f subur2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. November 2017, Teil 8

Filmheft

Berlin (Weltexpresso) - Um die Bilderbuchwelt von Suburbicon zu erschaffen, holte sich Clooney Szenenbildner Jim Bissell, mit dem er bereits bei fünf Filmen zusammengearbeitet hatte. Beide haben ein instinktives Verständnis für die Arbeitsweise des anderen entwickelt und liegen daher bei kreativen und visuellen Fragen auf der gleichen Wellenlänge.

Bissell lobt Clooneys künstlerische Vielseitigkeit, die auch ihre Zusammenarbeit entscheidend vereinfachte: „Film ist die Krönung aller Kunstformen. Es ist toll, dass George Regie führt, schreibt und als Schauspieler arbeitet. Aber für mich ist es am hilfreichsten, dass er auch zeichnen kann. Er hat alles von einem dramaturgischen und visuellen Standpunkt aus durchdacht und kann das in seinen Zeichnungen vermitteln. Ich weiß immer, wonach er sucht.”

Für SUBURBICON war Clooneys und Bissells visuelles Leitmotiv: „Anonymität und Gleichheit“. So sollte eine Welt entstehen, in der die Lodges sozusagen unsichtbar werden. Das Vorbild für Suburbicon war zwar das gleichförmige, nach Schema F gebaute Levittown in Pennsylvania, aber Bissell und sein Team gingen nach Südkalifornien, um die ideale Kino-Vorortsiedlung zu erschaffen.

„Obwohl wir in Kalifornien drehten, vermittelten die Häuser dort die Atmosphäre eines x-beliebigen amerikanischen Orts“, so Bissell. „Bei der Motivsuche wollten wir vor allem Häuser im optimalen Zustand und mit möglichst wenig Bäumen davor finden.“ In einem Stadtteil von Fullerton entdeckte die Produktion die perfekte Fassade für das Meyers-Haus sowie zwei Dutzend weiterer geeigneter historischer Häuser, die in der Kamerafahrt zu Beginn des Films zu sehen sind.

„Die Häuser in Fullerton wurden 1958 gebaut, was für uns ideal war“, so Bissell. „Die Nachbarschaft ist sehr stolz darauf, dass sie die originale Architektur bewahrt hat. Es gab kaum Renovierungsmaßnahmen. Dieser Schauplatz war außergewöhnlich, denn sogar die Farben der Häuser waren die gleichen.“ Abgesehen von den authentischen Altbauten waren viele ältere, geschädigte Bäume für Reparaturen am Bürgersteig entfernt worden. So musste die Produktion nicht selbst die Zeit zurückdrehen und sparte sich dadurch großen Aufwand.

„Unsere Gegend musste brandneu aussehen. Aber die meisten Wohnsiedlungen aus der Zeit haben 60 Jahre alte Bäume“, erklärt Bissell. „Es gab einige Diskussionen, ob wir die älteren Bäume nicht einfach digital entfernen sollten. Aber das hätte einiges an Zeit, Arbeit und Geld gekostet, und so waren wir froh, dass wir bei diesem Motiv nicht dazu gezwungen waren.“

Die Fassaden vieler Häuser in Fullerton erhielten einen neuen Anstrich und die Gärten wurden im Stil der damaligen Zeit umgestaltet, einschließlich Buchsbaumhecken und alter Lampeninstallationen. „Immer wenn wir dort drehten, waren die Leute fantastisch zu uns“, erinnert sich Clooney. „Wir stellten ihr Leben auf den Kopf, strichen ihre Häuser, drehten die ganze Nacht draußen, und trotzdem haben sie uns total unterstützt.“

Die Außenaufnahmen des zweigeschossigen Hauses der Gardners entstanden im nahegelegenen Carson. Das Gebäude wurde mit einer altmodischen Farbe angemalt, „einem ekligen Grün“ in den Worten Bissells. „Diese Farbe war für die Zeit typisch, aber ich habe sie auch deshalb – in Verbindung mit einer rostfarbenen Verkleidung – gewählt, um zu zeigen, wie Gardner in seiner Selbstgefälligkeit und Selbstbezogenheit langsam, aber sicher zugrunde geht.“

Das im Allgemeinbesitz befindliche Grundstück zwischen den Häusern der Lodges und der Meyers dient für Nicky und Andy als Fluchtpunkt und Ablenkung von ihrem Leben zuhause. Aber es war unmöglich, in Südkalifornien einen Hinterhof ohne Umzäunung zu finden. „Alle Häuser aus der Zeit zwischen Oxnard und Fullerton haben zwei Meter hohe Ziegelmauern“, klagt Bissell. „Wir mussten daher unser eigenes Motiv konstruieren, das für unsere Bedürfnisse passte.“

Dieser Hinterhof wurde von Grund auf in Mystery Mesa in Santa Clarita errichtet. Inmitten von Feldern im Nirgendwo arbeitete die Szenenbild-Abteilung drei Wochen lang daran, ein leeres Grundstück in acht Fassaden zu verwandeln, die um einen Hinterhof herum gruppiert waren, inklusive Zäunen im Ranch-Stil, hinter denen wiederum Schaukeln, Veranden und große metallene Wäschespinnen standen.

Das Innere des Lodge-Hauses entstand in nur sieben Wochen komplett auf einer Studiobühne des Warner Brothers Geländes in Burbank. Auf zwei Ebenen bauten Bissell und sein Team Wohnzimmer, Küche, Hobbyraum, Badezimmer und Schlafzimmer in gedämpften Braun-, Rost-, Grün- und Senftönen – ein regelrechter Tempel des Mitt-50er Designs. Viele aus der Crew erkannten Möbel- und Einrichtungsstücke aus ihrer Jugend wieder.

Bissell arbeitete eng mit Clooney, Heslov und dem Oscar®-preisgekrönten Kameramann Robert Elswit [THERE WILL BE BLOOD („There Will Be Blood“, 2007)] zusammen, um sicherzustellen, dass das Szenenbild der Vision der Produzenten entsprach. Elswitt drehte auf einer Arri Alexa Kamera im anamorphen Format mit Objektiven aus der ‚C’-Serie von Panavision, die dem Film eine klassische Ästhetik verleihen. Da sich mit diesen anamorphen Panavision-Linsen ein größerer Bildbereich einfangen lässt, konnte Clooney Nah- und Halbnahaufnahmen eines Schauspielers drehen, bei denen die anderen Schauspieler noch im Bild zu sehen waren.

„Das Haus war unser größtes Szenenbild“, so Clooney. „Hier spielen sich zwei Drittel der Filmhandlung ab. Daher entwickelten Grant und ich einen spezifischen Drehstil. Für die meisten Einstellungen zeichneten wir Storyboards und wir fanden heraus, wo die Schatten zu sehen waren, wenn wir durch die Stufen oder zwischen Kamin und Wand drehten.”
Ein weiteres großes Innen-Set waren die Büroräume von Pappas & Swain, Gardners Arbeitsstätte. Die Holzpaneele, die die ganze Wand bedeckten, und die gedämpften Farben ergaben die perfekte zeitgenössische Kulisse, vor der Gardners Leben aus den Fugen gerät.

Weitere Drehorte waren North Hollywood, Encino, Santa Clarita, San Fernando, Altadena und Pasadena.

Im Valley Plaza Recreation Center in North Hollywood wurde ein großes, weitgehend leerstehendes Einkaufszentrum in sein Gegenstück aus den 50ern verwandelt. Die zeitgenössischen Schaufensterauslagen sahen so überzeugend aus, dass Passanten hereinschauten und die Crewmitglieder fragten, wann das Ganze eröffnen würde.

Das Szenenbild des Supermarkts erforderte ebenfalls den vollen Einsatz des Produktionsteams. Zu seiner Begeisterung fand Bissell in San Fernando einen vor kurzem geräumten JC Penney, der für die Zwecke der Produktion passte. „Er stammte aus den 1940ern und die Außenfassade hatte alle originalen Details aus der Zeit. Im Inneren bauten wir das Szenenbild des Supermarkts.“

Die Regale wurden mit 2.500 authentischen Schachteln bestückt, die das Art Department kreiert hatte, sowie mit 10.000 echten Lebensmittelkonserven, die mit Kopien alter Etikette beklebt worden waren. Die Produktion fand im Internet auch eine Aufstellfigur für die ‚Tony the Tiger’-Cornflakes mit Zuckerguss – eine absolute Rarität und so gut wie neu. Damit sah der Gang mit der Frühstücksnahrung besonders realistisch aus. Für die Backwaren-Abteilung wiederum kaufte man online von Sammlern Hunderte von originalen Broteinwickelpapieren der Marken Taystee und Wonder Bread.

„Es ist schon erstaunlich, was so alles gesammelt wird“, wundert sich Bissell. „Diese Leute verkaufen solche Sachen online, und das ist großartig, wenn du Ausstattungsgegenstände für dein Bühnenbild brauchst, die sich nur schwer finden lassen. Der neue Flohmarkt heißt Ebay.“

Aber so viele historische Sammlerstücke die Produktion auch im Netz fand, andere wichtige Objekte erhielt sie nur aus reiner Gefälligkeit. Für das Wohnzimmer der Lodges hatten Requisiteur Matt Cavaliero [LALA LAND („La La Land“, 2016)] und sein Team die Aufgabe, einen Fernseher der Marke Zenith Flash-Magic zu finden – das erste Fernsehgerät mit Fernbedienung. Nach vielen schlaflosen Nächten entdeckte Cavaliero ein Exemplar im Topzustand im Museum der Early Television Foundation in Ohio, die das Gerät der Produktion freundlicherweise lieh.

Transportmittel-Koordinator George Sack [LIVE BY NIGHT („Live By Night“, 2016)] hatte nicht nur die Aufgabe, über 150 Pkws und Lastwägen aus den 50ern zu finden, sondern auch die Duplikate einiger wichtiger Fahrzeuge. Das betraf den 1957er Oldsmobile Gardners, den 1954er Chevrolet der Meyers, den 1954er VW Käfer von Louis und Ira und einen Crown Feuerwehrwagen von 1959, die allesamt im Lauf des Films beschädigt oder geschrottet werden. Folglich waren davon Zweitexemplare nötig, die während des Drehs unversehrt bleiben mussten. „Wir brauchten einen Feuerwehrwagen der Marke Crown, der dem Exemplar entsprach, den wir schlussendlich zerstörten. Das Los Angeles County Fire Museum hatte einen auf dem Schrottplatz stehen, den wir glücklicherweise kaufen konnten.”

Dank der großen Autosammlung fanden sich auch schnelle Lösungen, wenn es darum ging, versteckte Anachronismen aus dem Bild zu eliminieren. Wann immer ein moderner Hydrant oder Straßenschild zu sehen war, stellte ihn die Transport-Abteilung auf kreative Weise mit dem passenden Oldtimer zu.

Foto: ©

Info:

DIE BESETZUNG

Matt Damon (Gardner Lodge)
Julianne Moore (Rose Lodge / Tante Margaret)
Noah Jupe (Nicky Lodge)
Glenn Fleshler (Ira)
Alex Hassell (Louis)
Gary Basaraba (Onkel Mitch)
Oscar Isaac (Bud Cooper)
Jack Conley (Hightower)
Karimah Westbrook (Mrs. Meyers)
Tony Espinosa (Andy)
Leith Brooke (Mr. Meyers)