Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. August 2017, Teil 5
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Der 30jährige Jean (Pio Marmaï) kommt nach 10 Jahren Abwesenheit zum ersten Mal wieder in seine Heimat Burgund und auf das Weingut seines Vaters zurück. Jean hat Frankreich nach einem Streit mit seinem Vater verlassen, weil er nicht wie sein Vater es für den ältesten Sohn gewünscht hat, das Weingut übernehmen wollte.
Er hat als Globetrotter viele Weingegenden besucht und kommt nun aus Australien zurück, weil sein Vater im Sterben liegt.
Die Weinernte steht bevor und seine jüngeren Geschwister die 27jährige Juliette (Ana Girardot) und der etwa 25jährige Jérémie (François Civil) können seine Hilfe bei der Ernte gut gebrauchen. Außer den Geschwistern ist da noch Marcel (Jean Marc Roulot), der schon seit vielen Jahren auf dem Gut arbeitet. Jérémie ist mit Océanne (Yamèe Couture) verheiratet. Die beiden haben gerade ein Kind bekommen und wohnen auf dem großen Weingut der Schwiegereltern, die sich regelmäßig in das Leben der jungen Familie einmischen.
Nach dem Tod des Vaters erfahren die drei Geschwister, dass sie das Weingut zu gleichen Teilen geerbt haben, das Gut etwa 6 Mill. Euro wert ist und sie deshalb 500 000 Euro Erbschaftsteuer bezahlen müssen.
Gleichzeitig beginnt die Weinernte und Juliette muss lernen, Entscheidungen zu treffen, z.B. wann welche Traubensorten geerntet werden, wie sie anschließend behandelt werden, wie man sich bei den Erntehelfern Respekt verschafft und sich gegen den Nachbar wehrt, der regelmäßig versucht, ihre Weinstöcke abzuernten. Jean unterstützt Juliette bei den Streitereien, zwingt sie aber letztendlich die Entscheidungen zu treffen (die sich später regelmäßig als richtig herausstellen).
Jean lebt seit einigen Jahren mit seiner argentinischen Frau Alicia (María Valverde) und seinem etwa 5jährigen Sohn Ben als Winzer in Australien. Er steckt gerade in einer Beziehungskrise und hat sich außerdem mit seinem australischen Weingut verschuldet.
Während des ganzen nächsten Jahres bleibt Jean auf dem Weingut der Familie, in dieser Zeit müssen die Geschwister entscheiden, ob sie das Gut oder zumindest Teile davon verkaufen, um die Erbschaftsteuer bezahlen zu können. Denn schon streckt Jérémies reicher Schwiegervater seine Fühler aus, um ihnen besonders gute Lagen abzukaufen. Auch der ungeliebte Nachbar beginnt schon mal auf den von ihm beanspruchten Parzellen zu spritzen, obwohl Juliette mit dem Bio-Anbau beginnen will.
Die gemeinsame Arbeit während des ganzen Jahres lässt die Geschwister wieder näher zusammenrücken und sie versuchen am Ende eine für alle drei vernünftige Lösung zu finden....
Der Film "Der Wein und der Wind", der im Originaltitel "Ce qui nous lie" zu Deutsch "Was uns verbindet" heißt, spielt nicht nur im Burgund sondern der Regisseur Cédric Klapisch hatte die Möglichkeit über alle vier Jahreszeiten auf dem Weingut des Schauspielers Jean-Marc Roulot zu drehen, auch um Zeit zu haben, damit er alle Stationen der Weinproduktion realistisch festhalten konnte. Roulot spielt im Film nicht nur die Rolle des langjährigen Mitarbeiters Marcel, sondern er fungierte auch als Berater. Während des Jahres folgt Klapisch aber auch dem Beziehungsgeflecht und auch den Verletzungen der drei ungleichen Geschwister.
Der Regisseur spart auch ein großes Problem des Weinbaus im Burgund nicht aus: Die Bodenpreise in der Region explodieren. Die Weingüter sind in kleinste Parzellen aufgeteilt. Zwar gehört noch der Großteil der Parzellen mit den Weinbergen den Einheimischen, aber am Beispiel des Schwiegervaters wird gezeigt, wie versucht wird, die kleineren Winzer zu verdrängen. Auch werfen immer mehr ausländische Investoren ihre Augen auf die Weinberge.
Cédric Klapisch, der in Deutschland vor allem durch seine Filme wie "L´Auberge espagnole" (2002) und seine zwei Fortsetzungen (2005 und 2014), "So ist Paris" (2008) und "Mein Stück vom Kuchen" (2011) bekannt geworden ist, zeigt in seinem Film ein hervorragend gelungenes Porträt über den Weinanbau zwischen Tradition und Moderne.
Während des ganzen Films nimmt der Regisseur dabei die Sichtweise von Jean ein, der zwar wie seine Vorfahren Winzer wurde, aber auf keinen Fall im Burgund bleiben wollte und der auch während seiner Rückkehr auf das Gut klar sieht, dass er nicht mehr dahin gehört. Besonders gelungen sind dann auch Parallel-Montagen, wenn der Zuschauer Jean als Erwachsenen mit seinem Sohn Ben und Jeans Vater mit dem jungen Jean in den gleichen Situationen sieht. Daneben werden auch immer wieder Szenen gezeigt, in denen sich Jean an seine Jugend auf dem Weingut erinnert und wie er und seine Geschwister in die Weinherstellung und auch die Verkostung eingewiesen wurden.
Obwohl der Film Fiktion ist, wirkt er oftmals dokumentarisch. Da wurden wahre Geschichten in den Plot eingearbeitet (z.B. die Probleme, wenn Töchter den elterlichen Betrieb übernehmen). Auch beim Weinfest wurde zuerst ein reales Fest beobachtet und danach durften die Ernthelfer sich selbst beim Fest nach Abschluss der Erntearbeiten spielen.
Im Film werden auch ganz unaufdringlich Beispiele für biologischen Weinbau gezeigt. Da weigern sich die Geschwister ihre Weinreben mit Pestiziden zu spritzen, während der Nachbar auf seinem Traktor mit Gasmaske und Schutzanzug zu sehen ist, wie er nicht nur seine Weinstöcke spritzt, sondern auch die Parzellen von anderen vergiftet.
Insgesamt ist "Der Wein und der Wind" auch dank der hervorragenden Darsteller ein sehenswerter und empfehlenswerter Film. Er ist ein absolut gelungenes Beispiel für das französische Erzählkino.
Foto:
v.l.n.r.: Marcel (Jean Marc Roulot), Jérémie (François Civil), Jean (Pio Marmaï), Alicia (María Valverde), Juliette (Ana Girardot) und Océanne (Yamèe Couture) © Studiocanal GmbH
Info:
Der Wein und der Wind (Frankreich 2017)
Originaltitel: Ce qui nous lie
Genre: Drama
Filmlänge: 114 Min.
Regie Cédric Klapisch
Drehbuch: Santiago Amigorena, Cédric Klapisch
Darsteller: Pio Marmaï, Ana Girardot, François Civil, Jean-Marc Roulot, Yamèe Couture, María Valverde u.a.
Verleih: Studiocanal GmbH
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 10.08.2017