f dalida lucrouxSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. August 2017, Teil 11

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – AM TAG ALS DER REGEN KAM ist für alle Westdeutschen, die 1959 schon Ohren hatten, eine tiefe Erinnerung. Man konnte diesem Chanson auf Deutsch von DALIDA einfach nicht entgehen und kann den Text bis heute.

Am Tag, als der Regen kam
Lang ersehnt heiß erfleht
Auf die glühenden Felder
Auf die durstigen Wälder
Am Tag als der regen kam
Lang ersehnt heiß erfleht
Da erblühten die Bäume
Da erwachten die Träume
Da kamst du
Ich war allein im fremden Land
Die Sonne hat die Erde verbrannt
Überall nur Leid und Einsamkeit
Und du ja du
So weit so weit.

Und wer ein Filmgedächtnis hat und mindestens seit 1981 schon Filme sah, wird sich an die Coverversion erinnern, die Barbara Sukowa in LOLA von Rainer Werner Fassbinder bot. Und dazwischen lag sogar ein deutscher Film mit dem Chansontitel. Sehr seltsam, daß dieses Musikstück im dem Film über die ägyptisch-italienische-französische - ach was, eigentlich internationale Sängerin wenig vorkommt. Dafür alle anderen Musikstücke, die meist geradezu Antworten auf ihre eigene Situation hergeben, Geschehen aus dem Leben dieser doch unglücklichen Sängerin, von denen wir nichts wußten. Warum beim Zuschauen immer wieder Maria Callas vor Augen geriet? Vielleicht, weil die falschen Männer diesen tollen Frauen das Leben noch schwerer machten.

Zugegeben, schwer macht es sich die als Iolanda Gigliotti in Kairo geborene DALIDA schon von alleine. Wie häufig paart sich eine extreme Begabung (sie singt wirklich sehr sehr gut) und gutes Aussehen mit einem schwachen Selbst, das Bestätigung von Männern braucht und auch Bestätigung durch die Öffentlichkeit, die Zuhörer ihrer Konzerte, denen sie sich sklavisch unterwirft.

Ehrlich gesagt kann man schon erschrecken. Denn der Film zeigt ein Leben (1933-1987), wie es sonst in den Filmen und Büchern erfunden wird: eine Melodramatik, die man auch lieber erfunden anschauen will, als Verfilmung eines realen Lebens, weil man sich da – beim Zuschauen – immer wieder fragt: hatte sie nicht Alternativen?! Nein, sie wohl nicht und so ist dies nach außen lange so erfolgreiche Leben eigentlich ein dem Tode geweihtes. Mit ihrem vergeblichen Selbstmordversuch beginnt der Film und mit ihrem gelungenen endet er.

Dazwischen staunt man, wie die Darstellerin Svea Alviti mit ihrer Rolle eins wird. Sie sieht wirklich so aus, wie auf den Fotos und sie bewegt sich so wie die echte Dalida, wie die eingestreuten echten Aufnahmen es zeigen. Und noch dazu muß sie das in einem Film, der über zwei Stunden dauert, doch im Eiltempo machen. Denn die Karriere dieser extrem erfolgreichen Frau – 45 Goldenen Schallplatten und in allen europäischen Sprachen singend – ist so beispiellos und international dazu, daß es Zeit braucht, die einzelnen Stationen mitzuerleben. Das gilt schon für die musikalische Karriere, wie erst die Liebschaften, die nur in Bezug auf die Männer zu überblicken ist, die dann dauerhafter eine Rolle spielen.

Die unglücklichste Rolle der Schlagersänger Luigi Tenco, der sich während des Festivals San Remo, in dem beide keine Lorbeeren ernteten, das Leben nimmt. Und drei Jahre später bringt sich auch der Mann um, mit dem sie in erster Ehe verheiratet war: der Musikproduzent Lucien Morisse. Es weht so viel Tod über dem Film, so eine Todessehnsucht, daß man dies mittendrinnen nur schwer ertragen kann. Aber und darin ist der Film einfach unwiderstehlich: es wird nichts melodramatischer als es im wirklichen Leben war. Der gesamte Film vermittelt eine Ernsthaftigkeit und Wahrheit, die schlicht durch die Art der Darstellung erzeugt wird. Lisa Azuelos hat diesen Film gedreht und unserer Meinung nach spürt man die Ehrlichkeit dieser Frauenhand noch beim Zuschauen.

Der Film basiert auf einer französischen Biographie, die Dalidas Bruder Bruno Gigliotti mitgeschrieben hat. Das eigentliche Ereignis ist die Darstellerin, der man mit offenem Mund beim Zuhören zuschaut, wenn sie auf der Leinwand zur DALIDA wird. Vital, voller Energie, oft in die falsche Richtung. Großen Respekt.

Foto: © Luc Roux

Info:

Dalida

Regie: Lisa Azuelos

Besetzung: Sveva Alviti, Riccardo Scamarcio, Jean-Paul Rouve, Nicolas Duvauchelle, Alessandro Borghi, Valentina Carli