardcover mit Schutzumschlag, 11 x 18 cm, ISBN: 978-3-7076-0403-0

 

Folgende weitere Titel waren für den Preis nominiert:



  • Anne Goldmann, Triangel, Ariadne Krimi

  • Georg Haderer, Der bessere Mensch, Haymon Verlag

  • Edith Kneifl, Der Tod fährt Riesenrad. Ein historischer Wien-Krimi, Haymon Verlag

  • Thomas Raab, Der Metzger bricht das Eis, Piper Verlag

 

Die Jury

 

Die Shortlist des Leo-Perutz-Preises der Stadt Wien für Kriminalliteratur wurde von einer Jury erstellt, die sich aus je einer Vertreterin/einem Vertreter der Kulturabteilung der Stadt Wien, des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels, des Sortimentsbuchhandels, der Medien sowie der Vereinigung österreichischer Kriminalschriftstellerinnen und -schriftsteller zusammensetzt. Mit Ausnahme der Vertreter des Hauptverbandes und des Literaturreferats der Stadt Wien, wechseln die Jurymitglieder alle zwei Jahre.

 

Die JurorInnen 2012

 

Raoul Blahacek, Referatsleiter Literatur, Kulturabteilung der Stadt Wien, MA 7

Michael Kratochvil, Buchhandlung Kuppitsch

Nora Miedler, Krimiautorin

Erwin Riedesser, HVB-Vizepräsident, Vorsitzender des Österreichischen Buchhändlerverbands

Tobias Hierl, Chefredakteur des Magazins Buchkultur

 

Der Preis

 

Der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels und die Kulturabteilung der Stadt Wien stiften den mit 5.000 Euro dotierten Leo-Perutz-Preis, der jährlich vergeben wird. Damit sollen Krimis ausgezeichnet werden, deren Qualität und literarischer Anspruch an den namensgebenden österreichischen Literaten erinnern. Darüber hinaus sollen die ausgezeichneten Werke möglichst innovativen Charakter haben und einen Wien-Bezug aufweisen.

 

Bisher ausgezeichnete Werke 

 

2011 ging der Preis an Lizl Steins und Georg Koyteks Kriminalroman Der Posamentenhändler (Leykam). 2010 erhielt Stefan Slupetzky den ersten Leo-Perutz-Preis für Lemmings Zorn (Rowohlt).

 

Foto: HVB, der ausgezeichnete Autor in der Mitte