Eintracht Frankfurt überrascht sich selbst mit einem 5:0 gegen den FC Augsburg, Spielbericht
Claudia Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es war zum aus der Haut fahren, was sich die Eintrachtspieler da ab 20.30 lange, lange und dann immer wieder geleistet haben: das Spiel fand in der eigenen Hälfte statt, wo es ständig, wirklich ständig, Rückpässe gab, immer wieder der Ball nach hinten zu den eigenen Leute gespielt wurde, dadurch eine Langsamkeit des Spiels eintrat, was man sich erlauben kann, wenn man, ja, genau, wenn man 5:0 führt, aber es stand ja bis zur 37. Minute 0:0.
Ha, im Nachhinein war das also eine Strategie, was so verzagt, ja hasenfüssig und unsicher begann.
Doch, scheint wirklich Absicht gewesen zu sein, die Anhänger aufzuregen und die Gegner in den Schlaf zu versetzen. Und wenn es denn wirklich eine Strategie war, die Augsburger zu lähmen, dann ist sie zu 100 Prozent aufgegangen. Stellen Sie sich also vor, daß ganz selten ein Vorstoß der Eintracht nach vorne kam, so der erste in der 32. Minute, daß aber die Augsburger die feste Abwehr in der ersten Halbzeit ganz schön anrannten: fast sichere Torchancen in der 9. Minute durch die Nummer 16, Ruben Vargas, in der 40. durch Florian Niederlechner (7) und der 45. durch Alfred Finnbogason (27). Kevin Trapp hielt überragend, er war der Fels in der Brandung. Aber bei den beiden letzten Torschüssen der Augsburger lag Eintracht Frankfurt schon längst in Führung.
Als in der 37. Minute inmitten der trägen, ja richtig langweiligen Rückspielerei dann doch ein Spiel nach vorne stattfand – na, gut, in der 32. Minute hatte es Chandler mit dem Kopf auch schon mal versucht, aber auch andere Mannschaften haben gute Torhüter: hier Tomas Koubek - , als der Ball also wirklich energisch Richtung Augsburger Tor getreten wurde und der Neue, Dominik Kohr, einen gezielten Paß in die Mitte gab, war es erneut der echte Frankfurter Timothy Chandler, der aus der Luft den Ball direkt und wuchtig spitz in den Torwinkel schoß. Unhaltbar zum 1:0 Pausenstand. Das entsprach zwar nicht dem Spielverlauf, aber dem Wunsch der 48 800 Zuschauer.
Und so ging es nach der Pause weiter. Erst einmal kurz die Selbstbeschäftigung mit dem Ball in den eigenen Reihen, aber dann erneut Chandler als neuer Mittelstürmer! Filip Kostic - den es auch gab, gut gab, aber er hatte es schwer, kaum Vorlagen, eng bewacht – hatte einen Ecke getreten und hoch in den Strafraum geschossen und obwohl Chandler eigentlich nicht richtig gut stand, schraubte er sich empor und köpfte erneut in den spitzen Winkel. Das war unglaublich. Gut, zweimal auch Glück gehabt, aber das war mit all den anderen Versuchen doch mehr, denn da war auf einmal ein richtiger Mittelstürmer vorhanden! Zwei Tore und schon vier Treffer nach der Winterpause. Stark!
Das 2:0 in der 48. Minute brachte doch keinen Eintrachtsturm, sondern eine hervorragend Abwehr hervor. Denn die Augsburger mußten jetzt ran, versuchten es auch, aber diesmal war die Eintracht in einer anderen Position. Sie führte, konnte also alles nach hinten werfen. Die Augsburger hatten in all den letzten Spielen deshalb so oft gegen die Eintracht gewonnen, was sie zum echten Angstgegner gemacht hat, weil die Augsburger vorgelegt und dann dicht gemacht hatten. Aber nun mit diesem Rückstand mußten sie offensiv spielen und dadurch auch eigene Räume freier machen. Und so kam in der 55. Minute, als doch alle von einem Anschlußtor ausgingen, die 3:0 Führung der Frankfurter. Wieder war es Filip Kostic, der flankte und André Silva damit den Kopfball vorlegte, der den einnickte.
Jetzt war die Sache gelaufen. Das fühlte jeder. Manche sogar so deutlich, daß ein frühes Abziehen vieler Fans zu beobachten war. Klar, schon besser, eine S-Bahn zu erreichen, in die man noch hineinkommt, als dann endlos zu warten, erst recht, wenn man die Fans der gegnerischen Mannschaft durchlassen muß. Was sich heute außerhalb der Stadien an Polizeiaufgebot einfindet, ist schon überdimensional, aber es wird seine Gründe haben. Davon erfahren die Sportjournalisten, die immer ihr Auto unter dem Stadion parken können, nichts. Dabei sind die Fans auf der Rückfahrt eine wahre Goldgrube, was ihre Sprüche, aber auch Überlegungen zum Spiel angeht.
Wahrscheinlich werden aber die angesprochenen Fans – gilt nicht nur für S-Bahn, erst recht für die vielen oberirdischen Parkplätze und die Busse 61 und 80 – das nächste Mal bis zum Schluß bleiben. Eintracht Frankfurt entwickelt sich zu einer Mannschaft, die ganz am Schluß noch mal aufdreht und auch Tore erzielt. Denn, was Filip Kostic in der 89. Minute fertig brachte und in der 90. Minute wiederholte, waren zwei Tore vom Allerfeinsten. Man freut sich zudem für diesen Mann, der seit langem unermüdlich kämpft.
Dieses 5:0 entspricht überhaupt nicht dem Spielverlauf, ist aber einer gezielten Strategie und Taktik zu verdanken – und natürlich dem spielerischen Geschick, Tore nicht nur anzustreben, sondern die Torschüsse auch ins Tor zu bekommen. Das ist neu für die Eintracht und eine aufregende Perspektive! Richtig gut gemacht und ein gutes Gefühl für das anstehende Europaspiel gegen Salzburg! Doch erst einmal müssen die Frankfurter nach Dortmund, wieder zu einem Freitagabendspiel, was ihnen aber wohl liegt. Zu Hause zumindest gewinnen sie das mit neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit. In Dortmund? Wir werden sehen.