Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. November 2017, Teil 16
N.N.
Los Angeles (Weltexpresso) – Das COCO-Team findet seine Geschichte in Mexiko: Die Pixar Animation Studios erkunden ein breites Spektrum an unterschiedlichen Welten in ihren Filmen – von Paris bis zum Great Barrier Reef, vom Weltraum bis zu Monstropolis. Eine genaue Recherche ist der Grundstein für die Erschaffung dieser fantastischen, aber doch glaubwürdigen Welten und all die Figuren, die sie bewohnen – egal ob das bedeutet klassisches Spielzeug zu dekonstruieren oder herauszufinden, wie viele Luftballons nötig sind, um ein Haus abheben zu lassen.
Bei COCO wollten die Filmemacher dem Publikum die Möglichkeit geben, vollkommen in jene mexikanische Kultur einzutauchen, die auch der Anker ihrer Geschichte sein sollte. Daher sind sie während ihrer Recherche von ganz verschiedenen Richtungen aus angegangen: Sie haben einen Stab an Beratern und Experten verpflichtet, sich in mexikanische Kunst, Film und Musik vertieft und sind durch ganz Mexiko gereist, um die Menschen und ihre Traditionen mit eigenen Augen zu erleben und zu sehen, wo und wie ihre Figuren leben würden.
KULTURELLE BERATER
Die Filmemacher haben mit einem Team kultureller Berater zusammengearbeitet, zu dem unter anderem auch der politische Karikaturist Lalo Alcaraz, der Dramatiker Octavio Solis sowie die Independent-Produzentin und Aktivistin Marcela Davison Avilés gehörten, die zudem als Autorin und Kennerin des kulturellen Erbes von Mexiko bekannt ist. Diese Beraterinnen und Berater, deren Familien aus Mexiko stammen, haben sich von der Kleidung der Figuren und der Ausstattung der Kulisse bis zur allgemeinen Farbpalette oder den Dialogen in alle Belange des Films eingebracht und so innerhalb des Drehbuchs eine Verschmelzung des Spanischen mit dem Englischen ermöglicht, die keine Übersetzung mehr erforderte. „Das ist es“, sagt Solis, „was unsere Erziehung genau widerspiegelt, denn wir sind ja in zweisprachigen Haushalten aufgewachsen. Auf dem Schulhof haben wir spanisch und englisch natürlich im fliegenden Wechsel gesprochen.“
Solis, der drei Jahrzehnte lang in der Kulturszene der Bay Area gearbeitet hat, erzählt, dass die Filmemacher seinen Kommentaren gegenüber sehr aufgeschlossen waren. „Ich ordne mich nicht gerade oft der Parteilinie unter“, sagt er, „sondern bin mir sehr bewusst, wonach sich die Menschen meiner Kultur sehnen, um sich weiterzuentwickeln und teilzuhaben am Konstrukt des amerikanischen Traums.“
Solis hat die Filmemacher darin bestärkt, die Figuren im Land der Toten nicht zu ernst zu nehmen. „Unsere Art und Weise unsere Vorfahren zu ehren, ist eher heiter und unbeschwert. Wenn jemand im Leben eine Nervensäge war, ist er es wahrscheinlich auch im Tod. Ich glaube der Film fängt das sehr gut ein.“
Alcaraz, einer der führenden und mit seinem Comicstrip La Cucaracha im ganzen Land gelesenen Karikaturisten, unterstützte die Filmemacher sehr in ihrem Vorhaben, sich näher auf das Thema Familie einzulassen. „Latinos“, meint er, „haben oft eine starke Familienstruktur – die Familie kommt immer an erster Stelle. Und das ist es auch, was ich an COCO so liebe“.
„Es ist“, ergänzt Avilés, „eine universelle Geschichte von der unerschütterlichen Liebe einer Familie füreinander. Während am Día de los Muertos natürlich eine tiefgreifende kulturelle Hommage stattfindet, ist es wichtig, die feierlichen Aspekte dieses Festtags richtig einzuschätzen und zu verstehen, dass die Kinder in dem Film voller Freude an den Feierlichkeiten teilhaben.“
„Die Menschen werden diese Kultur und diese Tradition sehr viel besser verstehen können, wenn sie diesen Film gesehen haben. Denn Pixar“, sagt Alcaraz, „hat seine Hausaufgaben gemacht.“
Laut Avilés, die sich in ihrer Arbeit oft dem kulturellen und auch filmischen Erbe Mexikos widmet, war es das wichtigste, dass die Filmemacher in ihrer Suche nach einer möglichst genauen und respektvollen Repräsentation der mexikanischen Kultur in COCO ein Bewusstsein dafür entwickelten, dass diese Kultur darin auch stattfinden musste. „Und dann haben sie entsprechend dieses Bewusstseins gehandelt“, sagt sie. „Sie haben sich einfach die Zeit genommen, um überhaupt verstehen zu können. Sie haben sowohl den Experten so unterschiedlicher Fachbereiche wie der Archäologie und der Musik Gehör geschenkt wie auch den Exponenten der mexikanischen Kultur selbst. Und all das mit größtmöglicher Aufrichtigkeit, Respekt und Bescheidenheit.“
Fortsetzung folgt
Filmkritik vom 30. November:
https://weltexpresso.de/index.php/kino/11574-coco-lebendiger-als-das-leben
Fotos: © Verleih
Info:
Abdruck aus dem Presseheft zum Film Seiten 4/5
Coco - Lebendiger als das Leben! (USA 2017)
Originaltitel: Coco
Genre: Animation, Familienfilm
Filmlänge: 100 Min.
Regie: Lee Unkrich
Drehbuch: Lee Unkrich, Adrian Molina
Originalsprecher: Anthony Gonzalez, Benjamin Bratt, Gael García Bernal, Alfonso Arau, Cheech Marin u.a.
Deutsche Sprecher: Heino Ferch u.a.
Verleih: Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 30.11.2017
Die Premiere des Films wurde am 20. Oktober 2017 beim Morelia International Film Festival in Morelia gefeiert. In Mexiko kam er landesweit am 27. Oktober 2017 in die Kinos, das war 2017 das Wochenende vor dem Tag der Toten. Allerdings wurde er in Mexiko umbenannt in VIVA, weil auf Portugiesisch „cocô“ ein Schimpfwort ist, was leicht verwechselt wird. In den USAlief COCO am 22. November an und in Deutschland am 30. November.
In den Vereinigten Staaten kam der Film nach seinem Start sofort auf Platz 1 der Kino-Charts. Die weltweiten Einnahmen des Films belaufen sich bislang auf rund 155 Millionen US-Dollar. Wenigstens ist das viele Geld für etwas Sinnvolles ausgegeben worden.