fm Catch me if you canHochstapler, Schwindler und Betrüger im Film. Filmreihe von Dienstag, 1., bis Donnerstag, 31. August im Deutschen Filmmuseum Frankfurt

Siegrid Püschel

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das Kino war schon immer mit den Grenzverläufen zwischen Wahrheit und Fiktion, Vorgefundenem und Behauptetem beschäftigt. Mitunter als "Illusionsmaschine" oder "Traumfabrik" bezeichnet, ist die Identifikation des Zuschauenden mit anderen Identitäten und gesellschaftlichen Rollen ein wichtiger Aspekt der Faszination nicht nur Hollywoods.

Im Kino kann man davon träumen, jemand anderes zu sein und ein komplett anderes Leben zu führen - ob nun berühmt zu sein, mächtig, reich oder heldenhaft.

So verwundert es kaum, dass im Laufe der Filmgeschichte immer wieder Figuren im Mittelpunkt standen, die selbst in andere Rollen schlüpfen und es nicht beim bloßen Träumen belassen. Im wirklichen Leben lauern hierzulande beim Verlassen der eigenen zugewiesenen Identität schnell die gesetzlichen Fallstricke der Amtsanmaßung, des Titelmissbrauchs, des Betrugs oder der Urkundenfälschung - während etwa in der US-Popkultur die Schlitzohren, Schwindler, Betrüger und Hochstapler als "Con Artists" zu Künstler/innen erhoben werden, die das Handwerk des Täuschens und Irreführens perfektioniert haben.

Die Ambivalenz solcher Figuren verweist auf grundsätzliche Fragen der gesellschaftlichen Hierarchie und der Bedeutung von Statussymbolen. Obwohl hier die Veränderung des eigenen sozialen Status oft zunächst über trickreiche finanzielle Bereicherung passiert, steckt dahinter meist weniger die Gier nach Geld als vielmehr die Sehnsucht nach Ruhm und Anerkennung. Wie man sich durch Manipulation der Wahrnehmung anderer zu einem neuen Menschen stilisiert - auch davon erzählen in dieser Reihe zehn Filme von den 1930ern bis in die 2000er Jahre, die sich mit Hochstaplern, Schwindlern und Betrügern befassen.

Dienstag, 1. August, 20:30 Uhr, Freitag, 4. August, 20:30 Uhr
DIE HOCHSTAPLER
Deutschland 2006. R: Alexander Adolph. Dokumentarfilm. 87 Min. DCP

Man nennt sie Hochstapler oder Millionenbetrüger. Sie selbst sehen sich als Märchenerzähler. Der Dokumentarfilm porträtiert vier im Gefängnis sitzende Schwindler und umkreist anekdotisch ihr Vorgehen sowie ihr Menschenbild. Dabei beleuchtet er auch die komplexen Täter-Opfer-Beziehungen und wirft ein Schlaglicht auf die Sehnsucht, mit allen Mitteln jemand Besonderes sein zu wollen. Die Hochstapler offenbaren, wie man andere belügt, betrügt, manipuliert, für dumm verkauft, wie sie sich Geld, Aufmerksamkeit und Liebe erschwindelt haben - und was das Lügen mit ihnen anstellt.


Donnerstag, 3. August, 18 Uhr, Sonntag, 6. August, 18 Uhr
MONSIEUR VERDOUX Der Heiratsschwindler von Paris
USA 1947. R: Charles Chaplin
D: Charles Chaplin, Mady Correll, Robert Lewis. 124 Min. Blu-ray. OF

Ein infolge der Weltwirtschaftskrise arbeitslos gewordener Pariser Bankangestellter bestreitet den Lebensunterhalt für sich und seine Familie als Heiratsschwindler. Beim Ermorden getäuschter Angetrauter geht er mit der gleichen Akribie und Bedenkenlosigkeit vor, die er schon als Angestellter an den Tag legte. Das letzte große Meisterwerk von Chaplin fiel zur Entstehungszeit bei Publikum und Kritik weitgehend durch und fand erst Jahrzehnte später eine Würdigung. Die aggressive und makabre Komödie rechnet in brillanter polemischer Zuspitzung mit der Gesellschaft und ihrer Doppelmoral ab.


Donnerstag, 10. August, 18 Uhr, Sonntag, 13. August, 18 Uhr
IL BIDONE Die Schwindler
Italien/Frankreich 1955. R: Federico Fellini. D: Broderick Crawford, Richard Basehart, Franco Fabrizi. 112 Min. Blu-ray. OmeU

Drei Freunde ziehen als Priester verkleidet durch die ländliche Umgebung Roms, um armen Bauern und einfachen Leuten das letzte Geld abzujagen. Die Begegnung mit einem gelähmten Mädchen erschüttert einen der drei Gauner so sehr, dass er aussteigen will. Doch seine Kumpane wollen das nicht hinnehmen. Einige Aspekte seines Spätwerks vorwegnehmend, gelingt Fellini mit den Mitteln des poetischen Realismus eine eindringliche und vielschichtige Darstellung ärmlicher Milieus mit deutlich sozialkritischem Einschlag.


Freitag, 11. August, 20 Uhr, Dienstag, 15. August, 20:30 Uhr
THE STING Der Clou
USA 1973. R: George Roy Hill
D: Paul Newman, Robert Redford, Robert Shaw. 129 Min. DCP. OF

Der Nachwuchsganove Johnny Hooker und sein älterer Partner Luther bestehlen im New York der 1930er Jahre einen Geldboten, der für Doyle Lonnegan arbeitet, den Boss des größten New Yorker Gangstersyndikats. Der lässt daraufhin sowohl den Boten als auch Luther umbringen. Mit Hilfe von Henry Gondorff, einem in die Jahre gekommenen, aber an Erfahrung und List reichen Trickbetrüger, will Johnny sich rächen und Lonnegan um einen hohen Geldbetrag erleichtern. THE STING wurde mit dem Oscar® für den Besten Film sowie sechs weiteren Academy Awards® ausgezeichnet und ist längst ein Klassiker des Gaunerfilms.


Donnerstag, 17. August, 18 Uhr, Sonntag, 20. August, 18 Uhr
PAPER MOON
USA 1973. R: Peter Bogdanovich
D: Ryan O'Neal, Tatum O'Neal, Madeline Kahn. 102 Min. 35mm. DF

Während der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren verkauft der Trickbetrüger Moze Pray teure Bibeln an leichtgläubige Witwen aus Kansas. Eine Bekannte schwätzt ihm das eigensinnige Waisenmädchen Addie auf, das er zu seiner Tante nach Missouri bringen soll. Schnell bemerkt Moze, dass die Geschäfte mit der Neunjährigen als Komplizin besser laufen. Der stimmungsvolle Schwarzweißfilm wird getragen vom Spiel des Vater-Tochter-Gespanns Ryan und Tatum O'Neal - die zur jüngsten Oscar®-Gewinnerin der Filmgeschichte avancierte. Bogdanovich wirft einen Blick auf den alltäglichen Überlebenskampf in schweren Zeiten.


Freitag, 18. August, 20:15 Uhr
PLEIN SOLEIL Nur die Sonne war Zeuge
Frankreich 1960. R: René Clément
D: Alain Delon, Maurice Ronet, Marie Laforêt. 118 Min. Blu-ray. OmeU

Der junge Amerikaner Tom Ripley ermordet einen Landsmann, der in Italien das Leben eines reichen Müßiggängers führt. Er kann sich sogar das Geld seines Opfers unter den Nagel reißen und gewinnt auch dessen nichts ahnende Freundin für sich. Alain Delon und Maurice Ronet spielen die Hauptrollen in René Cléments glänzender Verfilmung des ersten Ripley-Romans von Patricia Highsmith. Anders als im Roman, in dem der amoralische Held Tom Ripley ungestraft entkommt, bleiben seine Taten im Film nicht ungesühnt.


Dienstag, 22. August, 20:45 Uhr, Freitag, 25. August, 18 Uhr
DIRTY ROTTEN SCOUNDRELS Zwei hinreißend verdorbene Schurken
USA 1988. R: Frank Oz
D: S. Martin, M. Caine, G. Headly. 106 Min. 35mm. OmU

Ein ungehobelter Amerikaner, von Steve Martin mit Lust an der Überzeichnung verkörpert, und ein sich elegant und aristokratisch gebender Engländer, mit trockener Direktheit von Michael Caine gespielt - dieses ungleiche Duo versucht mit unterschiedlicher Masche weiblichen Opfern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Doch die Kooperation der beiden schamlosen Hochstapler wandelt sich in einem französischen Riviera-Badeort bald in ein absurd-komisches Duell um Gunst und Geld einer vermeintlichen Millionenerbin, umgesetzt mit klassischen filmischen Mitteln, rasantem Tempo und sprühendem Dialogwitz.


Donnerstag, 24. August, 18 Uhr
MIT HIMBEERGEIST GEHT ALLES BESSER
Österreich 1960. R: Georg Marischka
D: O. W. Fischer, Marianne Koch, Jacki Lane. 105 Min. 35mm

Der verarmte Kriegsheimkehrer Philipp Kalder kommt mit falschen Papieren und einer geklauten US-Uniform nach Frankfurt. Zunächst verdient er als Schrotthändler ein beachtliches Vermögen, dann betrügt er einen ehemaligen Oberst bei einem großen Waffendeal und macht sich schließlich an einen neureichen Kunstsammler heran. Die mit böser Ironie gewürzte Simmel- Verfilmung über einen Gauner und Hochstapler schreckt nicht davor zurück, die Geister der Vergangenheit in der deutschen Nachkriegsgesellschaft zu beschwören, in der ehemalige Nazi-Bonzen mit neuen Geschäftsmodellen Erfolge feiern.


Sonntag, 27. August, 20:30 Uhr, Dienstag, 29. August, 20:30 Uhr
CATCH ME IF YOU CAN
USA 2002. R: Steven Spielberg
D: Leonardo DiCaprio, Tom Hanks, Christopher Walken. 141 Min. 35mm. OF

Im Amerika der 1960er Jahre wächst Frank Abagnale in einer behüteten Familie auf, bis der Vater in eine berufliche Krise gerät. Statt sich nach der Scheidung für das Leben bei einem Elternteil zu entscheiden, lässt der Sohn alles hinter sich und sucht das Weite. Er wird zum kriminellen Hochstapler, der immer wieder neue Identitäten annimmt, um seine Betrügereien zu verschleiern - bis er von einem FBI-Agenten gejagt wird. Die nostalgisch gefärbte, mit leichter Hand inszenierte Gaunerkomödie entführt in die bunte Kino-Welt der 1960er und begeistert mit der Spielfreude der gut aufgelegten Darsteller.


Donnerstag, 31. August, 18 Uhr
DER HAUPTMANN VON KÖPENICK
Deutschland 1931. R: Richard Oswald
D: Max Adalbert, Ernst Dernburg, Willi Schur. 85 Min. 35mm

1906 brachte der vorbestrafte, arbeitslose Schuster Wilhelm Voigt die Welt zum Lachen, als er in einer Hauptmannsuniform aus dem Trödelladen zwölf Soldaten abkommandierte, um das Rathaus von Köpenick zu besetzen, wo er sich in den Besitz eines neuen Passes zu bringen hoffte. Die beißend satirische Verfilmung des Stücks von Carl Zuckmayer zeigt den traurigen Helden als bedauernswertes Produkt der bornierten Bürokratie und des Militarismus der wilhelminischen Gesellschaft. Ein bewegender Film von anrührender Menschlichkeit, selten gezeigt, aber der späteren Verfilmung mit Heinz Rühmann mindestens ebenbürtig.

Foto: Catch me if you can © DIF

Info: 
www.deutsches-filminstitut.de | www.deutsches-filmmuseum.de
www.filmportal.de | www.europeanfilmgateway.eu

SONDERAUSSTELLUNG:

ROT im Film
8. März bis 13. August 2017