Helga Faber
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Man sah sie durch die Stadt ziehen, als die Demo vorbei war und hauptsächlich Frauen zu zweit und zu dritt im Gespräch und mit eingerollten VErdi-Fahnen in der Hand auf die U-Bahneingänge zustrebten. Wir sprachen mit einigen und konnten Empörung und Enttäuschung spüren, wenn sie über ihren beruflichen Alltag, die Überlastung und gleichzeitig geringe Bezahlung sprachen. Gut also, daß die Frankfurter Bildungsdezernentin Weber die Aufwertung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst als Signal der Wertschätzung forderte, eine deutlich höhere Bezahlung sowie eine bessere Eingruppierung von Erzieherinnen und Erziehern.
„Die immense Bedeutung pädagogischer und sozialer Arbeit für die Aufrechterhaltung unseres gesellschaftlichen Lebens hat sich mit großer Deutlichkeit in den letzten zwei Jahren gezeigt, während der Pandemie. Ohne den unermüdlichen und selbstlosen Einsatz unserer Erzieher:innen und pädagogischen Fachkräfte zur Aufrechterhaltung der Kinderbetreuung wären über kurz oder lang Aktivitäten in allen gesellschaftlichen Bereichen zum Erliegen gekommen: zum Nachteil und Schaden aller“, sagte Weber anläßlich der in der 20. Kalenderwoche anstehenden Tarifrunde.
In der aktuellen Krise werde ersichtlich, wie wichtig gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte für die Aufrechterhaltung unseres gesellschaftlichen Lebens seien. Nicht umsonst wurden zu Beginn der Pandemie auch die Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen vom hessischen Sozialministerium in die Gruppe der systemrelevanten Berufe aufgenommen. „Viele Kolleg: innen in den Einrichtungen stellten unter hohem persönlichen Risiko eine Notfallbetreuung für die Kinder anderer Berufsgruppen bereit. Ohne unsere Fachkräfte hätten Feuerwehrleute, Rettungsdienste, Ärzt:innen und Pfleger:innen ihrer wichtigen Arbeit nicht nachgehen können.“
Sie forderte die kommunalen Arbeitgeber auf, sich zu bewegen und trotz knapper Haushalte ein Zeichen zu setzen. „Es ist jetzt an der Zeit, danke zu sagen und die gesellschaftliche Anerkennung der Bildungs- und Erziehungsarbeit durch eine deutlich bessere Bezahlung und eine verbesserte Eingruppierung zu erhöhen. Ziel muss es sein, die Beschäftigten zu stärken, im Fachfeld zu halten und darüber hinaus eine große Zahl neuer Fachkräfte für diese Arbeit zu gewinnen“, bekräftigt die Dezernentin ihr Engagement und ihre eindeutige Positionierung für die Forderungen der Mitarbeitenden im Sozial- und Erziehungsdienst.
Die Kolleginnen sowie Kollegen in den Einrichtungen haben sich in der Pandemie solidarisch gezeigt mit der Gesellschaft und mit den Kommunen. Nun sei es die Aufgabe der Kommunen, ihrerseits Solidarität zu zeigen.
Frühe Bildung und Erziehung der Kinder seien pädagogisch und gesellschaftlich mindestens genauso hoch zu bewerten wie Wissensvermittlung in der Schule. Mehr noch: In der frühkindlichen Bildung werde der Grundstein gelegt für die Entwicklung der späteren Lernfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Dass in der Frühpädagogik außerdem sehr viel leichter soziale Nachteile, sprachliche Defizite und anderes ausgeglichen werden können, als im späteren Leben, sei wissenschaftlich erwiesen.
Gerade bei der Sprachförderung habe Frankfurt noch eine große Aufgabe vor sich, insbesondere angesichts der aktuellen Zuwanderung von Geflüchteten aus der Ukraine. Auch jetzt werden unsere gut ausgebildeten Fachkräfte wieder gebraucht. In der aktuellen Lage sei die hohe pädagogische Qualität in unseren Einrichtungen von immenser integrativer Bedeutung, sagte Weber.
„Ich weiß, dass wir Erzieher:innen nicht einfach einer Lehrkraft gleichstellen können, obwohl es aus meiner Sicht angemessen wäre. Aber eine großzügige Tarifsteigerung, die über den Kaufkraftverlust der letzten Jahre deutlich hinausgeht, wäre ein angemessenes Signal der Wertschätzung für diese wichtige Bildungs- und Erziehungsarbeit“, betonte die Stadträtin.
Sie unterstrich: „An Bildung, Betreuung und Erziehung darf nicht gespart werden, denn es geht um die Zukunft unserer Kinder, um soziale und kulturelle Teilhabe und um die Sicherung eines friedlichen und gleichberechtigten Zusammenlebens in unseren Städten.“
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