f thesquarSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. Oktober 2017, Teil 7

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ein starker Film. Ein Film, der einem viel zu sagen hat, auch wenn man das eigentlich alles weiß, wie es zugeht im zum Event gewordenen Kunstbetrieb – aber: es haben noch nicht alle dazu etwas gesagt und vor allem nicht in dieser Form, klug, witzig, decouvrierend. Dünn nämlich ist sie die Zivilisationsschicht unserer Kulturelite.

Die der anderen auch. Aber hier spielen sich die Ereignisse auf höherer Ebene ab. Höher heißt hier, daß wir dem Museumsdirektor und Erfolgskurator des X-Royal Museum in Stockholm - jung, gut aussehend, erfolgreich, charmant und kenntnisreich - dabei zusehen, wie er sich um Kopf und Kragen redet und ins Aus manövriert. Dabei fängt das alles ganz belanglos an. Straßenkampf. Im Gewimmel der Passanten will er einer jungen bedrängten Frau helfen, die jedoch nur Ablenkung ist, damit ihm deren Partner das Portemonnaie und Handy klaut. Auf dem sind – wie immer – alle wichtigen Adressen, also direkt vor der Eröffnung der Ausstellung, um die es geht – eine Katastrophe.

Und daraus entwickeln sich buchstäblich mehr als die sieben bis zwölf biblischen Plagen. Dies führt uns Regisseur Ruben Östlund fast genüßlich vor, denn sein Hauptdarsteller Christian (Laes Bang) ist eine anfangs sehr sympathische Gestalt. Den anderen zugewandt, nicht hochnäsig, will er auch in der Kunst die Gesellschaft einfangen, weshalb eine Installation vor dem Museum vorbereitet wird, jene THE SQUARE, ein großes Rechteck, das einen geschützten Raum für die Obdachlosen, Armen und Verfolgten der Gesellschaft darstellen soll, aber zum Schafott für die Ambitionen und Absichten von Christian wird.

Übrigens, das muß man einfach erwähnen: der Film hatte dieses Jahr die Goldene Palme von Cannes gewonnen und ich erinnere mich noch gut an die etwas überhebliche Tonlage, mit der dieser Film als Überraschungssieger abgemeiert wurde und andere Favoriten mit Kunstwerken zu kurz gekommen seien. Ohne die anderen zu kennen, kann man wohl konstatieren, daß diese Palme in diesem Film

einen würdigen Träger fand.

Christian bereitet also die Eröffnung von THE SQUARE vor, wir erleben ihn als zugewandten, eher uneitlen Macher, der die Mitarbeiter gut motivieren kann, Menschen und Sachverhalte werden uns im Ablauf bekannt, die im Film erst später – ein richtiger, wenngleich kein neuer Kunstgriff – einen Zusammenhang erhalten. Eigentlich läuft alles, nur leidet Christian unter dem Verlust seines Handys, was ihn, den Erfolgreichen, aufs Normalmaß zurechtstutzt. Und da hat der befreundete Mitarbeiter die zündende Idee, die wie eine Zündschnur an der Bombe am Ende zur Explosion führt. Handys können doch geortet werden und tatsächlich findet sich der Ort, wo das Handy inzwischen ist. Das ist allerdings ein Hochhaus mit sehr vielen Mietern, weshalb die Idee, allen einen Brief einzuwerfen, in dem der Empfänger des Briefes des Diebstahls beschuldigt wird und gegen eine Rückgabe die Polizei nicht eingeschaltet wird, doch als gute Idee dasteht, dem Schuldigen ein schlechtes Gewissen und Angst zu machen.

Zum Brüllen wie unser feingewandeter alerte Museumsheld durch die Flure des Hochhauses hastet, in jeden Türschlitz einen Brief wirft, in der Hoffnung, den Räuber damit zu erschrecken – kann dieser doch nicht wissen, daß in jeder Wohnung ein derartiger Brief eingeworfen wurde. Was nun passiert, ist so komisch, daß wir nur den Anfang bringen. Tatsächlich hat der Drohbrief gewirkt. Handy und Geldbeutel sind am gewünschten Ort abgegeben. Doch dann gibt es einen Tag später noch mal eine Nachricht. Der anonyme Schreiber will eine Entschuldigung von Christian, gedacht für seine Eltern. Es ist ein Junge, dem seine Eltern aufgrund des Briefes von Christian vorwerfen, er habe geklaut, er sei der Dieb, was der Junge nicht auf sich sitzen lassen will und sich den Christian als Lügner und Verleumder vorknöpft und ihn dann persönlich dringlich auffordert, seinen Eltern des Jungen Unschuld zu beteuern.

Doch Christian hat anders zu tun...und leider verscherzt er es sich nach und nach auch mit dem schönen Geschlecht. Auch mit unserem. Was für eine Nacht gedacht war, dies Zusammensein mit der Journalistin Anne (Elisabeth Moss) wächst sich zu einer erst mittleren, dann größeren, dann riesengroßen Katastrophe aus. Dabei hat der Regisseur skurrile Einfälle, die aber im immer undurchsichtigeren Geschehen, eine logische, ja psychologische Komponente erhalten. Nein, den völligen Untergang des Helden müssen Sie persönlich erleben.


Foto: Hier sieht man The Square auf dem Boden abgeteilt © Verleih

Info:

BESETZUNG

Claes Bang           Christian
Elisabeth Moss     Anne
Dominic West      Julian
Terry Notary         Oleg
Christopher Læssø     Michael
Marina Schiptjenko     Elna
Elijandro Edouard       Pojken
Daniel Hallberg          PR-Berater
Martin Sööder           PR-Berater