fm diabolik 34. Festival des italienischen Genrefilms vom Donnerstag, 27., bis Sonntag, 30. Juli, im Kino des Deutschen Filmmuseums

Helga Faber

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Nach drei überaus erfolgreichen Ausgaben im Filmhaus/KommKino Nürnberg zieht das Filmfestival Terza Visione nun um - vom Frühling in den Sommer und ins Kino des Deutschen Filmmuseums.

Terza Visione bedeutet "Dritte Spielzeit", einer früher in Italien üblichen Bezeichnung für Nachspielkinos entlehnt. Von Donnerstag, 27., bis Sonntag, 30 Juli, widmet sich die vierte Festivalausgabe dem populären italienischen Kino der 1950er bis 1980er Jahre, das in seiner Blütezeit einen Großteil der nationalen Filmproduktion ausmachte und erfolgreich in alle Welt exportiert wurde.

Die Bandbreite erstreckt sich dabei von unter Kennern und Filmemachern wie Tim Burton, Joe Dante, Dominik Graf, Martin Scorsese und Quentin Tarantino auch heute noch geschätzten und popkulturell einflussreichen Genres wie dem Italowestern, dem Thriller, dem phantastischen Kino und dem Gangsterfilm bis hin zu außerhalb von Italien vergessenen Sparten wie dem Melodram, der erotischen Komödie oder den seinerzeit enorm erfolgreichen, heute aber selten gezeigten Sandalen- wie Mantel- und Degen-Filmen, ergänzt durch schwer kategorisierbare Werke.

Trotz seinen omnipräsenten Spuren im Kino der Gegenwart ist die erstaunliche Vielfalt dieses Kinos bis heute filmhistorisch nur in Ansätzen erschlossen, hierzulande auch durch eine einst willkürliche und lückenhafte Verleihpolititk bedingt. Terza Visione möchte daher durch zahlreiche verspätete Deutschlandpremieren auch zu einer entsprechenden Neubetrachtung anregen.

Donnerstag, 27. Juli, 20 Uhr
DIABOLIK Gefahr: Diabolik
Italien/Frankreich 1968. R: Mario Bava. D: John Phillip Law, Marisa
Mell, Michel Piccoli. 105 Min. 35mm. Engl. Omd/fU

Der gerissene Gangster Diabolik frönt mit seiner Komplizin und Geliebten Eva in einem futuristisch ausgestatteten unterirdischen Versteck hemmungslos dem Luxus. Er bestiehlt den Staat, narrt seine Verfolger und bekommt es bald auch mit der Unterwelt zu tun. Mario Bavas furiose Comic-Verfilmung übersetzt die Ästhetik von Comic-Panels in Kinobilder, die mit modernistischen Set Designs und knallig-bunter Ausleuchtung in Sixties-Pop-Art schwelgen. In der Figur des egoistisch-hedonistischen Superschurken werden die Klischees des Agentenfilms karikiert und zugleich mit subversiv-anarchischem Humor Autoritäten verballhornt.
Mit Einführung: Andreas Beilharz (Deutsches Filminstitut)


Donnerstag, 27. Juli, 22:30 Uhr
UNA LUCERTOLA CON LA PELLE DI DONNA Eine Eidechse in der Haut einer Frau
IT/ES/FR 1971. R: Lucio Fulci. D: Florinda Bolkan, Stanley Baker,
Jean Sorel. 106 Min. 35mm. Ital. Omd/fU

In einem ihrer ausschweifenden Alpträume bringt Carol ihre Nachbarin um und erzählt ihrem Psychiater davon. Als die Nachbarin tatsächlich tot aufgefunden wird, fällt der Verdacht prompt auf Carol, und man vermutet eine gespaltene Persönlichkeit. Doch dann tauchen weitere Verdächtige auf. Lucio Fulcis erster mustergültiger Giallo à la mode spielt virtuos auf der Klaviatur des Genres: Psychedelische und erotische Träume, rasante Thriller-
Sequenzen und ein raffinierter Krimi-Plot bereiten den Boden für den markanten Stil des Regisseurs, der die Verunsicherung der Protagonistin zwischen Wahn und Paranoia eindrücklich aufs Publikum überträgt.
Mit Einführung: Sven Safarow (Autor, Eskalierende Träume)
Deutschlandpremiere


Freitag, 28. Juli, 12:30 Uhr
A RIVOLTA DEI SETTE Blutgericht
Italien 1964. R: Alberto De Martino
D: Tony Russel, Nando Gazzolo, Livio Lorenzon. 88 Min. 35mm. DF

Eine Gruppe von Rebellen macht sich auf, die Schreckensherrschaft des Tyrannen von Sparta zu brechen. Die Statue der Pallas Athene ist dabei von besonderer Bedeutung. Ein buntes Spektakel mit gut geölten Muskelmännern in Technicolor. Opulente Tempelfeste, eine fahrende Komikertruppe und kleine, schelmische Einfälle machen das muntere Treiben zu einem vergnüglichen Abenteuer-Bilderbogen.


Freitag, 28. Juli, 15:45 Uhr
HI È SENZA PECCATO ... Wer ohne Sünde ist ...
Italien 1952. R: Raffaello Matarazzo. D: Amedeo Nazzari,
Yvonne Sanson, Françoise Rosay. 97 Min. 35mm. OmeU

Stefano liebt Maria. Er geht nach Kanada, heiratet aus der Ferne und muss schließlich feststellen, dass Maria im Gefängnis gelandet ist. Raffaello Matarazzo, der wie Douglas Sirk erst über Umwege im Melodram zu seinem Stil fand, gestaltet den waghalsigen Plot zu einer ergreifenden Erzählung von den sonderbaren Fügungen des Schicksals.
Mit Einführung: Lukas Foerster (Filmwissenschaftler)
Deutschlandpremiere


Freitag, 28. Juli, 20 Uhr
ARCANA
Italien 1972. R: Giulio Questi. D: Maurizio degli Esposti, Lucia Bose,
Tina Aumont. 122 Min. 35mm. OmeU

Angewidert von der Geldgier seiner spiritistisch quacksalbernden Mutter und ihren närrischen Kunden erprobt ein junger Mann heimlich seine paranormale Begabung. Ein Hauptwerk des surrealistischen Kinos von Regie-Exzentriker Questi, der das Italien der beginnenden 1970er als Moloch zwischen Aberglaube und Materialismus zeigt.
Mit Einführung: Christoph Huber (Österreichisches Filmmuseum)
Deutschlandpremiere


Freitag, 28. Juli, 23 Uhr
SVEZIA INFERNO E PARADISO Schweden - Hölle oder Paradies?
Italien 1968. R: Luigi Scattini. Dokumentarfilm. 87 Min. 35mm. DF

Luigi Scattini, einer der profiliertesten Exponenten des Sitten- und des Mondo-Films, bereist das seinerzeit als progressiv und freizügig geltende Schweden, um Liebesschiffe, Nacktbaden, illustre Lokalitäten und LSD-Trips zu zeigen. Weit bekannter als der Film wurde seine Musik: Piero Umilianis Stück "Mah Nà Mah Nà" ist seit der MUPPET SHOW ein ikonisches Stück Popkultur.
Vorab: Zeitgenössische 35mm-Kinotrailer


Samstag, 29. Juli, 13 Uhr
UN UOMO DA RISPETTARE Ein achtbarer Mann
Italien/BRD 1972. R: Michele Lupo. D: Kirk Douglas, Giuliano Gemma,
Florinda Bolkan, Wolfgang Preiss. 112 Min. 35mm. DF

Kaum aus dem Gefängnis, erhält Einbrecher Stephen das Angebot für einen letzten Coup mit dem Zirkus-Artisten Marco. Mit handwerklicher Präzision und reichlich Hamburger Lokalkolorit mitsamt Verfolgungsjagd um den Hafen entwickelt sich eine mitreißende Charakterstudie, untermalt von der Musik Ennio Morricones.
Vorab: Zeitgenössische 35mm-Kinotrailer


Samstag, 29. Juli, 15:30 Uhr
LA SPOSINA Kleine Braut, was nun?
Italien 1976. R: Sergio Bergonzelli. D: Antinesca Nemour, Carlo De
Mejo, Riccardo Garrone. 92 Min. 35mm. OmU

Frischvermählt mit der Impotenz ihres Mannes konfrontiert, macht sich Chiara auf die Suche nach Heilung. Erektionsschwäche ist hier Aufhänger einer romantisch-ungestümen Commedia sexy, die sich viele naheliegende Kalauer versagt und eher dem klassizistischeren Humorverständnis der Commedia all'italiana nahesteht.
Mit Einführung: Gary Vanisian (Filmkollektiv Frankfurt)
Vorab: Zeitgenössische 35mm-Kinotrailer
Deutschlandpremiere


Samstag, 29. Juli, 20 Uhr
INGRID SULLA STRADA Ingrid auf der Straße
Italien 1973. R: Brunello Rondi. D: Janet Agren,
Francesca Romana Coluzzi, Franco Citti. 96 Min. 35mm. OmeU

Die junge Ingrid verschlägt es von Rovaniemi nach Rom und auf den Strich, wo die temperamentvolle Claudia sie unter ihre Fittiche nimmt. Deren Zuhälter ist sie jedoch ein Dorn im Auge. Rondi, Co-Autor zahlreicher Fellini-Filme, zeichnet ein raues Sittengemälde einer sozial zerklüfteten Großstadt und balanciert waghalsig, aber virtuos zwischen Neorealismus und Exploitationkino.
Mit Einführung: Christoph Draxtra (Filmhistoriker)
Deutschlandpremiere


Samstag, 29.Juli, 22:30 Uhr
ROLF
Italien 1984. R: Mario Siciliano. D: Antonio Marsina, Tony Raccosta,
Ketty Nichols. 93 Min. 35mm. OmU

Ex-Söldner Rolf versucht mit seiner Freundin ein neues Leben zu beginnen, doch die Geister der Vergangenheit ruhen nicht. Ein grimmig-nüchtern inszeniertes Endspiel ohne Gewinner. Begleitet von einem schwermütig-fetzigen Soundtrack entfaltet sich eine Parabel über die Sehnsucht nach Erlösung und gescheiterte Läuterung.
Mit Einführung: Pelle Felsch (Filmclub Bali)


Sonntag, 30. Juli, 13 Uhr
IL MAGNIFICO AVVENTURIERO Mit Faust und Degen
Italien/Frankreich/Spanien 1963. R: Riccardo Freda
D: Brett Halsey, Françoise Fabian, Claudia Mori. 90 Min. 35mm. DF

Ein im Florenz des 16. Jahrhunderts der Falschmünzerei angeklagter Bildhauer und Goldschmied macht sich auf die Suche nach den wahren Tätern. Riccardo Freda, der Meister des Mantel- und Degen-Films, inszeniert einen Reigen klirrender Schwerter, wehender Umhänge und galoppierender Pferde, unterlegt von romantischem Pathos.
Mit Einführung: Christoph Draxtra (Filmhistoriker)
Vorab: Zeitgenössische 35mm-Kinotrailer


Sonntag, 30. Juli, 16:15 Uhr
LA FINE DELL'INNOCENZA Das Ende der Unschuld
Italien/Großbritannien 1976. R: Massimo Dallamano
D: Annie Belle, Charles Fawcett, Al Cliver. 86 Min. 35mm. DF

Vom Klosterinternat gerät die junge Annie in die erotische Libertinage der Elite von Hongkong, wo jedoch Rücksichtslosigkeit und Besitzdenken herrschen. Im Gefolge von EMMANUELLE zog es auch Dallamano zu asiatischer Exotik, wo er in sonnendurchfluteten Bildern und glitzernden Dekors von weiblichem Freiheitsdrang in einer Welt der Käuflichkeit und der Objekte erzählt.
Vorab: Zeitgenössische 35mm-Kinotrailer


Sonntag, 30. Juli, 20 Uhr
LA NOTTE DEI SERPENTI Die Nacht der Schlangen
Italien 1969. R: Giulio Petroni. D: Luke Askew, Luigi Pistilli,
Magda Konopka. 107 Min. 35mm. Omd/fU

Eine Erbschaft vor Augen, beauftragen einige Dorfbewohner den abgebrannten Herumtreiber Luke, den rechtmäßigen Erben zu ermorden. Als der das Spiel durchschaut, wendet sich das Blatt. Ein Italowestern am Scheideweg der Genre-Evolution: Der Archetyp des schweigsamen Fremden erscheint als gebrochener Mann und Trinker.
Mit Einführung: Till Kleinert (Filmemacher)
Deutschlandpremiere


Sonntag, 30. Juli, 22:30 Uhr
PHENOMENA
Italien 1985. R: Dario Argento. D: Jennifer Connelly, Daria Nicolodi,
Donald Pleasence. 107 Min. 35mm. Engl. Omd/fU

Die 14jährige Jennifer wird in einem Mädcheninternat in den Schweizer Alpen schlafwandelnd Zeugin eines Mordes. Mithilfe ihrer telepathischen Beziehung zu Insekten folgt sie der Spur des Täters. Im Gleichmut der Berge und dem Dunkel der Nacht gestaltet Argento ein Kinogemälde von fragiler Grazie und erratischer Sinnlichkeit.
Mit Einführung: Christoph Huber (Österreichisches Filmmuseum)


Foto: Diabolik © DIF

Info: 
www.deutsches-filminstitut.de | www.deutsches-filmmuseum.de
www.filmportal.de | www.europeanfilmgateway.eu

SONDERAUSSTELLUNG:

ROT. Eine Filminstallation im Raum
8. März bis 13. August 2017

Foyer-Ausstellung:
Freddy Langer: Schlafbrillen
7. Juni, bis 30. Juli 2017