CDU/CSU verliert weiter an Zuspruch, doch ist der Rück- und Niedergang der CDU schon eine alte Geschichte
Heinz Markert
Kochs Andenpakt mit Ausschluss von Frauen ist Geschichte, Dobrindts Parteiverbot der Linken war ein Spleen, die Schulreform-Gegner mit mehr Gefängnis und Gymnasium (1998) – gleichzeitig - hat der Zeitgeist ins Abseits verfrachtet.
Der Seehofer-Populismus wirkt nur noch gespenstisch, Gabriele Pauli hat's bewirkt. Die Mehrheit in Bayern lehnt die CSU ab und CDU-Präsidiums-Mitglied Hildegard Müller sagte Merkel 2008 ab.
Zur Vorgeschichte im Kontext der Ermittlungen gegen die AWO
Die CDU hat sich mit OB Peter Feldmann ihren Lieblings-Prügelknaben geschaffen. Dass die AWO-Affäre nach Ansicht der CDU auf Peter Feldmann zurückfallen muss, wird mit seiner Verbundenheit und inneren Nähe mit dieser Organisation der Wohlfahrt der Arbeitnehmerschaft begründet und soll auch irgendwie mit seinen früheren Tätigkeiten für diese verbunden sein. Die Defacto-Beziehung zur Arbeiterwohlfahrt ist aber keine unehrenhafte. Ihn für deren Verfehlungen mitverantwortlich zu machen muss als krampfhaft hergeholt bezeichnet werden. Eher wäre die ehrenamtlich für die AWO tätige Uli Nissen (inzwischen zurückgetreten) in die Verantwortung zu nehmen, weil sie bei der Revision des Geschäftsberichts versagt hat. Es reicht halt nicht einfach nur eine Unterschrift unter das Protokoll zu setzen. Sie ist von der AWO jedoch instrumentalisiert worden. Alle Verfehlungen der AWO müssen selbstverständlich aufgearbeitet werden.
Schmutzkampagne gegen Feldmann
Die CDU erodiert in Frankfurt wie auch anderswo. Deswegen bleiben ihre nur noch üble Regungen übrig, die sie einen Tag vor der Kommunalwahl mobilisiert, wie kürzlich gegen OB Peter Feldmann gerichtet, um temporär zu punkten. Kurz vor der Kommunalwahl will sie nochmal richtig zulangen, indem sie Feldmann vor dem Wahltag kurzfristig die Ehre abschneidet. Nicht zum ersten Mal. Aber alles, was sie versucht, zieht nicht mehr. Es bleibt durchsichtig. Heiner Geißler war mal ein harter Knochen, zuletzt war er ein konservativer Rebell, der die SPD links überholte und Mitglied bei attac war. Die Bastionen des fürchterlichen Konservativismus der Post-NS-Ära gehen unweigerlich in die ewigen Jagdgründe ein. Gauweilers „Keine Diffamierung unserer tapferen Wehrmachtssoldaten“ im Zusammenhang mit der Wehrmachtsausstellung ist Geschichte.
Staatsanwaltliche Rechtsverdreherei
In neuerlicher tiefgründiger Absicht der Frankfurter Staatsanwaltschaft wird gegen OB Peter Feldmann wegen des Anfangsverdachts zur Vorteilsannahme aufgrund eines angeblich überhöhten Gehalts und unberechtigten Dienstwagens zum Vorteil seiner Ehefrau Zübeyde - als Leiterin einer AWO-Kindertagesstätte - ermittelt. Gegen Feldmanns Ehefrau selbst wird zunächst nur noch wegen Beihilfe hierzu ermittelt, da die Vorteilsnahme lediglich nur von einer Amtsperson – wie in diesem Fall dem OB – begangen werden kann. Daher also wurde die Ermittlung sinnigerweise zunächst von der Ehefrau weg auf den Ehemann verlagert. Dieser Schachzug deutet an, wie sehr die Staatsanwaltschaft sich ins Reaktionäre verlegt und sich schon allein damit zum Gespött Frankfurts macht.
CDU und Staatsanwaltschaft unterstellen Frau Feldmann offensichtlich auch, sie könne wohl unmöglich alleine ihre Interessen im Bewerbungsgespräch und beim Aushandeln ihres Gehalts mit der AWO vertreten haben und müsse also ihren Oberbürgermeistermann hinter ihrem Rücken haben wirken lassen, der ihr über die Schulter guckte und womöglich bei der AWO vorstellig wurde, um die Sache klar zu machen.
Jetzt aber geht`s erst richtig los: Die ungewollte Komik nach obigem Muster liegt darin, dass weil nicht zwei konkurrierende Anschuldigungen zugleich verfolgt werden können, das Disziplinarverfahren, das OB Feldmann gegen sich selbst angestrengt hatte, um sich zu entlasten, ausgesetzt wurde. Mit dieser Lächerlichkeit begeht die Staatsanwaltschaft einen offensichtlichen Verstoß gegen den Geist der Rechtsprechung, der das Ansehen der Rechtsprechung beschädigt und bis auf weiteres disqualifiziert.
Auch argwöhnt die Öffentlichkeit, dass der Zeitpunkt einen Tag vor der Kommunalwahl als Versuch der Einflussnahme auf das Wahlgeschehen zu verstehen sei, um den CDU-Stadt-Riegen von vorgestern, die sich schon genug zerzaust vom laufenden CDU/CSU Maskenskandal vorkommen müssen, eine nett gemeinte Wahlhilfe zuteilwerden zu lassen. Denn man kennt sich ja...
Vor Jahren schon bezeichneten die Frankfurter Grünen die CDU als Spießer-Partei. Die Basis der Grünen steht, wie gemeldet wird, mehr und mehr in einem Gegensatz zu ihrer Führung. Zudem hat die junge Klimabewegung sie förmlich überrollt. Das zeigt sich im verstärkten Dissens um die Bebauung der Günthersburghöfe im Frankfurter Nordend. Die Führung aber kuschelt mit der CDU. Mehr noch als eine Spießerpartei ist die CDU als blanke Partei des Materialismus des Besitzes - Ideelles hin oder her – anzusehen, dabei ist der Besitzmaterialismus doch immer schon der schlecht verhohlene Kern dieser Partei und alles übrige nur Camouflage. Nun landeten bei den Grünen ihre eigenen Größen, was Kandidaten angeht, auf hinteren Plätzen und die neuen - auch linkeren - Grünen rekurrieren jetzt auf die Gründerzeit ihrer Partei, die aber ehedem schon ein ambivalentes, widersprüchliches Gebilde war. Beobachter wissen indessen sicher, dass die Grünen und die CDU ganz verschiedenen Kulturen angehören.
Angestaubtes Familienbild der Staatsanwaltschaft
Das entspricht auch ganz und gar dem Weltbild der CDU. Beachte: Weltbild war für Adorno das fürchterlichste Wort auf Erden, das ihn auf seine Weise immer fuchsteufelswild machte. Das Weltbild der CDU geht ungefähr so - nach dem Muster Heinrich Hoffmanns:
..und da blickt der CDU-Mann stumm, auf dem Gehalt der Frau herum...es soll nicht mehr sein als seins - denn dann ist was falsch - ; und wenn er schon nicht Tätigkeit der Frau verbieten kann -, wie noch bis Ersten Siebten Neunzehnhundertsiebenundsiebzig, neiden darf er es ihr schon und muss dann unvermittelt reagieren.
Was von Saubermännern in Amt und Würden, in besitzstandswahrender Partei und verstaubte Justitia, zu erwarten ist, weiß der aufgeklärte Volksmund eines Karlche längst. Seine Skulptur steht am Zugang des Offenbacher Wochenmarkts. Die CDU hat zu einer modernen, aufgeklärten Gesellschaft wenig Draht und mauert Tag um Tag.
Der immer locker entspannte Feldmann ist für die CDU das rote Tuch, weil er nicht das konservative Mannsbild abgibt. Es muss ihm also taktisch das Gegenteil des neuen Mannsbilds unterstellt werden und dass er hierzu manipulativ unterwegs sei. Eine zutreffende, kaum besser zu formulierende Rechtfertigung Feldmanns fand sich in einem Leserbrief an die FR: „Frau Feldmann ist eine erwachsene Person. Wie sie ihren Arbeitsvertrag mit der AWO aushandelt, ist ausschließlich ihre Kompetenz. Die Kampagne der Union gegen Peter Feldmann offenbart ein absolut reaktionäres Weltbild. Und dass die Braunen im Römer dieses Bild teilen, etwas anderes habe ich nicht erwartet. Und die Grünen gebärden sich als treue Kumpane in dieser Kampagne“.
Und übrigens, die traditionelle Selbstbedienungspartei ist nicht die SPD, sondern die CDU, Tag für Tag, wo immer es nur geht. Was in diesen Tagen demonstriert wird. Das Einschießen auf Feldmann ist einfach nur ekelhaft.
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