Eintracht Frankfurt kontert mit 3:0 gegen den Hamburger SV, dem der Abstieg droht, Spielbericht 1
Claudia Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Emotionen pur. Wer dieses Spiel verpaßt hat, hat gleich mehrere Gefühlsduschen von Glück und Unglück, von Erfolg und Mißerfolg verpaßt, je nachdem auf welcher Seite die Zuschauer standen. Im Frankfurter Stadion die überwiegenden der 50 1000 Zuschauer naturgemäß auf Seiten ihrer Eintracht, insbesondere in Verehrung ihres Fußballgottes Alex Meier.
So was gelingt in der Regel nicht mal Hollywoodproduktionen, was gestern in Frankfurt abging, und wenn, dann wird ihnen Realitätsbezug und Kitsch vorgeworfen. Wie im Drehbuch glückten die Vorhaben der Frankfurter und mißglückte alles, aber auch alles, was sich die Hamburger auf dem vorletzten Platz für den Klassenerhalt des noch nie in den 55 Jahren Bundesliga abgestiegenen Vereins vorgenommen hatten. Dazu brauchte es nicht des Alex Meiers, der kam als Knallbonbon und als Geschenk des so schnöde scheidenden Trainers Niko Kovac noch hinzu. Und da – wirklich wie im Märchen, wo Träume in Erfüllung gehen – das Konzept des Noch-Eintrachttrainers aufgegangen war, brach es auf der anschließenden Pressekonferenz nur so aus ihm heraus, warum er den Einsatz von Meier als Geschenk für die Frankfurter Fans, die immer, aber auch immer die Mannschaft grandios unterstützt hätten, beim letzten Heimspiels vorgesehen hatte und daß er überhaupt nicht so sei, so kühl und kalkulierend, wie er die ganze Zeit dargestellt werden. Er sei Emotion pur.
Emotion pur war das Stadion ab der 87. Minute, als Alex Meier beim Spielstand 2:0 für die Eintracht eingesetzt wurde. Er war ein ganzes Jahr außer Gefecht. Seine Verletzungen waren so langwierig, daß Kovac mit Meiers noch nicht voll gewonnenen Kondition und deshalb mangelnden Spielerfahrung die letzten Male seinen Nichteinsatz begründete. Und als man im Vorfeld hörte, Meier ist auf der Bank dabei, da dachte man so vor sich hin: „Sehr durchsichtig, Herr Kovac, sehr durchsichtig, sich beim letzten Heimspiel noch einen Pluspunkt bei den Frankfurter Fans abzuholen, daß ihr Fußballgott zu Ende der Saison noch mal auf dem Rasen steht. Eher ein bißchen peinlich.“
Mit dem Betreten des Platzes hatte Alex Meier nun die gesamte Erwartung auf seinen Schultern, wo es doch eher um den Fuß ging, der den Ball in der richtigen Lage ins richtige Eck treffen sollte. Also die gesamten Erwartungen der Fans, die der Eintracht-Oberen, seine eigenen, die wir als die größte Bürde betrachten – viel weniger die des Trainers, vermuten wir mal. Schon nach zwei Minuten gab es eine dieser Situationen, für die Meier bekannt und geliebt ist. Er stand goldrichtig auf Links, als die Flanke kam, sein Schuß allerdings knapp am Tor vorbeisegelte. Da dachte man noch, wie schade. Wäre doch schön gewesen. Für das Ergebnis wäre ein Meiertor nicht mehr wichtig gewesen, aber für alles andere schon.
Und dann wiederholt sich diese Situation in der 90. Minute. Wirklich wie im Kino, wie in einer Schnulze. David Abraham legt vor und zielt mustergültig vor's Tor, wo Alex Meier in einer ungewöhnlichen Abspielsituation mit der linken Innenseite des Fusses den Ball etwas hebt und zielsicher rechts ins Tor schlenzt. Unglaublich. Unglaublich das Tor selbst, aber eben auch die Situation. Wildfremde liegen sich genauso in den Armen, wie alle die, die ihre überbordenden Gefühle am nächsten auslassen müssen. Denn so was gibt es gar nicht im normalen Leben. Daß ein Konzept im Kopf so auf dem Rasen Wirklichkeit wird, daß aus der Absicht die Tat wird, und eine fällige Geste tatsächlich zum Tor führt. Wenn die geballte Absicht aber so wie hier aufgeht und der Held sein Tor schießt, sind überwältigende Rührung und eben auch Rührungstränen die Folge.
Am gefaßtesten wirkte auch danach der Torschütze Alex Meier, der seine Freude darin ausgedrückt sah, daß er seinen Fans durch das Abschlußtor einen Dank hatte geben können für all die Jahre der Unterstützung. Alle anderen wirkten doch leicht wie besoffen, die Berichterstatterin inbegriffen.
Der 35 jährige Mann Alex Meier, ein langer Lackel, ist so was von bescheiden, gerade darum dann auch so beliebt. Übrigens nicht nur bei den Fans, auch bei den Mitspielern. Nachher sagte er, der ja nach gefühlter Ewigkeit ausgerechnet vom Hamburger SV an den Main gekommen war, noch: „Es war eine super Flanke, und ich habe den Ball dann ganz gut getroffen.“ Ach wenn die Eintracht doch öfter solche „ganz gut“ hätte und gehabt hätte.
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