Claudia Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie war das mit denen, die von einem Glas Wasser, das zur Hälfte gefüllt ist, sagen: es ist halb voll, die Optimisten oder es ist halb leer, die Pessimisten. Wie auch immer, es war ein tolles Spiel, aber für Eintracht Frankfurt ist mehr drin gewesen. Sehr viel mehr.
Gut, in Ordnung, erst mal die Freude, daß dieses erste Spiel gegen Lüttich gewonnen wurde und daß es ein gutes Spiel war. Wäre es nach dem Ballbesitz gegangen, dann hätte es 5:0 stehen müssen, denn tatsächlich waren die Frankfurter mit 63 Prozent dabei und die Lütticher nur mit 37 Prozent. Aber wie haben sie dieses genutzt. Beinharte Abwehr war angesagt, denn angreifen können sie dann in Lüttich, wenn das dortige Stadion nur voller Standardfans ist, weil diese Idioten von den Ultras – nein, nicht alle, es sind ja immer nur einzelne, die dann allen schaden! - durch ihre Feuersbrünste das Stadion für Frankfurter Fans erreicht haben. Danke schön!
Kann schon sein,daß uns dabei der Ärger darüber auch dieses tolle Spiel vermiest, in dem wir gerne einen höheren Sieg eingeholt hätten. Aber stimmt schon. Verlieren wäre richtig schlimm gewesen, dramatisch sozusagen und mit diesem 2:1 ist zumindest vorübergehend mit dem 2. Platz alles im grünen Bereich. Wie knochenhart die Belgier spielten, wie sie alles in die Verteidigung steckten, sieht man an der Zweikampfquote, die zu ihren Gunsten ausgeht. Schaut man sich allerdings das Spiel in Richtung gegnerisches Tor an, dann hat die Eintracht 482 Pässe geliefert und Lüttich nur 301. Und nicht nur das, die Pässe kamen auch besser an. Und schaut man sich die Torschüsse an, sind es 14 auf Seiten der Eintracht und 7 seitens Lüttich.
Schon daraus erkennt man die Abwehrhaltung, die wohl ausdrücken soll, Tore schießen können wir noch zu Hause. Hauptsache wir kommen hier mit nur leichten Blessuren heraus. Wenn das das Ziel von Standard war, ist es aufgegangen. Übrigens witzig, jede Mannschaft hat für ein Tor genau 7 Versuche gebraucht. Uns das selbe Verhältnis gilt auch für die Torschußvorlagen, 12 für die Eintracht, 6 für 'Standard.
Aber erst mal ist festzuhalten, daß Eintracht Frankfurt seinen Offensivfußball, der gegen Bayer Leverkusen Ballfrüchte trug, fortsetzen konnte – obwohl, obwohl der Mann fehlte, der beim Freitagsspiel das I-Tüpfelchen brachte: Bas Dost. Denn den braucht die Mannschaft einfach zum Toreschießen! Schade, der Ausfall kam dazu kurzfristig, nachdem schon klar war, daß André Silva wegen Beschwerden an der Achillesferse aussetzen mußte. Zwar hat Goncalo Paciencia seine Rolle als einzige Spitze gut hinbekommen, aber er erhielt von Mijat Gacinovic und Daichi Kamada nicht das Zuspiel, das ihn hätte frei machen können, der harschen belgischen Abwehr davonzurennen.
Richtig ausgebufft kamen einem die Lütticher vor, wenn sie dicht machten und einfach keine Räume ließen, in denen erfolgversprechender Schüsse möglich schienen. Es war ein lockerer Freistoß von Kamada, den Kapitän David Abraham, eigentlich ein Abwehrspieler in der 28. Minute zielsicher ins Tor brachte zum 1:0. Eigentlich dachte man da, jetzt ist der Knoten geplatzt und das Torfeuer beginnt. Aber da konnte man das verläßliche Beharren der belgischen Mannschaft nur bestaunen. Die ließen sich nicht aus dem Konzept bringen, sondern mauerten weiter und konnten immer wieder in einem schnellen Konter echte Torgefahr bringen. Am gefährlichsten in der 40. Minute, als der schön gehobene Ball von Selim Amallah Eintracht Tormann Frederik Rönnow schon überflogen hatte, dann aber nicht ins Tor gelangte, sondern scharf über die Oberkante hinter dem Tor landete.
Auch nach der Halbzeit ging das Treiben nach vorne auf Eintrachtseite weiter. Aber oft kamen sie gar nicht bis zum gegnerischen Tor. Viele Bälle endeten unterwegs, aber einige Torschüsse waren wirklich gefährlich, wurden aber entweder von der Abwehr kassiert oder scheiterten am Schlußmann der Belgier. Das waren wirklich gut herausgespielte Chancen, die halt leider scheiterten. Bis dann wieder einmal Kamada, diesmal als Eckstoß, den Ball so servierte, daß Martin Hinteregger, ebenfalls kein Stürmer, blitzschnell so hoch sprang und entschlossen mit der Stirn den Ball runter ins Netz nickte zum 2:0. Weiterhin gab's viele Chancen, dann aber auch eine für Amallah, der in der 82. Minute zum 2:1 verkürzte. Das tat dem Spiel nicht schlecht, weil es für Aufregung sorgte, wäre doch ein zweites Tor möglich gewesen und hätte den Ausgleich gebracht.
Doch immerhin sind die Frankfurter inzwischen routiniert genug, den Sieg über die Zeit zu retten, wenn schon kein weiteres Tor drinnen war.
So sieht man mit einem lachenden Auge, daß der zweite Platz erreicht ist, aber mit einem weinenden, was möglich gewesen wäre und daß die Mannschaft nun ohne ihre Fans in der Fremde siegen müssen, wollen sie dabeibleiben, was alles wollen.
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© eintracht.de
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