Die satirische Wochendepesche vom 21. August 2022
Nikolaeus Merthon
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Klassenkampf des Christian Lindner. „deleatur“ gegen Gender-Legasthenie. Frankfurt schaut nicht aufs Geld. E-Scooter und IQ.
Der Klassenkampf des Christian Lindner
Fieser deutscher Plebs. Faul, deppert, primitiv. Für den Profit. Die F.D.P. unter Christian Lindner muss sich derzeit reichlich Verballhornungen ihres Namens gefallen lassen. Man wirft ihr eine Klientelpolitik zu Gunsten von Reichen und Steuerbetrügern vor. Auch die Untergrabung einer nachhaltigen Anti-Covid-Strategie wird ihr angelastet. Erst jüngst machte sie wegen der sozialen Deklassierung von Rentnern Schlagzeilen, weil sie ihnen pauschal einen Energiekostenzuschuss verweigerte. Ähnlich klassenkämpferisch – im Sinn der besitzenden Klassen – gebärdet sich die F.D.P. bei Hilfen für Verbraucher, denen die extrem gestiegenen Gaspreise das mühevolle Leben noch schwerer machen. Und kaum einen verwundert es, dass die Freidemokraten am lautesten die Laufzeitverlängerung der verbliebenen deutschen Atomkraftwerke fordern.
Im letzten Punkt scheint Christian Lindner bei einer nächtlichen Rasertour mit seinem Rennwagen durch Bergisches Land und Sauerland, haarscharf vorbei an den Latifundien des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, eine neue Idee gekommen zu sein. In einem noch unveröffentlichten Szenario, das für den Parteivorstand erstellt wurde, wird das Verbringen des Atommülls auf den Mond technisch und hinsichtlich der Kosten durchgespielt. Mit einer solchen Aktion soll die Kritik der Kernenergiegegner entkräftet werden, welche angesichts der erwogenen Verlängerung von Laufzeiten auf die ungeklärte Entsorgung der Brennstäbe verweisen. Da auf dem Mond aller Voraussicht nach nie menschliches Leben möglich sein wird, käme es auf zusätzliche Gefahren auf dem Planeten nicht an. Ob und inwieweit der sprichwörtliche Mann im Mond reagieren wird, lässt die Studie offen. Nach Art der F.D.P. ist sie allem Anschein nach mit der heißen Nadel gestrickt, lässt jede Nachhaltigkeit vermissen und entspricht voll der unreflektierten Genusssucht der Liberalen: Noch einmal eine große Sause machen, selbstredend auf Kosten der Allgemeinheit, und dann notfalls untergehen. Die F.D.P. versteht zwar nichts vom normalen Leben, dafür aber anscheinend viel vom Sterben. Allein darum sollte man sie verbieten.
„deleatur“ gegen Gender-Legasthenie
Wer die deutsche Sprache korrekt erlernt hat, entweder als Eingeborener oder als Hinzugezogener, wird sich über jene Form von anerzogener Legasthenie ärgern, die als Gendern bezeichnet wird und angeblich der Geschlechtergerechtigkeit dienen soll. Obwohl im Deutschen sowohl ein geschlechtsübergreifendes Abstraktum als auch männliche und weibliche Formen zur exakten und nichtdiskriminierenden Bezeichnung von Frauen und Männern sowie ihrer Verhältnisse zur Verfügung stehen, stößt man zunehmend auf Gender-Sterne, Gender-Doppelpunkte und Gender-Gaps. Vor allem in Publikationen, in denen man bislang einen intellektuellen und kritischen Geist vermutet hatte. Etwa bei der Frankfurter Rundschau. Oder im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und in Medien der SPD (die endgültig aus der Zeit gefallen scheint) sowie der Grünen (die sich von einer Globuli-Ideologie vereinnahmen lassen). In der vermeintlich geschlechtergerechten Sprache wird einer männlichen Grundform eine weiblich angehängt und mittels oben erwähnter Symbole verbunden. Die Frau wird zum Anhängsel, definiert sich über den Mann. Sie bleibt im günstigsten Fall eine Gehilfin, im negativsten eine Sklavin des Mannes. Alles aus eigenem freien Entschluss! Wie tief gefallen muss man sein, um sich so selbst zu erniedrigen?
Eine Gruppe in Frankfurt ansässiger Autoren, Journalisten und Redakteure, die sich „deleatur“ nennt (abgeleitet vom lateinischen Korrekturhinweis „es möge getilgt werden“), hat eine Software entwickelt, die digitale Texte auf Genderstellen untersucht und in grammatikalisch korrektes Deutsch umwandelt. Das kann bei allgemeingültigen (abstrahierenden) Begriffen das generische Maskulinum sein oder, falls Mann/Männer oder Frau/Frauen konkret gemeint sind, die männliche bzw. weibliche Form. „Niemand soll sich ohne Not verblöden lassen“ sagt Einhard Keber, einer der Initiatoren. Dabei hält er eine aktuelle Nummer der Frankfurter Rundschau hoch, in der Genderstellen rot markiert sind. Das Blatt wirkt wie das Relikt von einem Schlachtfeld.
Frankfurt schaut nicht aufs Geld
Das Verfahren zur Abwahl von Oberbürgermeister Peter Feldmann am 6. November wird voraussichtlich Kosten von 1,6 Millionen Euro verursachen. Das war den Stadtverordneten bewusst, ebenso das Risiko, dass weniger als 30 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen könnten, womit die Abwahl gescheitert wäre. Ein nennenswerter Teil der Frankfurter Bürger hält seinen OB zwar für gewöhnungsbedürftig, aber nicht für kriminell. Außerdem ist Feldmann nicht wegen der ihm vorgeworfenen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung verurteilt worden. Und wird das nach Einschätzungen von Fachjuristen möglicherweise auch gar nicht. Bereits vor Wochen hatte er für Januar 2023 seinen Rücktritt angekündigt. Aber nicht wegen der juristischen Auseinandersetzung. Vielmehr wollte er der Stadt Frankfurt ein quälendes und teures Abwahlverfahren ersparen und die Gelegenheit nutzen, seine Amtsgeschäfte nach nunmehr über zehn Jahren zu einem ordentlichen Abschluss zu bringen. Er wolle ein geordnetes Haus übergeben. An eine dritte Kandidatur im Jahr 2024 habe er ohnehin nicht gedacht.
Doch noch ein anderes, bereits stattgefundenes, Ereignis belastet den Etat der Stadt unnötigerweise um ca. 1,3 Millionen Euro. Nämlich die Feier des Europa-League-Siegs von Eintracht Frankfurt im Mai rund um den Römer. Bei derartigen, von der Kommune offiziell unterstützten Großveranstaltungen, ist die Tourismus + Congress GmbH Frankfurt (TCF) im Spiel. Sie untersteht dem Hauptamt, das zwar vom Oberbürgermeister geleitet wird, aber eigenverantwortlich Entscheidungen trifft. Peter Feldmann muss jetzt andere Dezernate um eine Queralimentierung bitten. Denn weder bei der TFC noch im Hauptamt ist dafür Geld vorhanden. In Frankfurt am Main, der Finanzmetropole, scheint Verantwortungsbewusstsein nicht zu den anzutreffenden Tugenden zu gehören.
E-Scooter und IQ
Wer in Frankfurt von E-Scootern auf Gehwegen angefahren wird oder über dort verbotswidrig abgestellte stolpert, sich verletzt und anschließend keinen Schadensersatz erhält, weil der Verursacher nicht auffindbar und der Verleiher nicht zahlen muss, verdankt das dem Frankfurter Magistrat und der Mehrheit der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung.
Denn diese haben die asozialen Gefährte zugelassen und die Zulassung trotz zunehmender Unfälle nicht zurückgenommen. Dabei haben Verkehrsjuristen längst moniert, dass diese Roller von der allgemeinen Gefährdungshaftung (verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung gemäß §7, Absatz 1 StVG) ausgenommen sind, da sie nominell nicht schneller als 20 km/h fahren können. Das Berliner Verkehrsministerium hatte seinerzeit unter Federführung des Ministers Scheuer auf die rechtliche Prüfung solcher Detailfragen verzichtet (und sich auch deswegen den Namen „Bescheuertministerium“ eingehandelte). Auf Frankfurts Straßen, Radwegen und verbotswidrig auf Gehwegen flitzen also Zeitbomben.
Sie werden überwiegend gefahren von Menschen, deren IQ sich um 85 bis 90 bewegt und den Mittelwert von 100 deutlich unterschreitet. Der Optimalwert von 130 wird in dieser Gruppe nicht erreicht. Nach Einschätzung eines Sachverständigen des Frankfurter „Instituts für vergleichende Irrelevanz“ deckt sich der Intelligenzquotient des durchschnittlichen E-Scooter-Fahrers mit dem der meisten Angehörigen des Frankfurter Magistrats und der Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung. Man könne mit Fug und Recht von einer Art Wahlverwandtschaft sprechen. Das wurde bereits von anderen Sachkennern häufig vermutet, doch wie wird man die Geister, die man gewählt hat, wieder los. Und mit ihnen die E-Scooter?
Foto:
Logo der Kolumne
© MRG
Info:
Abdruck mit freundlicher Genehmigung von www.bruecke-unter-dem-main.de ©