Frankfurt hat nicht nur ein Vermessungsamt, auch das zuständige Bundesamt sitzt in der Mainmetropole

 

Amelie Buskotte und pia

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wer fremd in einer Stadt ist, schaut in eine Karte, um den Weg zu finden. Auch wenn die klassischen Stadtkarten immer häufiger durch Internetdienste abgelöst werden, ist die Vermessung und Kartenerstellung weiterhin wichtig und bildet für viele Onlinedienste die Grundlage.

 

Verschiedene Einrichtungen arbeiten an der Vermessung und Kartenerstellung, so hat die Mainmetropole nicht nur ein Stadtvermessungsamt, sondern auch das zuständige Bundesamt hat seinen Sitz in Frankfurt.

 

Morgens um neun Uhr auf dem Riedberg. Am Westflügel, dem letzten großen Projekt des Neubaugebietes, sind die Bauarbeiten voll im Gang. Bagger und Bohrgeräusche sind zu hören. Es ist staubig, durch den Dunst erkennt man im Hintergrund die Bankentürme der Innenstadt. Der Riedberg wächst beständig. Alle Baumaßnahmen sollen 2020 abgeschlossen sein. „Als ich hier das erste Mal in den 90er Jahren hoch gefahren bin, waren hier nur Acker und Wiesen“, sagt Ronald Greulich.

 

Der Vermessungsingenieur des Stadtvermessungsamtes hat den Riedberg wachsen sehen. Von Beginn an, war er bei den Bauarbeiten dabei und hat viele der Grundstücke, die der Stadt gehören, vermessen. „Guude! Die Grenzpunkte haben wir euch da gelassen“, witzelt ein Trupp vorbeigehender Bauarbeiter. „Wenn man 18 Jahre an einem Projekt arbeitet, kennt man sich“, sagt Greulich. Auch heute muss er einen Teil des Westflügels, eine neue Straße vermessen.

 

 

Jeder Baum, jede Laterne wird vermessen“

 

Wo genau liegt die Straße, wo befindet sich der Bürgersteig und wo beginnt die Grundstücksgrenze? All das nimmt das städtische Vermessungsteam auf, um daraus detaillierte Karten herstellen zu können. „Jeder Baum, jede Laterne, jeder Bürgersteig wird vermessen“, erklärt Greulich. Mit einem Tachymeter, der Winkel und Entfernungen zwischen zwei Punkten misst oder mit einer GPS-Antenne, ist er mit seinem Team im Einsatz. Aus den gemessenen Daten werden Koordinaten erzeugt, sodass am Ende jeder Punkt auf der Straße eine Koordinate – also eine feste Bezugsgröße hat. So werden Grundstücksgrenzen definiert und ins Liegenschaftskataster des Landes Hessen eingetragen. Das Kataster enthält alle Grundstücksgrenzen und Gebäude einer Stadt. Dass Frankfurt ein Stadtvermessungsamt habe, liege an der Größe der Stadt. Nur wenige Städte in Hessen hätten eigene Stadtvermessungsämter, sagt Greulich. „Für die übrigen Städte und Gemeinden sind Vermessungstrupps des Landes oder öffentlich bestellte Vermessungsingenieure zuständig.“

 

 

Stadtkarten benötigen genaue Vermessung

 

Doch nicht nur für die genaue Bestimmung der öffentlichen Grenzen ist die Vermessung wichtig. Auch Stadtkarten benötigen genaue Vermessung. „In den Stadtkarten ab dem Maßstab 1:20.000 und kleiner wird nicht mehr jeder Fußweg und jedes einzelne Haus gezeigt“, sagt Barbara Schultze, die im Stadtvermessungsamt für die Erstellung der Stadtkarten zuständig ist. „Aus den Vermessungsdaten wird die Stadtgrundkarte erstellt, die detailgetreu alles beinhaltet, was in einer Stadt steht und wächst. Diese Stadtgrundkarte wird für unsere Kartenherstellung generalisiert – also vereinfacht und in größerem Maßstab dargestellt.“

 

Stadt- und Landkarten mag man meinen, sind veraltet und werden heute nicht mehr genutzt. Aber wer wissen möchte, wo der höchste Berg Deutschlands liegt oder durch welche Städte die längste Autobahn Deutschlands geht, der landet in den meisten Fällen bei den Karten. Ebenso wie Internetdienste, die online Karten zu Verfügung stellen, benötigen auch sie Informationen - sogenannte Geodaten. Die Sammlung und Aufbereitung dieser Geodaten ist in Deutschland auf verschiedene Einrichtungen und Ämter verteilt.

 

 

Vermessung ist Ländersache

 

Vermessung ist in Deutschland Ländersache. Jedes Bundesland hat ein eigenes Amt für Vermessung und Geodaten. Für Hessen ist die Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation zuständig. Liegenschaftskarten - also Karten, die die Grundstücke mit Grenzen und Gebäuden darstellen – und sogenannte topographische Karten, die ein Gelände mit Gewässern, Höhen und Landschaften verzeichnen, werden hier in regelmäßigen Abständen erstellt und aktualisiert. Diese Daten sind zum Beispiel für die Feuerwehr oder den Katastrophenschutz wichtig. Topographische Daten leiten die Ämter des Landes weiter an das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG).

 

Bundesamt klingt nach politischer Arbeit und der Hauptstadt Berlin. Dabei hat das Amt seinen Sitz in Frankfurt, mitten in Sachsenhausen. „Nur wenige wissen, dass wir hier sitzen“, sagt Anja Niederhöfer, von der Stabstelle des BKG lachend. „Ich selber habe es damals nur durch Zufall herausgefunden und mich hier beworben. Dabei begleitet viele Menschen im Alltag unsere Arbeit.“ Denn obwohl die Datensammlung und die Vermessung Ländersache ist, hat das BKG die Aufgabe diese Daten zu sammeln und zu vereinheitlichen. „In erster Linie sind wir Dienstleister des Bundes“, erklärt die Geophysikerin. „Geodaten werden bei Ländern und Kommunen erzeugt und dann bei uns zu einheitlichen deutschlandweiten Karten und Informationensystemen weiterverarbeitet.“ Gar nicht so einfach, denn ein komplett einheitliches System gibt es nicht, sagt Niederhöfer. Jedes Land, jede Kommune habe seine eigene Darstellungsweise. „Die müssen wir dann zusammenführen und vereinheitlichen.“

 

 

Google hat auch schon mal angeklopft

 

Die vom BKG erstellten Karten werden vor allem von Bund und Ländern oder in der Politikberatung genutzt. Aktuell gebe es zum Beispiel immer wieder Anfragen zur Flüchtlingskrise. „Wo sind deutsche Grenzübergänge oder wo gibt es freie Flächen für Flüchtlingslager? Dafür stellen wir Karten bereit“, sagt Niederhöfer. Doch auch Externe haben Zugriff auf die Daten des BKG. So können Privatpersonen hoch aufgelöste Kartenausschnitte erwerben. Einige Firmen und Unternehmen, wie Planungsbüros gehören zu den Kunden des BKG und auch Google hat schon angeklopft. „Viele Geobasisdaten – also Straßendaten und zum Teil auch Luftbilder hat Google über das BKG erworben“, sagt Niederhöfer.

 

 

Vermessungsaufgaben gibt es immer

 

Wenn man die Zuständigkeiten des Vermessens und der Kartenerstellung in einer Kette darstellen würde, würde das Team von Ronald Greulich ganz am Anfang stehen. Der neue Straßenabschnitt am Riedberg ist vermessen. Die Daten sind auf einem Stick gespeichert. Im Innendienst werden sie weiterverarbeitet. Ronald Greulich wird dann bereits wieder unterwegs sein. „In einer ständig wachsenden und sich wandelnden Stadt wie Frankfurt, gibt es für uns immer etwas zu tun“, sagt er.

 

Foto: Ronald Greulich © Bernd Kammerer pia