f binoche1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. Dezember 2017, Teil 5

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – ISABELLE UND IHRE LIEBHABER heißt der Untertitel, aber die Liebhaber haben meist ISABELLE nicht lieb genug, auf jeden Fall klappt es mit den Verhältnissen nicht so, daß sich die schöne Isabelle auch geliebt und begehrt genug fühlte.

Dieses ‚genug‘ ist natürlich die Frage, denn für manche kann die Liebe nicht intensiv genug sein, ja, die möchten sogar erdrückt von der Liebe werden, damit sie sie auch körperlich spüren, vielleicht weil sie kein Zutrauen haben zu sich selbst, auch ohne Getöse oder eigenes Einwirken liebenswert zu sein. Es ist also eine große Hoffnung in den Menschen, wohl in den Frauen noch mehr als den Männern, geliebt zu werden und so mancher und manche kommen überhaupt nicht zum Lieben, weil sie ständig taxieren müssen, ob sie genug geliebt werden.

f binoche2Dabei weiß jeder, daß zu lieben das größere Glück ist, als geliebt zu werden und natürlich ist der ideale Zustand, wenn beides zusammenfällt. Doch, was ISABELLE (Juliette Binoche) als Liebe kennenlernt, erschöpft sich schnell im Auslaufen des körperlichen Begehrens, wobei das des Mannes ausschlaggebend ist, denn sie erlebt ihren Wert genau darin, wie heftig sie begehrt wird. Das törnt sie an. Und wir geraten unmittelbar in der Situation in ihr Leben, als sie für sich, noch im Bett mit dem Liebhaber, feststellt, daß dieser, der verheiratete Bankier Vincent (Xavier Beauvois), ihrem Liebesanspruch nicht mehr genügt. Sie will mehr. Sie will nicht mehr Rücksicht nehmen müssen, sich verstecken und hat von den ewigen Absprachen und Kompromissen genug.

Da kommt einiges zusammen, was den Film auch fragwürdig macht in seinem Liebesbegehren, das später Isabelle zu einer Furie werden läßt. Dazu gleich mehr. Etwas anderes ist wichtiger. Juliette Binoche ist in dieser Rolle so umwerfend, so hinreißend, lässig, sinnlich, schön, anmutig, daß dieser Anblick den Film lohnt. Sie ist auch trotzig, widerständig, verzweifelt, leer, hilflos, so daß sie ohne eigene Orientierung nicht weiter weiß. Deshalb sucht sie einen Wahrsager auf (Gérard Depardieu). Eine völlig irre Szene, in der sie ihm ihre Probleme schildert und endlich wissen will, ob es für jeden eine Liebe fürs Leben gibt oder ob so etwas nur eine Illusion bleibt.

Der antwortet wie Pythia, die zuständige Priesterin im Orakel von Delphi, die auf einem Dreifuß über dem Erdspalt sitzt, wo die Dämpfe nach oben entweichen und das Bewußtsein delieren lassen. Denn genauso so somnambul kommt einem dieser Wahrsager vor, der zudem nur aufnimmt und als Sprechblasen von sich gibt, was ihm zuvor Isabelle als ihr Begehr mitgeteilt hatte: sich nicht aussaugen zu lassen von dem geliebten Anderen, und offen zu bleiben, offen für Menschen, offen für Dinge und dann sagte er die titelgebenden Worte: „..finde deinen eigenen, einzigartigen Lebensweg – und dann wirst Du eine schöne, innere Sonne finden.“

f binoche5Ist es Zynismus oder nur Wahrheit, daß der Zuschauer zuvor auch das miterleben konnte, was der ratsuchenden und leichtgläubigen Isabelle verborgen bleibt. Der Wahrsagen wurde vor diesem Termin in einer jämmerlichen Szene von seiner Liebe gerade aus ihrem Leben peinlich verabschiedet.

Wie gesagt, der Film lebt und atmet von und mit der ausgelassenen Juliette Binoche. Die Männer, die es nicht bringen, sind weiter nicht wesentlich, austauschbare Charaktermasken, als da sind: Mathieu (Philippe Katherine), Ex-Ehemann und Vater der gemeinsamen zehnjährigen Tochter (Laurent Grévill), der Schauspieler (Nicolas Duvauchelle), der zwar Liebesgefühle in ihr hervorruft, aber ihr gegenüber keine entwickeln kann. Und auch mit Fabrice (Bruno Podalydès) klappt es nicht, von Sylvain (Paul Blain) ganz zu schweigen, der sie liebt, doch die Verhältnisse, die sind nicht so.

P.S.: Wir haben hier nachvollzogen, was der Film vormacht. Er zeigt uns die Frau, Isabelle, nur in Bezug auf Männer. Alles andere ist entschieden  und doch eigentlich mit großer Geste ausgeblendet. Auch, daß sie Künstlerin ist, was erwähnt wird, weil auch ihre Galeristin vorkommt. Auch, daß sie eine Tochter hat, im Film aber nie Mutter ist. Das können sich eigentlich nur Frauen erlauben, weshalb wir beide Frauen, die das Drehbuch schrieben und Regie führten, im Folgenden zu Wort kommen lassen.


Foto: © pandorafilm.com

Info:
Isabelle – Juliette Binoche
Vincent (Bankier) – Xavier Beauvois
Mathieu – Philippe Katerine
Maxime – Josiane Balasko
Schauspieler – Nicolas Duvauchelle
Marc (Galerist) – Alex Descas
Wahrsager – Gérard Depardieu
François – Laurent Grévill
Fabrice – Bruno Podalydès
Sylvain – Paul Blain
Freundin – Sandrine Dumas
Die Frau im Auto – Valeria Bruni-Tedeschi