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Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Frankfurter Stadtverordneten haben in der Plenarsitzung am Donnerstag, 18. September, den Beschluss gefasst, dass Fahren ohne Fahrschein im städtischen Nahverkehr ab sofort nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird. Das bedeutet keineswegs, dass Schwarzfahren nicht mehr sanktioniert wird: Das erhöhte Beförderungsentgelt, das unabhängig von einer Strafanzeige auch bisher von Schwarzfahrerinnen und Schwarzfahrern erhoben wurde, wird in Frankfurt weiterhin fällig – und von den städtischen Verkehrsgesellschaften konsequent kontrolliert und durchgesetzt.
Bisher ist das „Erschleichen von Beförderungsleistungen“ eine Straftat, für die die betroffenen Verkehrsgesellschaften nach dreifacher Wiederholung einen Strafantrag stellen können. Wer die Strafe nicht zahlen kann, muss eine Ersatzfreiheitsstrafe wegen Fahrens ohne Fahrschein absitzen. Die Straftat gilt als typisches Armutsdelikt: Die meisten Betroffenen sind arbeitslos, drogenabhängig oder psychisch krank, mehr als ein Achtel obdachlos.
Zudem bindet die Strafverfolgung Kapazitäten in Justiz und Verwaltung, die sich durch den Verzicht auf Strafanträge vermeiden lassen. Die Nahverkehrsunternehmen nehmen in diesen Fällen also kein Geld ein, weil die betroffenen Fahrgäste die Strafbeträge mangels Einkommen nicht zahlen können. Stattdessen tragen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zusätzlich die Kosten für die Gefängnisaufenthalte.
Zum Vergleich: Parken ohne Parkschein ist keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. „Das ist eine Ungleichbehandlung, die nicht zu rechtfertigen ist“, sagt Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert.
Nächste Schritte: Strafanträge ausgesetzt, Strafgebühren konsequent durchgesetzt
Die Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH (VGF) und die traffiQ Lokale Nahverkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH beginnen am Freitag, 19. September, mit der Umsetzung. Das heißt, die städtischen Verkehrsgesellschaften werden keine Strafanzeigen mehr weitergeben; das Ausstellen von Strafanträgen aufgrund von Fahren ohne Fahrschein im Frankfurter Nahverkehr wird ab sofort ausgesetzt. Die erhöhten Beförderungsgebühren werden von jedem Fahrgast ohne Fahrschein, der in der Lage ist, 60 Euro zu zahlen, mit allen zivilrechtlichen Möglichkeiten selbstverständlich eingetrieben.
Bundesweit einheitliche Regelung notwendig
Siefert begrüßt den Beschluss: „Es ist unverhältnismäßig, dass Menschen für das Fahren ohne gültigen Fahrschein ins Gefängnis gehen. Das erhöhte Beförderungsentgelt, das der Beschluss vorsieht, ist eine adäquate Sanktionierung. Wir kontrollieren die Fahrscheine in Frankfurter Bussen und Bahnen weiterhin engmaschig, um zu verhindern, dass eine ‚Freifahrscheinmentalität‘ entsteht.“ Wichtig sei aber eine einheitliche Regelung, um eine unübersichtliche Rechtslage im öffentlichen Personenverkehr zu vermeiden, der stadt- und landesweite Grenzen überschreitet. „In einem ersten Schritt würden uns wünschen, dass der RMV und das Land Hessen den Beispielen von Wiesbaden, Mainz und Frankfurt folgen. Darüber hinaus fordern wir den Bund auf, das ungerechte Gesetz endlich abzuschaffen und Fahren ohne Fahrschein – wie vergleichbare Delikte – zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen", sagt Siefert.
Den Antrag 1013/2024, den die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 18. September, beschlossen hat, gibt es unter PARLIS - Fahren ohne Fahrschein ist kein Verbrechen.
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