Trude Simonsohn 2016 sw2 copyright Stadt Frankfurt Heike LydingGanz Frankfurt trauert um die Frau, die das KZ überlebte und den Deutschen half, die Vergangenheit aufzuklären und nicht zu vergessen, Teil 1/2

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wenn man einen Menschen persönlich gekannt hat, der durch sein Tun und sein Sein eine öffentliche Person war, dann ist sein Tod gleich von doppelten Gefühlen betroffen, eben der persönlichen Trauer und dem Wissen, daß ein Leben, dem die deutsche Gesellschaft viel verdankt zu Ende gegangen ist.  Darum äußern sich viele Institutionen zu ihrem Tod. Und gleichzeitig wird Trude Simonsohn in der Erinnerung weiterleben, wobei wir bei ihrem Tod auch an ihre Freundin Irmgard Heydorn denken, die 2017 mit 101 Jahren starb und als Sozialdemokratin im Widerstand gegen Hitler überlebte. Beide gingen gemeinsam in Schulen und konnten aus der Perspektive der Opfer und des Widerstands das verbrecherische NS-System sehr gut vermitteln. 


 Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main:

Mit großer Bestürzung hat der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main erfahren, dass Trude Simonsohn, Shoa-Überlebende und erste  Ehrenbürgerin der Stadt Frankfurt, heute verstorben ist.

Dazu erklärt der Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Salomon Korn: „Wir sind fassungslos und voller Trauer über diesen großen Verlust. Trude Simonsohn, seligen
Angedenkens, war eine bemerkenswerte, herausragende Frau, die stets zum Wohle ihrer Mitmenschen gehandelt hat. Zu Recht wurde sie für ihr Wirken zur ersten Ehrenbürgerin unserer Stadt ernannt.

Als Shoa-Überlebende hat sie sich für Versöhnung und ein respektvolles Miteinander in unserem Land eingesetzt. Durch ihr unermüdliches Engagement, insbesondere jungen Menschen in Schulen vom Erlebten zu berichten, wirkte sie für eine friedlichere Gesellschaft. Trude hat ihren Lebensweg auch stets voller Hoffnung und Mut gestaltet und glaubte an eine bessere Welt, die aus ihrer Vergangenheit gelernt hat.

Trude Simonsohn prägte auch ganz entscheidend die Jüdische Gemeinde Frankfurt, für die sie sich ihr Leben lang eingesetzt hat. Nicht nur als Gemeinderatsvorsitzende, sondern auch lange danach blieb sie der Gemeinde auf das Engste verbunden. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie sehr wir Trude vermissen werden. In diesen schweren Stunden, sind unsere Gedanken bei ihrer Familie, der wir viel Kraft und Trost wünschen.

Wir werden Trude ein ehrendes Andenken bewahren und sie immer in unseren Herzen tragen.“


Ministerpräsident Volker Bouffier zum Tod von Trude Simonsohn

„Eine bedeutende Hessin ist von uns gegangen, die sich um die Erinnerungskultur und den Wiederaufbau von jüdischem Leben in Hessen verdient gemacht hat“

Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat betroffen auf den Tod von Trude Simonsohn reagiert und ihre Verdienste für die Erinnerungskultur und das jüdische Leben in Hessen hervorgehoben. „Ich bin sehr bestürzt über den Tod von Trude Simonsohn. Eine bedeutende Hessin ist heute von uns gegangen, die sich um die Erinnerungskultur und den Wiederaufbau von jüdischem Leben in Hessen verdient gemacht hat. Meine Gedanken sind ganz besonders am heutigen Tag bei ihrer Familie und ihren Angehörigen. Trude Simonsohn wird immer einen Platz in unserem Herzen haben“, erklärte der Hessische Ministerpräsident.

Trude Simonsohn wurde 1921 in Olmütz geboren, das liegt im heutigen Tschechien. Während der Zeit des Nationalsozialismus war sie in den Konzentrationslagern Theresienstadt und Auschwitz inhaftiert. „Trude Simonsohn hat die dunkelsten Stunden deutscher Geschichte miterlebt. Angesichts dieser Erlebnisse hätte man es ihr nicht verdenken können, dass sie Deutschland den Rücken kehrt. Doch Trude Simonsohn tat das Gegenteil. Sie arbeitete an einem Deutschland von morgen mit und engagierte sich aktiv am Wiederaufbau der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt“, so Bouffier. „Als Shoa-Überlebende ging sie an Schulen und erzählte den Jüngeren von ihren Erfahrungen. Ihr Einsatz für die Erinnerungskultur und das Eintreten für Humanität und Weltoffenheit war unermüdlich. Sie wird uns sehr fehlen“, erklärte der Regierungschef.

Für ihre Verdienste um die Erinnerungsarbeit erhielt Simonsohn 1996 die Wilhelm Leuschner-Medaille des Landes Hessen.

„Die Nachricht vom Tod der Holocaust-Überlebenden Trude Simonsohn erfüllt mich mit tiefer Betroffenheit und Trauer. Hier ist eine ganz besondere Persönlichkeit von uns gegangen und hinterlässt eine tiefe Lücke in Hessen. Wer aus dem persönlich erlittenen Schrecken und dem Schmerz eine solche Kraft zur Versöhnung und zum Miteinander findet, wird über Generationen hinweg ein Vorbild für Menschlichkeit, Aufrichtigkeit und Mut bleiben“, reagierte heute der Beauftragte der Hessischen Landesregierung für das jüdische Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Uwe Becker, auf die Nachricht vom Tod der Frankfurter Ehrenbürgerin Trude Simonsohn.

„Ich habe Trude Simonsohn immer als ein Vorbild für gelebtes Miteinander erlebt. Mit ihren Vorträgen an Schulen, wo sie als Zeitzeugin über die Schrecken der Shoa erzählt hat, hat sie den nachfolgenden Generationen vermittelt, welche tiefe Verantwortung für eine bessere Zukunft hinter den Worten des ‚Nie wieder‘ steckt“, erklärte Uwe Becker.



Eine große Frau ist von uns gegangen

Die Kommunale Ausländerinnen- und Ausländervertretung (KAV) betrauert den Tod von Trude Simonsohn. Diese sei eine große und wichtige Persönlichkeit für Frankfurt am Main gewesen, so die KAV. Als Holocaust-Überlebende war Simonsohn bis zuletzt eine Zeitzeugin, die Schulen und Veranstaltungen besuchte, die Vorträge hielt und der es wichtig war, dass ihre Erlebnisse und damit die Verbrechen der Nazi-Diktatur nicht in Vergessenheit gerieten. Als Ehefrau von Berthold Simonsohn, der 1978 verstorben ist, unterstützte sie zudem die nach ihrem Mann benannte Schule mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung in Frankfurt am Main.

Als Shoa-Überlebende stand ihr Einsatz für Versöhnung und ein respektvolles Miteinander stets an erster Stelle. Das mache sie zu einer besonders wichtigen Persönlichkeit, deren Verlust nicht mehr zu ersetzen sei, lässt die KAV verlauten. Das gelte nicht nur für Frankfurt am Main, sondern für ganz Deutschland. „Wir trauern um sie, aber sie wird nie vergessen werden“, sagt Jumas Medoff, Vorsitzender der KAV.

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© Stadt Frankfurt, Heide Lyding