Verleihung des Hessischen Film- und Kinopreises 2017 am Freitag, den 13., Teil 6
Notker Blechner
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Was ist bloß aus dem Hessischen Filmpreis geworden? Bei der diesjährigen Gala mangelte es an bundesweit bekannten Promis, mehrere Preisträger waren unvorbereitet und schwörten dem Kino ab. Nur einer rettete die Preisverleihung: Ulrich Tukur.
Der 60-jährige Super-Schauspieler wollte beweisen, dass er den Ehrenpreis wirklich verdient hat. In bestem Hessisch redete er von seiner Geburt in "Vernem" (Viernheim) und seiner Jugend in "Großkrotzebursch". Auch wenn der nicht geld-dotierte Preis nur mit einem feuchten Händedruck verbunden sei, gehöre es sich, hier zu sein. "Ich bin Hesse." Als Dankeschön lud er alle Gäste in der Alten Oper zu einem Fünf-Liter-Bembel in Sachsenhausen ein "Wie wir das aufteilen, sehen wir dann", scherzte er.
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte Tukur zuvor "einen Hessen - jedenfalls von Geburt" genannt. Das dürfte den Schauspieler zusätzlich motiviert haben, in Frankfurt seine hessischen Wurzeln zu demonstrieren. Tatsächlich verstehen sich die beiden gut. Der Ministerpräsident gestand am Rande des Filmpreises, dass er sich mit Tukur über dessen Rolle als Wehrmachtsgeneral Rommel unterhalten habe. Sie seien sich einig gewesen, dass Rommel eine gespaltene Persönlichkeit gewesen war.
Nur Hitler würde Tukur nie spielen
Tukur hat eine Reihe von prominenten Rollen gespielt - vom RAF-Terroristen Andreas Baader, über den Politiker Herbert Wehner, den Oberleutnant im DDR-Drama "Das Leben der Anderen", über den Geldbetrüger Dieter Glanz in "Gier" bis hin zum Frankfurter Zoo-Direktor Grzimek. Nur eine Rolle würde er bestimmt nie spielen - Adolf Hitler, gestand er gegenüber Weltexpresso.
Am schwierigsten sei eine Rolle in einem Hollywood-Film gewesen, bekannte er. Und bei den Dreharbeiten zu "Ein fliehendes Pferd" wäre er tatsächlich fast mal ertrunken. Er sollte damals im Sturm auf dem Bodensee aus dem Segelboot fallen. "Wir haben das auf Malta in einem Wasserbecken gedreht." Als er dann tatsächlich im Wasser landete, merkte "ich plötzlich, dass ich wirklich unterging". Tukur: "Da habe ich gedacht: So jetzt ersaufe ich." Der Crew merkte es noch rechtzeitig und stellte den Wasserzulauf ein.
Vom Treuhandchef zum Buchautor
Aktuell dreht der 60-Jährige den Treuhandchef im zweiteiligen ZDF-Politthriller "Der Mordanschlag", der von der RAF umgebracht werden soll. Die Dreharbeiten laufen in Frankfurt, Berlin, Düsseldorf und Breslau. Der Film soll Anfang nächsten Jahres ausgestrahlt werden.
Künftig will Tukur allerdings weniger vor der Kamera stehen. Er schreibt an einem Roman für den Fischer-Verlag, erklärte er Weltexpresso am Rande der Filmpreisverleihung in Frankfurt. Das Thema des Buchs will er noch nicht verraten. Es gehe um Gegenwart und Zukunft.
Harzer bevorzugt das Theater
Auch der zum besten Hessischen Schauspieler gewählte Jens Harzer hat dem Film abgeschworen. Er will sich nach zwei Rollen im "Tatort" wieder auf seine Theaterkarriere konzentrieren, sagte er Weltexpresso. "Ich will lieber Theater als Filme spielen." Das kurze Gastspiel im hessischen Tatort scheint ihn ziemlich frustriert zu haben. Auf der Preisverleihung hielt er eine bewegende Hommage aufs Theater, nachdem er zunächst nach Worten gerungen hatte.
Sichtlich sprachlos war auch Corinna Harfouch, die zur besten hessischen Darstellerin ausgezeichnet wurde. Sie sei gar nicht vorbereitet, bekannte sie freimütig vor dem Publikum, strich sich kurz durch die wilden Haare, lobte die Nominierte Caroline Peters ("Kalt ist die Angst"), die den Preis genau so verdient hätte, und wollte dann schon wieder fast gehen.
Stötzner lobt Charité-Arzt als großen Visionär
Die Schauspieler, die nominiert waren, aber leer ausgingen waren, hatten deutlich mehr – und Interessanteres zu sagen. So zum Beispiel Ernst Stötzner, der den berühmten Arzt Rudolf Virchow in der TV-Serie "Charité" spielt. Der Begründer der modernen Pathologie sei eine faszinierende Persönlichkeit gewesen, würdigte diesen. Auch wenn er den Kochschen "Bazillenzirkus" ignoriert habe, sei er doch ein herausragender Mediziner und ein großer politischer Visionär gewesen. Virchow habe sogar einen eigenen Verlag gegründet, um seine Erkenntnisse einem breiten Publikum bekannt zu machen. Aktuell spielt Stötzner die Hauptrolle in der ARD-Komödie "Opa wird Papa".
Nach der zweieinhalbstündigen Preisverleihung feierten sich die Preisträger, die Nominierten und andere hessische Promis aus Film, Medien und Politik in der Alten Oper. Ehrenpreis-Gewinner Tukur blieb bis weit nach Mitternacht mit seiner Frau, der Fotografin Katharina John. Nur sein Hund musste draußen bleiben.
Spätes Geständnis von Dunya Hayali
Zu den anwesenden Promis zählten FDP-Generalsekretärin Nicola Beer, Schauspielerin Nina Petri, Tatort-Kommissarin Margarita Broich, Jungtalent Lea van Acken und Morgenmagazin-Moderatorin Dunya Hayali. Diese bekannte zu später Stunde, dass sie mit Kollege Mitri Sirin immer zusammen sei - nicht nur im "Morgenmagazin". Da gab’s am Rande des Filmpreises doch noch eine kleine Überraschung, die aber der Boulevardpresse entging.
Fotos:
Titel: Einfach eine tolle Schauspielerin und komisch dazu: Margarita Broich, die im Artikel nicht vorkommt, nur als anwesend angezeigt wird, was wir dokumentieren
Text: Jens Harzer, beide Fotos ©Ulla Micheline
Info:
Hessischer Filmpreis
http://www.hessenfilm.de/hessischer-film-und-kinopreis.html