br.deBürgermeisterin Eskandari-Grünberg äußert sich zum Thema Burschenschaften in der Paulskirche

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Da ging es hoch her. Während die einen die Entscheidung, die Paulskirche am Sonntag, 18. Juni für die Burschenschaften zu öffnen, damit diese dort einen Festakt vollziehen, in Empörung versetzt, finden andere, daß die Paulskirche für alle Organisationen, die nicht verboten sind, offen stehen muß. In Frankfurt hat dann zur großen Überraschung die Bürgermeisterin zugesagt, sich an der Veranstaltung zu beteiligen, was dann wiederum zu Prostesten führte. Zur aktuellen Diskussion um den Festakt des Convents Deutscher Akademikerverbände (CDA) in der Paulskirche am Sonntag, 18. Juni, erklärt Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg:

„Für mich ist es schwer zu ertragen, dass rechtsgerichtete Männerbünde die Paulskirche für sich nutzen wollen. Der Revanchismus, die historische Verstrickung in den Nationalsozialismus, die Seilschaften mit den neuen Rechten und die völkische Ideologie ist in meinen Augen in diesen Verbänden vollkommen unzureichend aufgearbeitet. Das Bekenntnis zum Grundgesetz allein reicht nicht. Demokratie muss antifaschistisch sein.

Deshalb braucht es verlässliche Vergaberichtlinien, die solche Veranstaltungen in Zukunft versuchen zu verhindern. Die Vergabe der Veranstaltung am 18. Juni erfolgte als reines Verwaltungshandeln. Im Vorfeld wurde im Zuge üblicher Regularien in der Stadtverwaltung der Veranstaltung protokollarisch nach den geltenden Statuten zugestimmt und eine unverbindliche Raumreservierung vorgenommen – sogenannte Protokollorder. Sofern eine Veranstaltung den geltenden Regularien entspricht, wird ein Magistratsbeschluss vorbereitet. Was den CDA angeht, wurde genau das gemacht. Vor dem Magistratsbeschluss wurde kein Mietvertrag unterschrieben und keine Zusage an den CDA gemacht.

Meine Kritik an der Veranstaltung habe ich in einem Vermerk zusammengetragen. In dem Vermerk empfahl ich unzweideutig: ,Eine Ehrenbühne wie die Paulskirche steht ihnen nicht zu.‘ Zur Magistratssitzung am 26. Mai 2023 wurde zudem ein Vermerk des Rechtsamtes vorgelegt, wonach ein Anspruch des CDA auf die Veranstaltung in der Paulskirche besteht, weil sie im Einklang mit den Statuten der Paulskirche stünde.

In der Magistratssitzung sind wir als Koalition schließlich dem Vorschlag des Oberbürgermeisters gefolgt, der Vorlage mit folgender Maßgabe zuzustimmen: ,Personen und Gruppen, die vom Verfassungsschutz des Bundes und der Länder beobachtet werden beziehungsweise demokratiefeindliche Haltungen vertreten, werden von der Veranstaltung ausgeschlossen.‘

Meine ursprüngliche Entscheidung, bei der Veranstaltung zu sprechen, beruhte auf meiner zutiefst persönlichen und politischen Motivation, dass wir immer und überall und bei allen Gelegenheiten Haltung zeigen müssen im Sinne unserer Überzeugungen einer freiheitlichen, demokratischen, diversen und gerechten Stadtgesellschaft für alle – insbesondere weil wir unsere Arbeit gegen Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie, Frauenfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit und andere Ausgrenzungen so sehr verstärkt haben.

Deshalb war es für mich wichtig, bei den Burschenschaften als Protest zu sprechen. Da in den letzten Tagen viele zivilgesellschaftliche Organisation geäußert haben, dass sie gegen die Veranstaltung protestieren, stelle ich mich auf die Seite dieses Protestes und spreche bei der Veranstaltung. Ich habe mich sehr gefreut, dass mich einige Initiativen gebeten haben, bei deren Protest zu sprechen. Dem folge ich gerne. Den Dialog mit allen demokratischen Kräften werde ich auch weiterführen.

Weiter möchte ich dafür plädieren, dass wir die Diskussion um die Nutzung von geschichtlich herausragenden öffentlichen Orten wie Paulskirche und Festhalle jetzt führen. Denn wenn wir hier nicht zu einer Lösung kommen, werden wir immer wieder am gleichen Punkt stehen.

Ich werde deswegen anregen, dass wir die Statuten für die Nutzung öffentlicher Räume mit dem Wissen um die Ereignisse der vergangenen Wochen, unseren klaren Haltungen dazu und mit Blick auf die Zukunft Frankfurts als Ort der Demokratie zeitgemäßer gestalten können.“

Foto:
©br.de