Das MUSEUMSUFERFEST in Frankfurt vom 28. bis 30. August, caricatura museum frankfurt, Teil 4

 

Roman Herzig

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Autor und Kabarettist Bernd Gieseking stand dem Festival der Komik in Frankfurt von Beginn an als Moderator zur Verfügung. Anlaß für ihn und uns, den Blick zurück zu richten und die Festival-Geschichte der ersten Jahre zu resümieren, denn nur wer weiß, woher er kommt...das gilt auch für die Komik!

 

Das Festival der Komik, ein Höhepunkt und Extra-Ereignis im Rahmen des Frankfurter Museumsuferfestes, geplant und durchgeführt vom caricatura museum frankfurt – Museum für Komische Kunst (cmf) ist ein Solitär in der deutschen Festival Landschaft. Nirgends wird die Verzahnung der komischen Künste deutlicher gemacht. Hier regiert das Wort und doch sieht man die Schnittmengen zu Bild, Cartoon, Comic und Karikatur. Hier begegnen sich Schriftsteller, Satiriker, TV-Macher und Kabarettisten, viele von ihnen Doppelt- und Vielfachbegabte. Fil aus Berlin ist ein erfolgreicher Zeichner, der mit seinem Struwwelpeter hier schon „museal“ zu sehen war, und dann mit seiner Bühnenshow, mit Gitarre und dem Hai, einer wunderbar abgenatterten Handpuppe begeisterte.

 

Zum cmf gehörte, geprägt durch Leiter Achim Frenz, schon früh ein erweiterter Kunstbegriff – aber immer mit dem Fokus auf Komik. Es gehört daher zum Selbstverständnis des Hauses, Forum zu sein auch für Lesungen im Feld komischer Literatur, für Buchpräsentationen, aber auch Aktionen wie Live-Zeichnen (u.a. von Franziska Becker) oder die immer populärer werdenden Cartoon-Lesungen, wie beispielsweise anläßlich der Ausstellung zu „Rattleschneck“ im Jahre 2013 oder zu Ralf König 2014. Hier ist auch der Ort für ungewöhnliche Kollaborationen, wie 2009 mit dem sehr verehrten, kürzlich verstorbenen Harry Rowohlt als Gedicht-Interpret und Christian Maintz als literarisch-historischem Kommentator oder Buchpremieren wie die von F.W. Bernstein und Klaus Cäsar Zehrer.

 

Die Sicht und das Selbstverständnis des cmf, daß es einen verbindenden „komischen“ Geist gibt, eine nicht unähnliche Sicht auf die Absurditäten der Welt, auf Gegenwart und Alltag, eine ähnliche, anarchische Grundhaltung derer im satirischen Feld und dass auch diese Verbindungen, Berührungen, Überschneidungen sichtbar gemacht werden müssen, sollten, — und nicht zuletzt auch die Idee, die Interessenten der anderen Felder auch für das Museum als Zuschauer zu gewinnen und umgekehrt — führte letztlich bei Achim Frenz zur Idee, dieses „Festival der Komik“ zu entwickeln. So kam die Entscheidung, hier jedes Jahr zum Museumsuferfest Frankfurt nicht nur das Haus zu öffnen, und zwar an diesem Tag, dem Event geschuldet, für eine nicht unbedingt zielgerichtete, aber erlebnishungrige, äppelwoi-seelige Besucherschar, sondern mit einem exklusivem „Hörfest“ das Haus temporär um andere Kunstformen zu erweitern. Drei Tage, beginnend am Freitagabend, Samstag und Sonntag mit je vier Auftritten, Lesungen, Performances.

 

Säulen sind dabei die Titanic Gründer Pit Knorr und Bernd Eilert, die ehemaligen Titanic-Chefredakteure Oliver Maria Schmidt und Hans Zippert sowie die aktuellen Titanic-Autoren und Redakteure samt „Chef“, in den letzten Jahren also Leo Fischer, Marl-Stefan Tietze und aktuell Michael Ziegelwagner Torsten Gaitzsch, und Tim Wolff. Darum gruppiert sich auch für 2015 wieder eine faszinierende Mischung komischer Bühnenformen. Frenz holt nicht unbedingt die bekanntesten, also „prominente“ Künstler, mit denen man Hallen füllen könnte, sondern er holt die Wichtigen. Die, die in anderen Regionen unverzichtbar wurden, ohne unbedingt den ganz großen bundesweiten Ruhm erlangt zu haben, die aber eben in ihrer Kunst und Bedeutung ganz anders einzuordnen sind als der erfolgreiche Mainstream, der im stetigen Wiederholungsfluss des Fernsehens zu Massenerfolgen gepeitscht wurde und wird.

 

So kamen z.B. 2013 mit Thomas C. Breuer aus Rottweil ein Autor und Kabarettist, der im Süden Deutschlands seinen Schwerpunkt hat und der weit in die Schweiz ausstrahlt. Mit Fritz Eckenga war der große Dichter des Komischen und Kabarettist aus Dortmund zu Gast, eine Säule der WDR-Hörfunk-Unterhaltung. In diesem Jahr kommt wieder Dietmar Wischmeyer aus Niedersachsen, der dort vor Jahren mit seinen Gefährten vom Frühstycksradio die Radio-Comedy revolutionierte, heute einer der schärfsten Kommentatoren bundesrepublikanischer Wirklichkeit.

 

Daneben stehen Auftritte der Wohnraumhelden aus Hannover, die einen neuen Ton, Witz und Verve in zauberhafte, dynamische und doch intime Rockshows zaubern, inklusive Stagediving, und das selbst im dicksten Regen. Kathinka Buddenkotte, die von der satirischen Kurzgeschichte zum Roman gewechselt hat, war mit Kollegin Dagmar Schönleber zu Gast, die ihre Lesungen um wunderbar witzige Songs erweiterte.

 

Und so erlebt das Publikum an nur einem Festivaltag neben dem Altmeister Pit Knorr auch junge, im Moment ihres Auftritts manchmal noch unbekannte Slamer wie Torsten Sträter und Andy Strauß. Friedemann Weise kam mit komischen Liedern und begeisterte das Publikum, inzwischen vielgespielt auf Funkhaus Europa mit seinen CDs.

Zu den Gästen zählte auch Harald Sack Ziegler, Performer mit Waldhorn und Loops, Rayk Wieland als TV-Autor („Titel, Thesen, Temperamente“, „Extra 3“) und Kolumnist („Konkret“, „TAZ“).

 

Jürgen Roth überraschte mit einer Hommage an Herbert Wehner und präsentierte das als Hör-CD mit Kommentaren. Martin Sonneborn, ein absoluter Publikumsmagnet, zeigte wiederholt als Vorsitzender der Partei „Die Partei“ — heute auch deren Europa-Abgeordneter — Filme, die er für die Heute-Show im ZDF produzierte, berichtete von Aktionen aus seiner Zeit als Titanic-Chefredakteur und heute von Plakatumwandlungen, dem Überkleben von NPD-Plakaten; das ist so entlarvend wie witzig und gleichzeitig ist das eine ganz neue Form des Komischen. In diesem Jahr kommen Gerhard Henschel, Schriftsteller und ehemaliger Titanic-Autor und TAZ-Kolumnist und Reptilienforscher Heiko Werning, beide aus Berlin nach Frankfurt.

 

Das Festival der Komik - hier trifft der Text auf das Bild, das Wort auf der Bühne auf den Strich im Museum. Hier vereinen sich die Formen des Komischen zu einem Fest und das Frankfurter Publikum nimmt es begeistert auf und feiert das zahlreichst - selbst bei Regen.

 

Ideengeber und Leiter Achim Frenz gelingt es durch die langjährigen Verbindungen, dieses Festival von Gagenseite mit einem erstaunlichen Budget zu „fahren“ und verdankt das nur der Wertschätzung der Künstler für Haus und Person. Hier ist seitens der Stadt Verbesserungsbedarf.

 

Bernd Gieseking selber, im Hauptberuf Kabarettist und Schriftsteller, ist seit Beginn der Moderator dieses Festivals, darf also drei Tage lang Gastgeber sein und trifft auf die Spitzen deutscher Komik aus Buch, Zeitschrift, Internet, Hörfunk und TV. Ein solches Gipfeltreffen ist ein Sternenschnuppenregen – nicht nur für Frankfurt.

 

Das einzige Manko dieses Festivals ist jährlich immer an meist einem Tag das Wetter. Im Schatten des Doms steht die Bühne und Gott scheint so begeistert von diesem Treiben zu Füßen des Glockenturms, daß er sein Wetter ganz aus den Augen verliert und Petrus macht, was er will, nämlich immer mal wieder Schauer, in der Hoffnung, Gott werde seinen Balkonplatz endlich räumen um da nachzubessern, damit er, Petrus, dann endlich an seiner statt auch zusehen kann, aus vorderster Reihe, beim Festival der Komik.

 

Foto: Bernd Gieseking

 

INFO:

caricatura museum frankfurt - Museum für Komische Kunst

Weckmarkt 17. 60311 Frankfurt am Main, Tel +49(0)69/212 30161,

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