f SommerfestSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. Juni 2017, Teil 1

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Stefan Zöllner (Lucas Gregorowicz) hat vor vielen Jahren Bochum verlassen und lebt als mäßig erfolgreicher Schauspieler in München. Als er gerade seinen Auftritt in Schillers "Die Räuber" auf der Bühne eines Münchener Theaters beendet hat, erhält er einen Anruf, dass sein Vater gestorben sei.

Er macht sich auf der Stelle (noch geschminkt und im Kostüm) im Zug auf ins Ruhrgebiet. Während der Zugfahrt erhält er einen Anruf von seiner Lebensgefährtin und Agentin, dass er spätestens am Dienstag zu einem Vorsprechen für eine Rolle in einer Daily Soap wieder in München sein muss. Da sein Vertrag beim Theater nicht verlängert wurde, sucht er dringend nach neuen Engagements.

Es bleiben also nur wenige Tage, um sowohl die Beerdigung seines Vaters zu arrangieren als auch einen Makler zu finden, um das etwas heruntergekommene Bergarbeiter-Häuschen der Familie zu verkaufen. Daneben will er auch noch bei ein paar alten Freunden vorbeisehen. Doch so einfach wie Stefan sich das vorgestellt hat, verläuft die Rückkehr in das elterliche Reihenhäuschen dann doch nicht.

Da taucht nicht nur sein alter Kumpel Toto (Nicholas Bodeux) auf, der ihn gleich für den nächsten Morgen um einen Gefallen bittet. Da sind seine alten Freunde Frank (Peter Jordan) und Karin Tenholt (Sandra Borgmann). Frank ist inzwischen der Direktor des Zechenmuseums, in dem ihre Väter und Großväter noch gearbeitet haben. Da ist immer noch die türkische Pommesbude um die Ecke und auch sonst hat sich nicht allzu viel verändert. Und natürlich wird von ihm verlangt, dass er beim Sommerfest "ihres" Fußballvereins vorbei schaut.

Und dann sind da auch noch immer die gleichen Fragen: "Muss man dich als Schauspieler kennen?" (Antwort nein) und "Hast du schon Charlie getroffen?" (Antwort ebenfalls nein).

Doch dann sitzt Charlie (Anna Bederke), die Stefans große Jugendliebe war, ihm plötzlich abends in der Kneipe gegenüber und beide stellen fest, dass sie immer noch Gefühle füreinander haben.

Charlie stellt Stefan auch ihr neustes Projekt vor, bei der sie ihn gerne dabei hätte. Zur gleichen Zeit teilt ihm seine Agentin mit, dass er die Rolle in der Soap in München bekommen hat. Also muss er jetzt nur noch die Beerdigung am Montag hinter sich bringen und dann ab nach München.... Oder vielleicht doch nicht?

"Sommerfest" geht auf den gleichnamigen Roman von Frank Goosen zurück, den er 2012 veröffentlich hatte. Es ist innerhalb kurzer Zeit bereits der zweite Roman von Frank Goosen, der verfilmt wurde, nachdem "Radio Heimat" 2016 in die Kinos kam und kurz vor dem Filmstart von "Sommerfest" ab dem 26.Mai als DVD und Blu-ray im Handel ist.

Mit "Sommerfest" hat Regisseur Sönke Wortmann, der auch das Drehbuch selbst verfasst hat, den Bewohnern des Ruhrgebiets ein Denkmal gesetzt. Der Film stellt liebenswerte, nervige und schräge Ruhrpott-Typen vor. Daneben hat Wortmann auch sehr nach Orten gesucht, die Teile des Ruhrgebiets zeigen, die noch nicht von den Neuerungen erfasst wurden und deshalb doch ziemlich heruntergekommen sind. Das gilt zum Einen für die Zechensiedlung, in der Stefans Vater wohnte, und zum Anderen besonders für die verwohnte Siedlung, wenn Stefan mit Toto nach Gladbeck fährt, um einem Schrank abzuholen.

Sönke Wortmann, der in Marl aufgewachsen ist, kennt seine Landsleute ziemlich gut, dasselbe gilt natürlich auch für Frank Goosen, der in seine Bücher immer wieder seinen Wohnort Bochum einbringt. Wortmann hat versucht, einige der typischen Ruhrpott-Klischees zu umgehen, andere hat er bewusst aufgenommen. Dabei liegen Komik und Tragik dicht beieinander, z.B. wenn Toto und die Oma erzählen, wie die Oma in der Trinkhalle einen Einbrecher in die Flucht geschlagen hat, wenn Mandy (Jasna Fritzi Bauer) sich darüber beschwert, dass sie ihren Namen nicht hat, weil ihre Familie aus dem Osten stammt, sondern weil ihre Mutter ein Barry-Manilow-Fan war, oder wenn der türkische Imbissbuden-Besitzer beim Fußball-Auftritt seines talentierten Sohnes während des Sommerfestes eine böse Überraschung erleben wird. Natürlich spielt nicht nur im Ruhrgebiet allgemein sondern auch bei Sönke Wortmann und Frank Goosen im Besonderen der Fußball eine nicht unwichtige Rolle - auch wenn der Film nicht "Deutschland. Ein Sommermärchen" sondern "Sommerfest" heißt.

Wortmann hat versucht, möglichst viele der Rollen mit Schauspielern aus dem Ruhrgebiet zu besetzen. Diese Schauspieler füllen ihre Rollen ganz hervorragend aus. Ausnahmen sind eigentlich nur die aus Hamburg stammende Anna Bederke als Charlie und in einer kleinen Nebenrolle die Schweizerin Jasna Fritzi Bauer als Mandy, die im Film auch singen darf. Lucas Gregorowicz, der den Stefan Zöllner spielt und den man zuletzt in "Lommbock" und in "Schrotten" - hier auch zusammen mit Anna Bederke - sehen konnte, wurde zwar in London geboren, wuchs aber in Bochum auf. Er besuchte dort auch die Westfälische Schauspielschule. Lucas Gregorowicz Vater ist übrigens auch in einer Szene als Stefans Vater zu sehen.

Insgesamt ist "Sommerfest" eine rund herum gelungene, charmante Hommage an das Ruhrgebiet und ihre Bewohner mit Situationskomik, liebenswerten Figuren und intelligentem Dialogwitz. Das macht den Film auch für Menschen, die nicht auch dem Pott stammen, absolut sehenswert.

Foto: Lucas Gregorowicz und Anna Bederke © X-Verleih

Info:
Sommerfest (Deutschland 2017)
Genre: Komödie
Filmlänge: 92 Min.
Regie: Sönke Wortmann
Drehbuch: Sönke Wortmann nach dem gleichnamigen Roman von Frank Goosen von 2012
Darsteller: Lucas Gregorowicz, Anna Bederke, Nicholas Bodeux, Jasna Fritzi Bauer u.a.
Verleih: X Verleih
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 29.06.2017