Durch die Waldidylle Fechenheimer Wald soll eine breite Schneise, die sein Ende bedeuten würde, für die Autos geschlagen werden
Heinz Markert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wo er doch ein unverzichtbares Element für das Klima und die Lage der Umwelt im Frankfurter Osten abgibt. Er soll nun auch noch zu einem wesentlichen Teil dem ran rückenden Automoloch geopfert werden.
Terminator Autoverkehr
Obwohl es schon nahe am Waldfällen war, wurde im letzten Moment das Schlagen verschoben, weil erforderliche Genehmigungen noch ausstanden. Nebenbei: auch die übrige rechtliche Situation von wegen Sofortvollzug ist unklar, eine Rolle spielt auch das Tunnel-Brandrisiko. Die nördliche zweite Bahn ist nicht realisiert. Noch befinden sich zwei Richtungen auf einer Fahrbahn (in Höhe Bornheim – das nicht geklagt hat), die 2. Bahn nördlich, auf dem Abschnitt Seckbach, steht noch aus. Eine Brücke bleibt ungenutzt, bis 2031 (Betriebsbeginn der Gesamt-Maßnahme). Das neue Planfeststellungsverfahren harrt letzter Dinge. Der lange in Rede stehende Tunnel war schon 1985 gefordert worden.
Was dort zu vollziehen in der Mache ist, würde der totalen Sause, die sich Morgen für Morgen abspielt, weiter Vorschub leisten. Für ein Gefährt, das völlig unwirtschaftlich eingesetzt wird und mehr einer Illusion von Fortkommen dient. Dahinter verbirgt sich nämlich ein beständig verhohlenes Geheimes. Das Auto ist für die überwiegend männliche Kraftführerschaft die Möglichkeit, sich vom Familienleben die frühmorgendliche Distanz zu gönnen, bevor das leidige Büro geentert werden muss.
Dazu Zwischenbericht 2017, weltexpresso.de: Suchbegriff "Ein Monstrum" steigt auf im Frankfurter Osten
Wie einem verfehlten Verkehr geopfert wird, zeigt allein die Tatsache, dass in einem Zeitraum von 2023 bis 2031 gebaut werden soll, wo der Stadtteil doch bei weitem schon genug unter der Keule des Überlandverkehrs leidet. Hinzu kommen die noch anhängigen Klagen gegen das Projekt, die es weiter verzögern dürften. Wenn das Klimaregime des Bundesverfassungsgerichts erstmal in das oberkritische Stadium eintritt, kann daraus der endgültige Stopp des über Jahrzehnte sich hinstreckenden Langzeitprojekts folgen. Denn wir haben für unser nationales CO2 Kontingent nur noch ganz wenige Jahre übrig.
Die Crux liegt darin, dass die propagierte Entlastung des Ostens im Gegenzug mehr Verkehr bringen wird. Dann ist es weniger der Schadstoffausstoß, der ins Feld geführt werden wird, als vielmehr der Abrieb der Reifen, der zum Smog wird. Schon längst ist die Frischluftschneise durch die Trennung von Bornheim und Seckbach unterbrochen.
Begehung des Enkheimer Walds samt Teufelsbruch
Der Fechenheimer Wald ist die letzte Naherholungszone für das nahe und weitere Umfeld. Diese würde mit dem weiteren Vorgehen eliminiert. Der Wald wird schon durch all das Um-ihn-herum nachhaltig geschädigt. Zwischen den beiden Hälften würden unablässig Fahrzeuge brettern, er würde seine Funktion für Mensch, Tier und Insekten verlieren. Noch ist dieser Wald ein Rückzugsraum der ausnehmenden Stille, wenn er mal durchrast wird, kommt es zu einem beidseitigen Höllenlärm.
Am vergangenen Sonntag haben Initiativen durch den Wald geführt und Erklärungen gegeben. Wald und angegliederter Teufelsbruch gehören zum ehemaligen Überschwemmungsland des Mains. Der ganzen Gegend sind schon Wunden zugefügt worden und werden weiter zugefügt. Auch mit einem eingezäunten Gebiet (da wo die Abfahrt in den Tunnel geplant ist), aufgrund invasiver Neophyten, die Scherzkekse eingebracht haben. Wie den asiatischen Knöterich mit einem riesigen Blattwerk, der Götterbaum mit einem unendlich in die Tiefe raumschlagenden Wurzelwerk. 1500 derartige Gewächse haben es schon zu uns gebracht. Sie sind eine wachsende Bedrohung mehr als nur für die einheimischen. Arten. Einheimische organische Spezies halten sich auf Distanz, befallen die Monster nicht.
Auf dem sonntäglichen Waldspaziergang ins besetzte Gebiet
Nehmen wir den Erlenbruch, an dessen der Großstadt zugewandtem Teil das Autobahndreieck wächst, als Voraussetzung, dann befindet sich im Gegenzug an jener Straße, der dem Erlenbruch mit dem Präfix 'Am' den Namen gibt, auf Höhe der Kruppstraße und beiseite des Hessencenters ein kleines Karre, auf dem die Initiative gegen die drohende Fällung zum einen Mahnwache hält, zum andern für die Besetzung des daneben sich erstreckenden Waldbandes gesorgt hat. Hier findet sich fast nicht erkennbar ein bescheidenes kleines Entre in den Wald, auf dem geschritten wurde, um die Lage und Verfassung des Wäldchens begutachtet und erklärt zu bekommen. Die Besetzer freuen sich auf rege Beachtung, denn es muss vorschriftsmäßig immer eine Mindestanzahl von 2 Anwesenden den Wald besetzt halten, sonst drohen Sanktionen.
Der Wald hat sein eigenes Klima. Zwischen Wald und Nichtwald kann leicht ein Temperaturunterschied von 8 Grad auftreten. Da, wo ein Hohlweg in Autors Nähe auf der einen Seite von Gärten und auf der anderen Seite vom Damm der Schnellstraße Jean Monet begrenzt wird, fällt die Temperatur beim Radfahren immer abrupt ab, selbst in kühler Jahreszeit. Im Sommer ist das erst recht die Regel. Auf der Straßenseite bleibt es sommers bei bulliger Hitze. Wald bedeutet Klima in sanfter Feuchte, plus Erholung. Führt dennoch aber zum Streit. Der Wald leidet unter Kiesbaggern, Autobahnverkehr und laufenden Verkehrsprojekten um ihn herum. Dieser kleine Wald bei Enkheim ist schon weitgehend segmentiert, wie andere in Frankfurt auch. Die Initiativen sagen: Es muss um jeden Quadratmeter gekämpft werden.
Beteiligt waren auf dem Pfad-Gang im Enkheimer Wald am vorvergangenen Wochenende People for Future, Greenpeace Frankfurt, der Sprecher der BügerInnen-Initiative ‚Waldwende jetzt‘, Vertreter:innen der angereisten AG-Wald und des Aktionsbündnisses Unmenschliche Autobahn. In Bezug auf Sein und Nicht-Sein des Waldes geht es den Machern mit dem der Klientel im Weg stehenden Wald sozusagen nur um den bescheidenen, aber sehr aufwendigen Lückenschluss der A66 zur A661. Frischluft ist das schlagende Argument für die Besetzer. Alle, die gegen das Projekt sind, sollten den Klageweg beschreiten. Aber die CDU fordert die Räumung des Waldes. Die Initiativen propagieren das Modell Waldgesellschaft als Lebensform. Nun ist es etabliert.
Die kraftvollen Bäume sind oftmals 150-200 Jahre alt. Hier finden sich Stieleiche und Hainbuche. Das Grundwasser ist alt (in mehreren Schichten). Es gibt ein Dürremonitoring. Das regnerische Jahr brachte indes zu wenig. Spitzahorn, Vogelkirsche und Eibe gehören zu den weiteren beeindruckenden Baumarten. Sterben denn Bäume bereits ab? Es finden sich schwarze längliche Vertiefungen. Löcher hingegen könnten auf Fledermäuse oder Spechte hindeuten. Das System lebt noch, aber es ist in Gefahr. Ob hier ein Bannwald, im Rahmen des Gesetzes vorliegt, war ein noch nicht erledigtes Thema. Es müsste in Kataster gegangen werden und im Waldgesetz geforscht werden. Das bedeutet: da ist viel an Bürokratie dahinter. Was bedeuten die weißen, an Bäumen angebrachten Plättchen? Hier besteht noch Recherchebedarf.
Der Vergangenheit am nächsten im Teufelsbruch
Der Teufelsbruch rührt von der Maineindämmung her. Er ist ein alter Bruchstandort, im Sinn der Bodenbeschaffenheit. Hier stehen große Schwarzerlen, Silberweiden und Eschen, die sorgsamen Umgang erfordern. Es kam die Idee auf, Wasser wieder einzuleiten. Jedoch, würde das was bringen? – Der Tunnel und alles, was in die Erde gebaut wird, senkt den Grundwasserspiegel bis zu 14 Meter ab. Das Wasser wird durch die Kissenförmigkeit des Eingeschachteten abgedrängt. Man kann es mit Lasagne vergleichen. Immer handelt es sich dabei um mehrere Schichten, die weitgehend verbleiben. Gilt für jegliche Böden. Die Auswirkungen auf die Vegetation sind dramatisch. Ihr wird das Wasser abgegraben. Noch herrscht köstliche Ruhe, aber später, wenn der Moloch rast, geht’s rund. Denn Autobahn bringt Lärm und Abgase, 24 Stunden plus Spitzen.
Gesundheit ist der größte Wirtschaftsfaktor. Messungen ergeben, dass Das Grün die Stresshormone zurückdrängt. Das Gesundheitswesen macht viel Umsatz, der Wald aber macht als solcher kraft seines Bestehens gesund. Der Kampf um die Einhausung bedeutet eine aufschiebende Chance. Auf die Baukosten aber folgen Folgekosten, doch darüber kann es noch keine Berechnung geben. Es wird noch ein Umweltmediziner kommen und seine Kenntnisse verbreiten.
Achtung, bitte
Da, wo die A661 in den Tunnel einfahren wird, unmittelbar auf der Fläche hinter dem Hessencenter, wird linksseitig neben dem großen Feld dem Altbestand an Alleenbäumen absehbar der Tod bereitet werden, da hier die Baustellenfahrzeuge ihre Schwenke ausführen werden. Wer aus dem gesamten Stadtteil wird diese Bäume überhaupt schon mal wahrgenommen haben? Hier werden ausgemachte Naturdenkmäler den abscheulichsten aller Tode finden, insofern wir meinen, dass um diese alten Baumgestalten ein sehr großer Bogen gemacht werden sollte. Es sind dermaßen charaktervolle Bäume, dass sie bei der Gesamtlage unserer Alt-Natur Anlass sein könnten, dass sich hier die Sehnsucht nach einer Resurrektion der fast verblichenen Alt-Natur unserer ältesten Vorfahren stillen dürfen sollte.
Übrigens, schon in den Siebziger Jahren wurde im Enkheimer Wald für den Straßenausbau gefällt. Aus dieser Zeit ist mir die auf einem Schild an der kritischen Stelle der angegangenen Natur verzeichnete Klage überliefert: "Ihr Schweine, ihr habt mir meinen Indianerpfad gestohlen/kaputt gemacht". - Die Angelegenheit wurde damals im nicht weit entfernten Lehrbetrieb des Grafischen Gewerbes ausgiebig verhandelt.
Fotos © Heinz Markert